Kinoflops und Ausblick:Der amerikanische Patient

Der Tod macht Jagd auf kreischende Teenager, ein Magier zaubert sich durch die Pubertät, und für fehlende Kreativität gibt es ja große Stars: Hollywood stolperte durch ein ideenloses Jahr - und macht wieder dieselben Fehler. Ein Rück- und Ausblick

Jassien Kelm

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Mia Wasikowska

Quelle: AP

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2010 gingen die Besucherzahlen in den US-Kinos zurück. Auch, weil Hollywood Jahr für Jahr die immergleichen Ideen hat - und vom Filmjahr 2011 sollte man auch nicht viel Neues erwarten. Ein Rück- und Ausblick.

Für die nordamerikanischen Kinos war das Jahr 2010 nun wirklich kein erfolgreiches. Als gerade die endgültigen Box-Office-Zahlen veröffentlicht wurden, war klar: Zwar konnten sie mit 10,6 Milliarden Dollar ungefähr den gleichen Jahresumsatz wie 2009 verdienen - die Besucherzahlen gingen jedoch um satte 5,4 Prozent zurück. Die Verluste wurden nur durch die höheren Eintrittspreise für 3-D-Filme wie Alice in Wonderland aufgefangen. Was ist da nur falschgelaufen?

Text und Bildauswahl: Jassien Kelm/sueddeutsche.de/kar/bgr

Kinostarts - 'Knight and Day'

Quelle: dpa

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Sieht man sich an, welche Produktionen im vergangenen Jahr hinter den Erwartungen zurückblieben, kommt man schnell zu einer Diagnose: Hollywood setzt bei einem Großteil seiner Produktionen auf die immergleichen Konzepte - und scheitert damit oft genug. Auch 2011 steuert die Traumfabrik in die selben alten Stolperfallen, die schon 2010 nicht recht funktionieren wollten. Ein Rückblick.

Fehlkonzept: Die Stars werden's schon richten

Jedes Jahr gibt es Produzenten, die glauben, eine Anhäufung von populären Darstellern reiche aus, um einen kommerziellen Erfolg zu erzielen. Und jedes Jahr gibt es Filme, die zeigen, dass das falsch ist. So auch 2010: Wer das üppige Salär der Großverdiener Tom Cruise und Cameron Diaz stemmt und ein Budget von 117 Millionen Dollar ausschöpft, dessen Ziel kann nichts anderes als der Blockbuster des Jahres sein.

Für Knight and Day, so der Titel der Action-Komödie, war mit James Mangold zudem ein würdiger Regisseur für die Umsetzung verantwortlich, der mit Werken wie Todeszug nach Yuma oder Walk the Line exzellente Referenzen vorweisen kann.

An sich eine vielversprechende Kombination. Auf der Leinwand strotzte es dann nur so vor Spezialeffekten, Explosionen und wilden Verfolgungsjagden. Vor lauter Spektakel vergaß man glatt, eine Geschichte zu erzählen. Die bloße Aneinanderreihung von Actionszenen spielte in den USA enttäuschende 76 Millionen Dollar ein.

Allzu leicht ist auch ...

Themendienst Kino: The Tourist

Quelle: dapd

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... das Prinzip zu durchschauen, nach dem die Produzenten von The Tourist vorgingen: Man besetze die berühmtesten Stars Hollywoods (Angelina Jolie und Johnny Depp) für die Hauptrollen eines Thrillers, vertraue einem aufstrebenden Oscar-Gewinner (Florian Henckel von Donnersmarck) die Regie an, und budgetiere das Ganze mit 100 Millionen Dollar. In den Augen eines Produzenten liest sich diese Kombination wie ein Rezept mit Garantie auf einen unschlagbar erfolgreichen Blockbuster. Die verheerenden Kritiken sprechen eine andere Sprache, ebenso das Einspielergebnis: 56 Millionen Dollar brachte der Thriller an den US-Kinokassen ein.

a-team

Quelle: ASSOCIATED PRESS

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Fehlkonzept: Kultserie verfilmen

Ebenfalls kein Patentrezept für Erfolg stellt die Verfilmung einer erfolgreichen TV-Serie dar. Dennoch muss die Idee einer Serienadaption auf Produzenten ausgesprochen verführerisch wirken - schließlich existiert bereits eine breite Fanbasis. Dabei sind es oft gerade die eingefleischten Fans, die sich von der Umsetzung "ihrer Serie" enttäuscht zeigen.

Deutlich hinter den Erwartungen der Fans blieb 2010 die Leinwandadaption der Achtziger-Jahre-Kultserie Das A-Team zurück. Die Action-Komödie traf den selbstironischen Geist des Originals nicht, verlor sich in endlosen Action-Sequenzen. Zwar waren diese - bei einem Budget von 110 Millionen Dollar kann man das erwarten - recht spektakulär, das Einspielergebnis von 77 Millionen Dollar war es dagegen nicht.

