Kino:Was den Menschen ausmacht

007 auf der Suche nach der Seele, Inklusion - Was geht?

Zwischen ihren Spielfilmen dreht die Regisseurin Dagmar Knöpfel immer wieder Dokumentarfilme über gesellschaftliche Themen.

(Foto: Dagmar Knöpfel)

Der Psychologe und Autor Georg Fraberger wurde ohne Arme und Beine geboren. Regisseurin Dagmar Knöpfel hat mit "007 auf der Suche nach der Seele" einen Film über und mit ihm gedreht

Von Christina Prasuhn

Sein Name ist Bond, James Bond. Umringt von schönen Frauen trinkt er seinen Martini geschüttelt, nicht gerührt, und auch die Prothese seiner rechten Hand trägt selbstverständlich die Seriennummer 007. Nicht der Hauptdarsteller Daniel Craig, sondern der österreichische Psychologe und Autor Georg Fraberger versetzt sich an diesem Tag in Sölden, am Drehort des 24. Bond-Films "Spectre", in die Rolle des Geheimagenten.

Die deutsche Regisseurin Dagmar Knöpfel, die sich in ihren Kinofilmen wie "Requiem für eine romantische Frau" und "Durch diese Nacht sehe ich keinen einzigen Stern" vor allem mit großen, literarisch-romantischen Frauenschicksalen befasste, begleitet in ihrer Dokumentation "007 auf der Suche nach der Seele" Georg Fraberger, der 1973 ohne Arme und Beine geboren wurde, heute glücklich verheiratet und Vater von vier Kindern ist und in seinem Buch "Ohne Leib, mit Seele" der Frage nachgeht, was den Menschen in seinem Wesen ausmacht. In seinem Buch zieht Fraberger selbst den Vergleich zu James Bond - wenn man sich ausschließlich auf die Seele konzentriere, gäbe es ja auch keinen Unterschied.

Auch wenn Dagmar Knöpfel vorwiegend Spielfilme dreht, dauern die einzelnen Projekte oft mehrere Jahre; dazwischen dreht sie immer wieder Dokumentarfilme über soziale, politische und gesellschaftlich wichtige Themen. "Ich mag die Abwechslung", sagt sie, "es ist ein fließender Übergang, wie man sich damit auseinandersetzen kann, und ich möchte gern mehr davon machen. Das Thema Toleranz in der Gesellschaft ist mir sehr wichtig." Von der Zusammenarbeit mit ihrem "Hauptdarsteller" Fraberger war die Regisseurin von Anfang an begeistert. "Er ist ein Sonnenschein und ein großes Vorbild", findet sie, und ergänzt: "Es ist sehr wohltuend, Zeit mit ihm zu verbringen. Er macht einem Mut."

In der vielleicht bemerkenswertesten Szene des Films trifft Georg Fraberger in seiner Praxis in Wien die Fotografin Claudia Henzler und erklärt ihr seine Theorie in Bezug auf den "kleinsten gemeinsamen Nenner" von allem, den "Kern des Menschen", den er als "Seele" bezeichnet. Weil es immer wieder Reaktionen gebe, die ihn vor allem auf seine Behinderung reduzieren wollten, obwohl sie für ihn selbst eigentlich nie ein großes Thema gewesen sei, sieht er die Kunst als einen guten Weg, um seine Identität auch unabhängig von der Behinderung und vom Körperlichen zu zeigen. Andererseits sei natürlich auch die Prothese - "eine wirklich schöne Prothese, im Unterschied zur ,Arbeiterhand', mit der man dafür alles machen kann" - irgendwie ein Teil von ihm. Als großer James-Bond-Fan habe er sich sehr gefreut, als er die Seriennummer, zufällig die 007, entdeckt habe.

Auch beim Besuch der Dreharbeiten in Sölden erzählt Fraberger, dessen "Humor und ungemeinem Charme" sich nach Ansicht der Regisseurin Dagmar Knöpfel kaum jemand entziehen könne, von seinen Gemeinsamkeiten mit James Bond: "Sowohl James Bond als auch ich sind auf ein Spezialauto angewiesen", erklärt er den überraschten Blondinen an seinem Tisch, bevor er selbstbewusst und selbstironisch zugleich hinzufügt: "Bei ihm sind es allerdings berufliche und bei mir vor allem private Gründe."

Der Film ist bereits im Sommer 2015 im ORF gelaufen und wird am 4. Dezember in der Reihe "Was geht? Kunst und Inklusion" im ABC-Kino gezeigt. In Kooperation mit dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München sind drei Monate lang von Oktober 2015 bis Februar 2016 mehr als 120 Veranstaltungen, darunter Filme, Lesungen und Ausstellungen, zum Thema "Teilhabe von Menschen mit Behinderung" zu sehen. Am 14. Januar 2016 wird ein weiterer Film von Dagmar Knöpfel gezeigt: Die Dokumentation "Aufgenommen in den Himmel" nähert sich der Frage, wie man sich angesichts der Vergänglichkeit des menschlichen Körpers das Weiterleben nach dem Tod vorstellen kann. "Auch in diesem Film geht es um das Thema Leiblichkeit - eine Parallele zu "007 auf der Suche nach der Seele". Zur Vorstellung am 4. Dezember sind neben der Regisseurin Dagmar Knöpfel auch Georg Fraberger und seine Frau anwesend, die beide extra aus Wien anreisen.

"007 auf der Suche nach der Seele", Fr., 4. Dez., 17:30 Uhr, ABC-Kino, Herzogstr. 1A, 33 23 00 , eingeschränkt barrierefrei

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