Kinofestival:Was würde Heinz tun?

Kinofestival: Ein Mann, ein Festival: Heinz Badewitz leitete die Filmtage in seiner Geburtsstadt von 1967 bis zu seinem Tod im März 2016.

Ein Mann, ein Festival: Heinz Badewitz leitete die Filmtage in seiner Geburtsstadt von 1967 bis zu seinem Tod im März 2016.

(Foto: Hofer Filmtage)

Die Hofer Filmtage finden erstmals ohne ihren Gründer Badewitz statt. Die neuen Kuratoren haben sich der Aufgabe gestellt, die Tradition in seinem Sinne fortzuführen

Von Bernhard Blöchl

Von einem schweren Erbe würde ich nicht sprechen", sagt Alfred Holighaus. Die Aussage mag überraschen, waren die Hofer Filmtage doch beinahe 50 Jahre lang untrennbar mit einem Namen verbunden: Heinz Badewitz hatte das Festival (zusammen mit Uwe Brandner) 1967 gegründet, stand persönlich für das kernige Programm und leitete es mehrere Jahrzehnte lang bis zu seinem Tod im März dieses Jahres. "Das gibt es auf der ganzen Welt nicht noch einmal", legt sich Holighaus fest. Dennoch ist es dem Autor und Filmkaufmann, der seit 35 Jahren zum Festival nach Oberfranken fährt, gemeinsam mit zwei weiteren Kuratoren gelungen, das scheinbar Unmögliche möglich zu machen: die Hofer Filmtage fortzuführen, nachdem der große Patron gegangen ist - ausgerechnet vor der Jubiläumsausgabe, vor der großen 50. Die Last sei schon zu spüren, räumt Holighaus ein. Immerhin nennt man Hof in Filmdeutschland in einer Reihe mit Berlin und München. Davon könne man sich aber freimachen mit simplen Leitfragen, die Gedanken vom schweren Erbe verdrängten. Mit Leitfragen wie dieser: "Hätte Heinz oder hätte er nicht?"

So sind die Filmtage, die von diesem Dienstag an Regisseure, Schauspieler und Besucher gleichermaßen anziehen, vor allem eines: ein Festival ganz im Sinne des Hofer Kulturförderers, der sich mehr als 50 von seinen 74 Jahren mit der Filmkunst beschäftigte. Kurzum: Die bewährte Struktur bleibt erhalten. "Ich will ein Festival wie jedes Jahr", soll Badewitz seinem Freund Holighaus auf der jüngsten Berlinale gesagt haben, als sie über das Jubiläum sprachen. Und so sei es denn auch: Nach wie vor sind neue deutsche Filme besonders stark vertreten, und auch Kurz- und Dokumentarfilme bekommen hier eine große Aufmerksamkeit. Hof gilt seit jeher als Plattform für Autoren- und Jungfilmer. Dazu gibt es eine Auswahl an Produktionen aus aller Welt. Hätte Heinz das geändert? Nein, hätte er nicht. Hätte er sich eine Diskussionsrunde zum Thema 50 Jahre Hofer Filmtage gewünscht, wie sie am Donnerstagvormittag auf der Agenda steht, unter anderen mit Doris Dörrie, Werner Herzog und Caroline Link? Ja, das hätte er.

Das Kuratorentrio, das das Programm zusammengestellt hat, besteht aus Branchenprofis, die mit Hof eng verbunden sind. Neben Alfred Holighaus, der hauptberuflich Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft ist, sind das Linda Söffker und Thorsten Schaumann. Söffker kümmerte sich um Kurzfilme und um den Nachwuchs - als Leiterin der Berlinale-Sektion "Perspektive Deutsches Kino" ist sie darin recht erfahren. Schaumann sichtete Filme aus aller Welt, dafür qualifiziert ihn sein Job in der Programmakquisition des Senders Sky. "Die Arbeit zu dritt war keineswegs nicht schwierig", erzählt Holighaus. "Wir haben uns aufgeteilt. Im Unterschied zu Heinz kennt also nicht jeder von uns alle Festivalfilme."

Spuren von Heinz Badewitz lassen sich im Jubiläumsprogramm freilich auch noch finden. Er habe Notizen hinterlassen, erzählt Holighaus, Filme, auf die er schon gewartet habe. Gewusst habe er zum Beispiel von den neuen Werken von Chris Kraus, dessen "Die Blumen von gestern" nun als Eröffnungsfilm läuft, und von Jim Jarmusch, dessen poetische Kleinstadt-Tragikomödie "Paterson" ebenfalls in Hof Bayernpremiere hat.

Wie es weitergehen wird in Hof, das ist offen. "Wir sind angetreten unter einer klaren Voraussetzung", erklärt Alfred Holighaus. "Wir lassen uns verpflichten und fühlen uns verpflichtet, ein gutes Jubiläum hinzukriegen." Nach dem Festival sei nun eine Entscheidung vom Verein, der Stadt und dem Land zu treffen. Das künftige Profil müsse geschärft werden, fordert Holighaus. "Es muss ein neues Alleinstellungsmerkmal geben." Denn bisher sei Badewitz das Alleinstellungsmerkmal gewesen.

Ein kleines Wagnis sind die Neuen indes doch eingegangen. Sie haben etwas gemacht, das Badewitz ausdrücklich nicht wollte: eine Rückschau. In dieser kleinen Retrospektive sind Filme aus fünf Jahrzehnten zu sehen. Filme, die die Wirkungsgeschichte des langjährigen Leiters widerspiegeln sollen, wie Holighaus sagt, darunter frühe Kurzfilme von Werner Herzog ("Letzte Worte", 1968) und Wim Wenders ("Same Player Shoots Again, 1968), wegweisende Hits von Doris Dörrie ("Männer", 1985) und fulminante Spielfilmdebüts wie Tom Tykwers "Die tödliche Maria" von 1993. "Bei allem Verständnis für Heinz' Wünsche - das haben wir uns dann doch herausgenommen", sagt Holighaus und ist sich sicher: "Jetzt ist er nicht da, jetzt muss seine Arbeit gewürdigt werden."

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