Kim Cattrall, Sarah Jessica Parker, Kristin Davis, Cynthia Nixon

Quelle: AP

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Fehl-Konzept: Fortsetzung

Es war im Sommer, so Mitte Juni, als sich abzeichnete, dass allein der Name Sex and the City noch keinen Erfolg garantiert: Der auf der gleichnamigen HBO-Serie beruhende erste Teil war 2008 ein Welthit. 2010 ergänzte man den Titel einfach um eine 2 - in der Annahme, ein weiterer abendfüllender Kostümwechsel-Wettbewerb der vier schönen New Yorkerinnen sei ein Selbstläufer. In den USA spielte die seichte Komödie nicht einmal die Produktionskosten von 100 Millionen Dollar ein.

Womit wir bei Hollywoods erklärtem Lieblingskonzept angelangt wären: Der seit Jahren anhaltende Trend - weg von neuen Ideen, hin zu Fortsetzungen von Filmen, die sich als Marke etabliert haben - wird in den USA abschätzig Sequelitis genannt. Besonders deutlich wird das leider in diesem Jahr - 2011 ist nichts anderes als eine einzige, gigantische Fortsetzung. Die Scheu der US-Produzenten, in originelle Konzepte zu investieren und stattdessen an Altbewährtem festzuhalten, lässt Hollywood in zunehmendem Maße konservativ erscheinen.

Dabei ist in der Regel ein Muster zu erkennen: Die Idee des Vorgängerfilms wird in der Fortsetzung (dem sogenannten Sequel) minimal bis überhaupt nicht variiert, die Handlung in ein neues Szenario oder einen exotischen Schauplatz verlegt. Weiteres Merkmal sind Effekthaschereien wie Gastauftritte prominenter Persönlichkeiten. Ein Ausblick.

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Quelle: AFP

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Mai 2011 - The Hangover 2

Idee: Sich im Urlaub betrinken

Hangover war 2009 der Überraschungshit des Jahres. Mit 35 Millionen Dollar budgetiert, spielte der Film in den USA 277 Millonen ein (weltweit 467 Millionen). Die simple Idee der Komödie: Drei Männer wachen nach einer durchzechten Nacht in Las Vegas verkatert und ohne Erinnerung auf und versuchen, die Sünden des Vorabends auszubügeln.

In Mai läuft die Fortsetzung an, Hangover 2. Die simple Idee der Komödie: Drei Männer wachen nach einer durchzechten Nacht in Bangkok verkatert und ohne Erinnerungsvermögen auf und versuchen, die Sünden des Vorabends auszubügeln. In einem Gastauftritt soll der ehemalige US-Präsident Bill Clinton zu sehen sein.

Mel Gibson sollte in der Fortsetzung der Suffkomödie eine Gastrolle als Tätowierer erhalten. Nachdem die Filmcrew gegen das Vorhaben aufbegehrte, entschieden sich die Produzenten dagegen und ersetzten den Darsteller durch Liam Neeson.

Jahresrückblick - Kino 2011

Quelle: dpa

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Dezember 2011 - Mission: Impossible 4

Idee: An Seilen hangelnd die Welt retten

Tom Cruise wird 2011 in Mission: Impossible sein Leinwand-Comeback als Ethan Hunt geben. Der weitere Ableger der erfolgreichen Franchise mit dem Untertitel Ghost Protocol wurde unter anderem in Prag und Dubai gedreht. In dem Wüstenemirat drehte Cruise eine Szene, in der er sich am Dach des 828 Meter hohen Burj Khalifa entlanghangelt.

Interessanterweise wurde für die Umsetzung des Drehbuchs Brad Bird engagiert. Das ist deshalb erwähnenswert, weil der Regisseur bisher vornehmlich Animations- beziehungsweise Kinderfilme drehte (Die Unglaublichen, Ratatouille, Der Gigant aus dem All). Das Action-Genre ist für Bird Neuland, bei seinem Debüt darf er direkt über ein Budget von geschätzten 140 Millionen Dollar verfügen.

fluch der karibik 4

Quelle: ASSOCIATED PRESS

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Mai 2011 - Fluch der Karibik 4

Idee: Extrovertierter Pirat segelt sprücheklopfend durch die Karibik

Nach ein paar Jahren Pause schickt Disney im Sommer sein Flaggschiff in die Kinos: Johnny Depp alias Captain Jack Sparrow macht ab Mai wieder Piraten-Klamauk. Dabei könnte der vierte Teil von Fluch der Karibik einen Bruch markieren. Disney-Produzentin Oren Aviv ließ verlauten, Fremde Gezeiten solle einen Neuanfang der Reihe darstellen, nachdem die Vorgänger "immer größer und sehr kompliziert" geworden seien. In der Tat reichen die drögen Fortsetzungen (2006/2007) nicht an den ordentlichen ersten Teil (2003) heran, der Esprit des Originals ist Beliebigkeit und Ulk gewichen. Das Budget wird daher - im Vergleich zum dritten Teil - um ein Drittel gekürzt und beträgt "nur" 200 Mio.

