Kinostarts der Woche:Welche Filme sich lohnen und welche nicht

"Kingsman: The Golden Circle" steht seinem Vorgänger in Nichts nach. Und der neueste Lego-Film ist ein lustiges Abenteuer für Kinder - mehr aber auch nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Quelle: Jake Giles Netter

Eigentlich hat sich Regisseur Destin Daniel Cretton mit Jeannette Walls Autobiografie einen hochemotionalen Stoff vorgenommen: Die Geschichte einer halb-hippiesken, halb-verwahrlosten Aussteigerfamilie, die vor unbezahlten Rechnungen von Ort zu Ort flieht, steht unter Hochspannung zwischen Anarchie, menschlichem Versagen und der Wut über eine verkorkste Kindheit. Merkwürdig, wie wenig man davon in der eher konventionell durchkonstruierten Adaption spürt. Trotz Brie Larson und trotz Woody Harrelson, der den alkoholkranken Vater mit wunderbarer Raserei gibt.

Annett Scheffel

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Das System Milch

Das System Milch

Quelle: EIKON Media und MIRAMONTE FILM, Martin Rattini_Tiberius Film

Andreas Pichler zeigt den großen Kreislauf des Verderbens, den die europäische Milchindustrie erzeugt. Über Massenhaltung, Hochleistungszucht, Wegwerfkälber, Gülleproblem, Abhängigkeit von EU-Zuschüssen geht er weiter zur Profitgier beim Export: Arla und Danone schnappen sich China, Milchpulver-Importe ruinieren Westafrikas Kuhbauern. Die Dokumentation ist vollgepackt mit Information, gut strukturiert, nüchtern erzählt und genau deshalb erschreckend.

Doris Kuhn

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Schule, Schule - die Zeit nach Berg Fidel

Schule, Schule

Quelle: augenschein Filmproduktion GmbH

Wie ergeht es Kindern, die nach vier Jahren aus der Geborgenheit der integrativen Projektgrundschule Berg Fidel in Münster in verschiedene klassische und experimentellere Schulformen geschickt werden? Hella Wenders hat für ihren stillen, rührenden Dokfilm vier Kinder nach sechs Jahren an ihren neuen Schulen wieder getroffen. Sie erzählen von Außenseitertum, Richtungslosigkeit und erster Liebe. Von Wachstumsschmerzen, die keine Schule verhindern kann, aber auch von Formen der Solidarität und Zuwendung, die in den alternativen Nischen des Bildungssystems besser gedeihen.

Kathleen Hildebrand

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Norman

Norman

Quelle: Sony Pictures Releasing GmbH

Mit grauer Schiebermütze und beigem Wollmantel streift Norman Oppenheimer (Richard Gere), CEO, Gründer und einziger Mitarbeiter von Oppenheimer Consulting, durch New York. Unter Unternehmensberatung versteht er, sich bei möglichst vielen Leuten anzubiedern. Als er dem zukünftigen Premierminister von Israel ein Paar sehr teurer Schuhe schenkt, gerät dieses Geschäftsmodell aber an seine Grenzen und löst sogar fast eine internationale Krise aus. Joseph Cedars Tragikkomödie ist eine interessante Charakterstudie, zuweilen aber so altbacken wie Normans Outfit.

Nicolas Freund

5 / 13

The Lego Ninjago Movie

The lego ninjago movie

Quelle: WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC.

Die Idee, mit Lego-Männchen aufwendiges Abenteuer-Kino zu machen, stets ironisch gebrochen an der zusammenstöpselbaren Plastikwelt, hat sich im dritten Teil der Reihe etwas erschöpft. Eine echte erzählerische Meta-Ebene fehlt bei Charlie Bean, Paul Fisher und Bob Logan. Zurück bleibt also ein Kinderfilm, wenn auch ein lustiger, der sich gelegentlich selbst veräppelt. Dieses Mal geht es um ein Martial Arts-Szenario, damit auch in Fernost die Kassen klingeln.

Philipp Bovermann

6 / 13

Leanders letzte Reise

Leanders letzte Reise

Quelle: TOBIS Film GmbH

Er werde sie niemals lieben, sagt ein Mann zu einer Frau. "Wenn du damit leben kannst, können wir heiraten." Jürgen Prochnow spielt einen 92-jährigen ehemaligen Wehrmachtsoffizier, der jahrzehntelang in einer Zweckehe lebte, aber immer noch von seinem Kriegsmädchen aus der Ukraine träumt. Als er sich endlich zu ihr aufmacht, kommt er in einem von Krieg und Unruhen geplagten Land an. Nick Baker-Monteys vermischt Gegenwart und Vergangenheit, verliert aber auf dem Weg den erzählerischen Faden.

