Vielleicht hatte Siegfried Kracauer Recht, als er meinte, der Regisseur Hanns Heinz Ewers habe das Glück gehabt, ein schlechter Autor zu sein, weil aus einem schlechten Buch oft ein guter Film würde. Hier ein Film des Reinhardt-Schauspielers Paul Wegener, der am Buch mitschrieb, die Titelrolle spielte und ein Star des frühen deutschen Kinos war - zwei Jahre nach dem "Student von Prag" produzierte er seinen ersten "Golem"-Film.
Aber noch sind wir vor dem Ersten Weltkrieg, 1913, vor allem aber in den Kammerspielen, 2018, in der "Flimmerkammer" im Schauspielhaus, wo das Orchester Jakobsplatz live Stummfilmklassiker begleitet. Auch wenn man darin einen weiteren Bestandteil der Strategie der Kammerspiele sehen kann, Theater zu vermeiden, so ist es doch ein fabelhafter Abend in einem Ambiente, das zur Entstehungszeit des Films passt. Ein Glücksfall hier: Der Klavierauszug der Musik von Josef Weiss ist erhalten, und so kriegt man einen ziemlich guten Eindruck davon, wie "Der Student von Prag", einer der ersten Autorenfilme überhaupt, 1913 auf die Zuschauer gewirkt haben muss. E.T.A. Hoffmann, "Faust", Poe - Vieles ist hier drin in diesem Film über die Angst vor den Tiefen der Seele. Auch wenn die äußere Handlung Liebeskolportage ist: Im Kern geht es hier um Gier und Sehnsucht, rohe Psychologie und filmisch ausgekosteten Ich-Verlust, umspült von der zitatreichen Musik, die Wegeners verlorenem Blick das muntere Treiben der Welt gegenüberstellt.
Daniel Grossmann, Leiter des Orchesters, führt auch in die Filme ein, die er in dieser verführerischen Reihe mit seinen Musikern begleitet. Die dritte Flimmerkammer zeigt am 7. März "Das neue Babylon" von 1913, wofür Schostakowitsch die Musik schrieb. Eine an Zola angelehnte Liebesgeschichte während der Pariser Kommune, die manch aufrechter Klassenkämpfer als zu melodramatisch und die Hauptdarstellerin Jelena Kusmina als "synthetisch" empfand, also irgendwie ziemlich gut.