Kino:Mission Dschungelcamp

In ihrer Tragikomödie "Back for Good" erzählt die Regisseurin Mia Spengler aus dem Leben eines C-Promis.

Von Martina Knoben

Kommt eine Blondine zurück ins Kaff ihrer Kindheit. Für Angie (Kim Riedle) ist das ein schlechter Witz. Schließlich war eigentlich ein Auftritt im "Dschungelcamp" geplant, dafür war Angie in eine Koks-Entzugsklinik gegangen. Ein Skandälchen, so der Rat ihres Managers, verkauft sich im Reality-TV gut. Nach dem Entzug erwartet Angie jedoch: nichts. Auf der Besetzungsliste des Dschungelcamps ist sie nicht vorgesehen, ihr Manager/Lover gibt ihr den Laufpass, hektisch telefoniert sie ihre Kontakte ab: "Hast du vielleicht ein Plätzchen auf der Couch für mich?" Schließlich kriecht sie zähneknirschend bei ihrer Mutter (Juliane Köhler) und ihrer pubertierenden Schwester Kiki (Leonie Wesselow) in einer spießigen Kleinstadt unter.

Angie ist die Karikatur einer Blondine. Sehr schlank, weißblonde Extensions, dicke, schwarze Augenbrauen, sehr volle Lippen. Der Rock sehr kurz, Kunstpelz, High Heels, dazu eine immer voll aufgedrehte gute Laune. Mia Spengler hat sich in ihrem Debüt - "Back for Good" ist ihr Abschlussfilm an der Filmhochschule Baden-Württemberg - von C-Promis wie Gina Lisa Lohfink und Daniela Katzenberger inspirieren lassen. Man meint alles, oder zumindest genug, über diesen Frauentypus zu wissen, wird von Spengler und ihrer tollen Hauptdarstellerin aber eines Besseren belehrt.

Back for Good

Löwenmähne, Löwenherz: Angie.

(Foto: NFP Distribution)

Allein wie Angie sich aufhübscht, ist sehenswert. Aber was heißt schon aufhübschen - das Herrichten des eigenen Körpers, die Umwandlung in eine Marke und deren Positionierung in einem umkämpften Markt ist harte Arbeit. Die kann man nur bewundern, wie es das amerikanische Kino immer wieder tut, das die Arbeit von Profis zu schätzen weiß, Moral- und Benimmfragen schon mal hintenan stellt. In diesem Respekt vor dem Handwerklichen, und als das begreift die Regisseurin Waxing, Schminken und Co., spürt man womöglich Spenglers eher internationalen Background. Die Regisseurin, Jahrgang 1986, ist Tochter einer Koreanerin und eines Deutschen, sie arbeitete unter anderem in Peking und Shanghai und absolvierte Workshops in Los Angeles.

Im deutschen Kino ist "Back for Good" mit seiner von Kim Riedle ungeheuer lebendig, sexy und stolz gespielten Heldin eine raue Abwechslung. Mia Spengler holt ihre Figur aus der Grusel- und Exotenecke und nimmt ihre Anstrengungen ernst. Vor allem in der Spiegelung durch die beiden anderen Frauen, den uncoolen Teenager Kiki und der von Juliane Köhler wunderbar verhärmt und bissig verkörperten Mutter, wird ein weiblicher Selbsthass erkennbar, der die Figuren nach Applaus im TV oder in sozialen Netzwerken gieren lässt. Spengler erzählt das erstaunlich routiniert und ökonomisch. Als Angies Mutter zusammenbricht, wird die Diagnose Schlaganfall nicht erwähnt, dennoch ist klar, dass - und warum sie - zu Hause ausfallen wird. Angie muss sich um ihre Schwester kümmern, versucht deren Image aufzupolieren und gleichzeitig ihre Karriere anzuschieben. Eine tragikomische Familienaufstellung mit großartigen Dialogen. Und Kim Riedle, die für den Deutschen Filmpreis nominiert war, ist als Alpha-Tussi einfach eine Schau.

Back for Good, D 2018 - Regie: Mia Spengler. Buch: Stefanie Schmitz. Schnitt: Linda Bosch. Mit: Kim Riedle, Leonie Wesselow, Juliane Köhler. Verleih: NFP, 90 Minuten.

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