Josef Grübl

7 / 13

Körper und Seele

Film Körper und Seele

Quelle: Alamode Film

Zwei Menschen träumen Nacht für Nacht denselben Traum - kein Wunder eigentlich, wenn sie sich auch tagsüber füreinander interessieren. Die ungarische Regisseurin Ildikó Enyedi erzählt eine wunderbar zarte Liebesgeschichte, die - ausgerechnet - in einem Schlachthof spielt. Aber es ist eben das scheinbar Unvereinbare, das in ihrem Film unbedingt zusammengehört: Körper und Seele, Mann und Frau, das Helle und das Dunkle und auch Menschen und Tiere. Dabei verbindet sie meisterlich auch Naturalismus und Poesie (siehe Feuilleton vom Mittwoch).

Martina Knoben

8 / 13

Kingsman: The Golden Circle

-

Quelle: AP

Wer kann einen toten Spion zum Leben erwecken? Was macht Elton John im kambodschanischen Dschungel? Und wie schnell kriegt man ein Impeachment-Verfahren gegen den US-Präsidenten durch? Um solche Fragen kreist Matthew Vaughns Sequel seines Überraschungshits "Kingsman: The Secret Service", in dem viel kaputt gemacht und noch mehr wiederaufgebaut wird. Eine ebenso rabiate wie amüsante Agentenkomödie mit den britischen Stars aus dem ersten Teil (Colin Firth, Taron Egerton, Mark Strong) sowie vielen Neuzugängen aus Hollywood (Julianne Moore, Channing Tatum, Jeff Bridges).

Josef Grübl

9 / 13

Hereinspaziert!

Kinostart - 'Hereinspaziert'

Quelle: dpa

Ein Subgenre, das man die "Heiße Eisen"-Komödie nennen könnte, wächst sich in Frankreich langsam zum Industriezweig aus. Hauptproduzent ist der Regisseur Philippe de Chauveron, der auch schon die Themen Rassismus gegen Mischehen und Abschiebung nach Afghanistan zu komödiantischen Millionenerfolgen verarbeitet hat. Diesmal lässt er Eitelkeit und Scheinheiligkeit französischer Linksintellektueller auf jedes denkbare Vorurteil über die Roma prallen. Darüber kann man leicht die Nase rümpfen, aber: Während die Scharfmacher da draußen den geistigen Bürgerkrieg herbeifantasieren, gehen alle anderen einfach mal ablachen.

Tobias Kniebe

10 / 13

The Book of Henry

Book of Henry

Quelle: Alison Cohen Rosa / Focus Featur; Universal

Spoiler: Falls sich irgendwer gefragt haben sollte, warum nicht öfter Regisseure ihre Hauptcharaktere nach der Hälfte des Filmes sterben lassen - Überraschungseffekt und so - Colin Trevorrows "Book of Henry" bietet die Antwort: Weil es den Spannungsbogen zerstört und einfach niemand Lust hat, einen Film zu sehen, in dem (die elfjährige, hochbegabte) Identifikationsfigur plötzlich tot ist und deren Mutter alles richten muss. Immerhin trägt der Junge keine Brille, man wollte offenbar verhindern, dass Kinder traumatisiert werden, weil sie glauben, Harry Potter sterbe an einem Gehirntumor.

Juliane Liebert

11 / 13

Blind & Hässlich

Blind & Hässlich

Quelle: daredo media GmbH

Warum klappt das nicht mit den sensiblen jungen Männern der Gegenwart und den Frauen? Tom Lass hat keine letztgültigen Antworten parat, aber er hat eine Idee: Jona stellt sich blind, dadurch fühlt sich Ferdi ausnahmsweise mal nicht hässlich. Was sich zwischen ihnen entwickelt, ist ein gemütlicher Mumblecore-Klamauk, der auf erfrischende Art so wirkt, als hätte keiner der Beteiligten sich dafür einen Arm ausreißen müssen.

Philipp Bovermann

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Banana Pancakes and The Lonely Planet

banana pancakes

Quelle: Kairos Filmverleih

Daan Veldhuizen porträtiert in seiner luziden Doku ein malerisches Dorf in Laos - und wie es nach und nach von asienreisenden Backpackern erschlossen wird. Dabei spielt er mit dem Exotismus, ohne ihm zu verfallen, und zeigt die ironische Geschichte eines Paradieses, das nur die Fremden hier suchen: Die Einheimischen sehen im Tourismus nur eine Geldquelle - und im Film eine gute Werbung für ihr Dorf.

Philipp Stadelmaier

13 / 13

Amelie rennt

Amelie rennt

Quelle: Martin Rattini; Martin Rattini

Beladen mit der doppelten Bürde von Pubertät und Asthma absolviert die 13-jährige Amelie (Mia Kasalo) einen Parcours banaler Jugendabenteuerklischees. Regisseur Tobias Wiemannwill ihre Alles-Scheiße-Attitüde zur herzigen Teenierebellion stilisieren, doch am Ende erscheint das Girrrl mit dem Asthmaspray als launische Tussi, die ihre vor allem Krankheit benutzt, um alle anderen - die Eltern in Berlin, das Personal der Südtiroler Heilanstalt - zu tyrannisieren.

Rainer Gansera

© SZ.de
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