Kino:Fantasy für Fernost

In den USA und Europa war "Warcraft" ein Flop. In China lief das vom Videospiel inspirierte Spektakel besser als "Star Wars". Warum? Die Macher haben ihr Werk von Anfang an für das chinesische Publikum produziert.

Von David Steinitz

Wie wichtig der chinesische Markt für Filme aus Hollywood geworden ist, lässt sich wohl an keinem Blockbuster so deutlich veranschaulichen wie am Fantasy-Spektakel "Warcraft". Der Film ist eine Adaption der erfolgreichen Computerspielreihe "Warcraft". Regie führte Duncan Jones, der Sohn von David Bowie. Sein Blockbuster-Debüt kostete stolze 160 Millionen Dollar und bekam in den USA und Europa miserable Kritiken. Es folgte ein mauer Start in den amerikanischen Kinos: Nur 24,5 Millionen Dollar spielte der Film dort in den ersten fünf Tagen ein - und die entscheiden in der Regel schon über Top oder Flop.

Nun aber China. Dort spielte er im selben Zeitraum 156 Millionen Dollar ein und legte damit einen besseren Start hin als der neueste "Star Wars"-Film. Dass der chinesische Markt rasant wächst, ist in Hollywood keine Neuigkeit - zumindest in der Theorie. In der Praxis haben sich die US-Studios bislang aber schwergetan, die Kinovorlieben der Chinesen zu verstehen, geschweige denn zu steuern. Die Produktionsfirma Legendary Pictures, die "Warcraft" mitproduziert hat, wollte aber genau das: gezielt einen chinesischen Kassenschlager züchten. Dazu gründete sie 2014 ihren Ableger Legendary East. Bis zu 40 PR-Berater auf einmal sollen sich laut Variety in den zahlreichen Meetings die Köpfe heißgeredet haben.

Ihre Analyse: Während das Zuschauerverhalten der Amerikaner und Europäer weitgehend erforscht ist, müssen die Chinesen ständig neu evaluiert werden. Der Geschmack des Publikums ändere sich genauso schnell, wie der dortige Markt wächst. Deshalb wurden die Vorlieben der potenziellen Zuschauer auch verstärkt im Internet ausgewertet. Außerdem mögen die Chinesen Filmtrailer besonders gern, weshalb Dutzende Miniclips extra für China zusammengeschnitten wurden.

Zusätzlich setzte man auf Kooperationspartner vor Ort. Während viele Hollywoodstudios noch glauben, das chinesische Marketing sei problemlos von den USA aus zu steuern, akquirierte Legendary von der Produktion bis zum Marketing lokale Mitstreiter. Die machten es auch möglich, dass es am Startwochenende quasi kein Entkommen vor "Warcraft" gab: Der Film startete auf beeindruckenden 67 Prozent aller chinesischen Leinwände - und das sind derzeit immerhin 39 000. So gelang das, was in den USA nicht funktioniert hat: Neben den Hardcore-Fans des Spiels weitere Zuschauer massenweise ins Kino zu locken.

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