Klassik:Alles klar

Das Chicago Symphony Orchestra auf CD unter Leitung zweier Dirigenten, die für Klangzauber und Klarheit stehen: Seiji Ozawa und Jean Martinon, der unter anderem mit dem Solisten Benny Goodman aufwartet.

Von Helmut Mauró

Zwei neue CD-Editionen sind dem ehrwürdigen Chicago Symphony Orchestra gewidmet. 1891 wurde es von Theodore Thomas gegründet, es folgten Pult-Legenden wie Toscanini, Rodzinski, Kubelik, Solti, Barenboim, Muti, Haitink, Reiner und dessen oft unterschätzter Nachfolger Jean Martinon (1963-1969). Diesem Dirigenten ist eine der beiden Editionen gewidmet (RCA/Sony), die zweite gebührt Seiji Ozawa (Warner), der damals Chef in Boston war und Musikdirektor des Ravinia-Festivals (1964-1969), Sommersitz des Chicago Symphony. Ein Vergleich drängt sich auf, auch wenn es keine Überschneidungen im Repertoire-gibt.

Ozawa erweist sich als der geschmeidigere, zurückhaltendere Dirigent, der allein die Musik sprechen lassen will. Dabei geraten ihm selbst Alexander Borodins aufstampfende "Polowetzer Tänze" beinahe zum Salonstück. Die substanzielle musikalische Kraft wirkt hier gleichsam durch einen vornehmen Schleier buddhistischer Abgeklärtheit. Jean Martinon dagegen kommt aus einer völlig anderen Welt, einer verschwundenen Zeit des unbedingten Glaubens an die Partitur, die es möglichst seriös, ohne emotionale Ausrutscher und technisch perfekt zu erfüllen galt, um dem Werk gerecht zu werden. Auch Benny Goodman fügt sich als Solist in Anton Webers Klarinettenkonzert diesem Zeitgeist, und natürlich auch das Orchester, das ohnehin immer ein Ausbund an Disziplin war. Was nicht die schlechteste Basis für die gewünschte Klarheit des Orchesterklanges ist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: