Klassik:Bachs Luther-Kantaten

Lucas Cranach Lutherbildnis Coburg

Zum Luther-Jahr 2017 gibt es jetzt "Bachs Luther-Kantaten" in einer 4-CD-Box.

(Foto: Kunstsammlungen der Veste Coburg)

Johann Sebastian Bach hat rund 200 Kirchenkantaten geschrieben. Zum Lutherjahr hat der Dirigent Christoph Spering die 13 Kantaten eingespielt, die Luther-Texte verwenden. Passt gut in die Adventszeit, die Kantaten beginnen und enden dort.

Von Reinhard J. Brembeck

Von Johann Sebastian Bach sind 200 Kirchenkantaten erhalten, die zwar Insidern zufolge (fast) durchwegs Meisterwerke sein sollen, den Outsider aber vor ein großes Problem stellen: Mit welcher beginnen? Die gängigen Gesamtaufnahmen von Ton Koopman, John Eliot Gardiner, Masaaki Suzuki, Gustav Harnoncourt / Gustav Leonhardt oder Pieter Jan Leusink lassen den Ratlosen in dieser Frage umso ratloser zurück. Wer hat schon Zeit und Nerven, sich durch 60 CDs hindurchzuhören und so auf seine persönlichen Favoriten zu stoßen?

Doch Gott sei Dank zieht gerade das Luther-Jahr 2017 herauf, das den Anschlag der berüchtigten Thesen 1517 durch den Reformator und späteren Religionsspalter feiert. Martin Luther, unser Bild hat Lucas Cranach der Ältere gemalt, ist der Erfinder des heutigen Schriftdeutsch. Er hat die Bibel übersetzt, Theologisches verfasst sowie Choraltexte. Die bereiten seine Überzeugungen griffig, deftig, anschaulich fürs Volk auf. "Ein feste Burg ist unser Gott", "Aus tiefer Not schrei ich zu Dir" oder "Nun komm, der Heiden Heiland" sind Titel, die einst jeder deutsche Protestant im Schlaf auswendig singen konnte. Diesen Schlagern konnte sich natürlich auch Johann Sebastian Bach nicht entziehen, der größte Komponist des Protestantismus und überhaupt. Kaum nach Leipzig als Musikchef verpflichtet, schrieb er fast wöchentlich für den Sonntagsgottesdienst eine Kantate, studierte sie ein und führte sie auf. Die Stücke ähneln in der Mischung aus Chören, Rezitativen, Arien, Duetten und Chorälen Bachs Passionen, sind aber mit 15 bis 25 Minuten Dauer viel kürzer. Dreizehn dieser Stücke, viele davon in Bachs zweitem Leipzig-Jahr 1724 entstanden, verwenden Luther-Texte; Der Dirigent Christoph Spering hat sie in der 4-CD-Box "Bachs Luther-Kantaten" (deutsche harmonia mundi) versammelt. Spering hangelt sich bei seinen Einspielungen am Kirchenjahr entlang, beginnt und endet also im Advent. Dieser kleine Überblick zeigt, wie phantasiereich Bach allen Formeln und Wiederholungen aus dem Weg geht. Spering hält sich (wie Harnoncourt) stärker zurück als der überexpressive Gardiner und wirbt durch dieses unaufdringliche Understatement umso eindringlicher für diese Stücke.

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