Viel Raum gibt die Geschichte Depps Charakter, so soll erstmals die Vergangenheit seiner Figur beleuchtet werden. Nicht mehr an Bord sind Keira Knightley und Orlando Bloom, deren Schauspielkarriere eng mit der Reihe verknüpft ist. Stattdessen wurde in Penélope Cruz ein weiblicher Sidekick für Johnny Depp engagiert.

Trotz des geringeren Budgets wird die Messlatte für die Jerry-Bruckheimer-Produktion in der Höhe des Einspielergebnises beider Vorgänger liegen, die weltweit je eine Milliarde Dollar generierten.

underworld

Quelle: AP

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Ende 2011 - Underworld 4

Idee: Blutrünstiges Vampir-gegen-Werwolf-Märchen

Bei Hollywoods manischem Drang zu Fortsetzungen (mit ausgeprägter Neigung zu vierten Teilen) kommen auch Underworld-Fans auf ihre Kosten. Kate Beckinsale sagte abermals für die Rolle der attraktiven Vampirin Selene zu, ansonsten sind weder zur Besetzung noch zur Handlung des Fantasy-Märchens zuverlässige Informationen an die Öffentlichkeit gedrungen.

Durch ein ähnliches ...

Kristen Stewart, James Pattinson

Quelle: AP

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November 2011 - Twilight 4

Idee: Jugendfreies Vampir-gegen-Werwolf-Märchen

... teenagergerecht aufbereitetes Szenario turteln Kristen Stewart und Robert Pattinson (Bild) als Bella und Edward im nächsten Ableger der Twilight-Reihe. Bei Breaking Dawn handelt es sich um die Kinoadaption von Stephenie Meyers gleichnamigem Roman. Jedoch entschied Summit Entertainment, die Handlung des abschließenden Romans auf zwei Teile zu strecken, 2012 folgt daher eine weitere Teenie-Romanze.

fast and the furios

Quelle: ASSOCIATED PRESS

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April 2011 - The Fast and the Furious 5

Idee: Wortkarger Muskelmann fährt Auto

Kurzatmige Action mit aufwendigen Stunts bietet der fünfte Teil von The Fast and the Furious. Vielleicht gelingt es Vin Diesel alias Dominic Toretto sogar, seine gefühlten zwei Dialogzeilen aus Teil vier noch zu unterbieten. Andererseits gehen Fans der Reihe wohl kaum wegen funkensprühender Konversation oder einem ausgeklügelten Plot ins Kino. Die Bleifuß-Action soll eben halten, was der Name verspricht.

Thriller 'Final Destination' mit Ali Larter

Quelle: picture-alliance / dpa

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August 2011 - Final Destination 5

Idee: Gevatter Tod macht Jagd auf kreischende Teenager

Nach zweijähriger Schaffenspause mischt auch der Tod wieder die Leinwand auf. Zum nunmehr fünften Mal macht er Jagd auf Teenager (auffällig seine Schwäche für vollbusige Mädchen).

Regisseur Steven Quale war noch nie für einen Kinofilm eigenverantwortlich, als sogenannter Second Unit Director jedoch maßgeblich an den James-Cameron-Hits Titanic und Avatar beteiligt. Das genügte als Referenz, um Quale die Hoheit über die 50-Millionen-Dollar-Produktion zu übertragen.

Schon desillusioniert? Das war's noch lange nicht. In diesem Jahr warten zahlreiche weitere Major-Produktionen mit Fortsetzungen auf:

April - Scream 4 - Serienkiller mit Faible für Masken meuchelt kreischende Teenager

Juni - Kung Fu Panda 2 - Pandabär mit Kung-Fu-Begabung kämpft gegen andere Tiere (die ebenfalls Kung-Fu können)

Juni - Transformers 3 - Sprechende Alien-Roboter-Autos führen Krieg

Juli - Cars 2 - Sprechende Autos fahren Rennen

Juli - Harry Potter 7, Teil 2 - Melancholischer Nachwuchsmagier zaubert sich durch die Pubertät

Dezember - Happy Feet 2 - Steppender Kaiserpinguin tanzt durch die Antarktis

Wir wünschen dennoch viel Spaß und hoffen auf ein fortsetzungsarmes Kinojahr 2012.

© sueddeutsche.de/kar
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