Klage in Washington:Auge um Auge, Ton um Ton <p></p>

Es soll ihnen wieder mal an der Kragen gehen: Die Musiktauschbörsen müssen sich neuerlicher Anfeindungen durch die Film- und Musikindustrie erwehren. Doch diesmal geht es wirklich ums Ganze - vor dem US-Supreme Court.

Bernd Graff

Die Vertreter der Film- und Musikindustrie wollen es wieder mal wissen.

Klage in Washington: Mit drastischen Maßnahmen gegen die Raubkopien wollte die Industrie bislang Zeichen setzen,. Nun sollen die Wurzeln des Übels, die Tauschbörsen, ganz ausgehoben werden.

Mit drastischen Maßnahmen gegen die Raubkopien wollte die Industrie bislang Zeichen setzen,. Nun sollen die Wurzeln des Übels, die Tauschbörsen, ganz ausgehoben werden.

(Foto: Foto: dpa)

Sie verstehen immer noch keinen Spaß, wenn es um das illegale Herunterladen von Musik und Videoclips aus dem Internet geht. Denn das geschieht im Halbdunkel der Kriminalität immer noch in weit größerem Stil als bei den legalen Portalen.

Wobei, das sei hier dann auch gleich angemerkt, genau diese Musikindustrie sich in der Vergangenheit nicht zu sehr mit Ruhm bekleckert hat, eigene Portale mit durchschaubaren Preisen, Richtlinien und Rechten für ihre dort feil gebotenen Produkte zu schaffen.

So wird heute eine weitere der bekannten Klage-Runden in Sachen Illegal-Kopie gedreht, wenn auch spektakulär und vor dem Obersten Gerichtshof in Washington.

Das Hollywoodstudio MGM will dem unseligen Treiben der kostenlosen Internet-Digitalgutbörsen Grokster und StreamCast ein Ende bereiten.

Unterstützung erhält das Filmstudio von mehr als zwei Dutzend Firmen der US-Musik- und Filmindustrie, die alle angetreten sind, die Kostenlos-Konkurrenz dann aber gleich ganz und für alle Zeiten zu schließen.

Man wirft den P2P-Diensten wie immer Verletzung der Urheber- und Kopierschutzrechte vor. Und die kontern ebenfalls wie immer damit, dass nicht sie selber rauben, sondern ihre Nutzer. Wenn überhaupt.

Was irgendwie stimmt, wenngleich die Nutzer natürlich nie auf Beutezug gehen könnten, wenn nicht die Börsen diese unseligen Kontakte vermitteln würden, usw ....

Wobei der bekannte, mitunter auch schon langweilende Diskurs in den Staaten zwar nach ähnlichem Muster, aber stets mit noch etwas härteren Bandagen geführt als hierzulande wird.

So hat der Musikverband RIAA bereits 7700 Klagen wegen Copyrightverletzungen geführt - mit unterschiedlichem, teils kulantem Ausgang. Denn dabei geht es weniger um die Wiedergutmachung des angerichteten Schadens, als vielmehr um das Signal: Wir greifen hart durch.

Darum wird das ewige Diebstahl-Argument der Industrie begleitet von solch einem Klage-Tsunami, der unter anderem auch schon Teenager und Greise vor den Kadi gespült hat, die nicht einmal begriffen, was man ihnen zur Last legte.

Dagegen wehren sich auch jetzt etwa die Verbraucherschützer.

Außerdem fragt man sich nicht nur in den USA, und wohl auch zu Recht, warum der Industrie außer drastischen Ahndungs-Maßnahmen und spektakulärem Gewinsel vor den Großgerichtshöfen in den vergangenen Jahren so erbärmlich wenig eingefallen ist, um sich kreativ aus der teils selbstverschuldeten Misere zu befreien.

Warum müssen CDs etwa immer noch so teuer sein, wenn man dafür nicht selten Bröselware erhält, die nicht einmal das erste Öffnen der Hülle übersteht? Warum ist das Rechtemanagement in den offiziellen Downloadstores immer noch so unübersichtlich, dass niemand wirklich genau weiß, welchen Song man wie lange auf welchem Abspielgerät nutzen kann, wie oft man ihn kopieren darf und ob er überhaupt in Privatkopie überall gesichert werden kann. Denn das variiert in denselben Stores mitunter von Künstler zu Künstler.

Obwohl man sich für das Vorgehen der Industrie insgesamt kaum erwärmen möchte, kann man ihren Kummer dennoch auch verstehen.

Denn obwohl man den Schätzungen der mutmaßlichen Experten immer misstrauen sollte, ist doch anzunehmen, dass durch das illegale Kopieren der Musikpiraten weltweit Milliarden Dollar eben nicht von der Industrie verdient werden. Wobei - auch das ist klar - nicht jeder schwarz kopierte Song dann auch gekauft worden wäre, wenn man nicht die Möglichkeit zum Illegal-Load gehabt hätte.

15 Prozent des regulären Marktes seien weggebrochen, jammert die Industrie derweil im Hintergrund.

Obwohl doch gerade der Erfolg von Apples iPod mit dem angeschlossenen Store iTunes belegt, dass Kaufen hipp sein kann und Spaß macht - wenn denn die Auswahl und der preis und die ausgehandelten Rechte am klingenden Erwerb stimmen.

Dennoch boomen die Gratis-Tauschbörsen wie Grokster, KaZaa und Morpheus unter den tränenden Augen der Industrie.

Unter anderem bringen sie eben das recht weiche Argument vor, sie seien lediglich Software-Verschenker, die mit dem Digitalgeschiebe, das jene Software ermöglich, aber auch rein gar nichts zu tun hätten.

Ist Blödsinn - und jeder weiß das.

Frage nur: Weiß das auch der Supreme Court in Washington?

Die Story wird auf jeden Fall weiter gehen.

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