Klangexperimente:Teenies und Taktwechsel

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Das Jugendensemble "Jumble" spielt Neue Musik und beschreitet damit in Bayern ungewohnte Wege

Von Michael Stallknecht

Können Teenager mit dem Begriff Neue Musik etwas anfangen, Neue Musik mit großen N? Meistens wohl eher nicht. Neu, das meint in dieser Altersgruppe in der Regel das jüngste Album von Justin Bieber oder Miley Cyrus. Das heißt nicht, dass nicht auch unter den Youngsters eine stabile Minderheit klassikaffin wäre. Nur bedeutet dann Klassik meistens schon genauso wie bei den Älteren eher Bach und Beethoven und nicht Stockhausen oder Lachenmann.

"Jumble" nennt sich ein Jugendensemble für Neue Musik, das diese Lücke für Bayern schließen helfen will. Ähnliche Initiativen sind in den vergangenen Jahren bereits in anderen Bundesländern entstanden. Seit diesem Sommer treffen sich die jüngsten unter den Nachwuchsmusikern nun auch in München, um Werke aufzuführen, die in der Regel noch jünger sind als sie selbst. Wie an diesem Sonntag im Einstein, wo unter anderem ein Stück des 1988 geborenen Max Wutzler auf dem Programm steht. "Felder mit zugewiesenen Objekten" ist ein rein grafisches notiertes Werk, bei dem die jungen Musiker also viel improvisieren müssen.

"Sie gehen unbelasteter ran als ältere Musiker", sagt Johannes X. Schachtner, der das Ensemble gemeinsam mit Alexander Strauch unter der Trägerschaft des Münchner Tonkünstlerverbands gegründet hat. Beide sind Komponisten und kennen deshalb manche unfruchtbare Debatte um zeitgenössische klassische Musik. Erfahrenere Instrumentalisten störe es zum Beispiel oft, erzählt Schachtner, wenn moderne Partituren ständig die Taktarten wechselten. Die Jungen nähmen das einfach hin, weil ihr musikalisches Bewusstsein noch gar nicht so stark vorgeprägt sei. Auch ungewohnte Spieltechniken probierten sie einfach völlig unvoreingenommen aus. Aus dem gleichen Grund neigten sie aber auch nicht dazu, die Neue Musik auf einen elitären Sockel zu stellen, was Schachtner manchmal wiederum an der eigenen Szene stört.

Jumble will keine Konkurrenz zu klassischen Formationen wie dem Bayerischen Landesjugendorchester sein, sondern eine Ergänzung und Erweiterung des Bildes von klassischer Musik ermöglichen, das junge Menschen mit in ihr Leben nehmen. Auch deshalb arbeitet man nicht in einer festen Formation, sondern projektbezogen. Interessierte Jugendliche können sich also jederzeit über die Homepage an die Macher wenden. "Wir sind kein Eliteensemble", sagt Schachtner. "Uns geht es um die Leute, die Interesse an Neuer Musik haben und da etwas ausprobieren wollen." Also um Musiker zwischen 14 und etwa 23 Jahren, die ihr Instrument nicht im Hauptstudium an einer Musikhochschule studieren. Für das nächste Jahr geplant ist ein Konzert mit der Vokalartistin Salome Kammer, außerdem soll es mindestens eine Uraufführung pro Jahr geben. Vielleicht, hofft Schachtner, entsteht ja auf diese Weise sogar bald so etwas wie ein eigenes zeitgenössisches Repertoire für jugendliche Musiker.

Jumble, Sonntag, 25. Oktober, 18 Uhr, Einstein Kultur, Samstag, 31. Oktober, 19 Uhr, Benefizkonzert für den Verein Sternstunden, Allerheiligen Hofkirche, www.jumble-bayern.de

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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