Kino:Die Schönheit der Vergeblichkeit

Ettore Scola Porträt
Filmmuseum

Ettore Scola filmte eine Zärtlichkeit und Nostalgie, die "der Suche dient, von Nutzen sein kann für die Gegenwart und die Zukunft."

(Foto: Filmmuseum München)

Das Filmmuseum widmet dem italienischen Regisseur Ettore Scola, der im Januar im Alter von 85 Jahren gestorben ist, eine kleine Reihe

Von Fritz Göttler

Es ist einer der schönsten Titel der Kinogeschichte, "C'eravamo tanto amati", wir hatten uns so geliebt. Erinnerungen an eine Jugend, die hineinspuken in das Erwachsensein, in die unerträgliche Alltagsmüdigkeit: Verwelktes Glück, Haare im Wind, gestohlene Küsse, bewegende Träume. Es ist die Jugend von Antonio, Gianni und Nicola, über die der Film von Ettore Scola aus dem Jahr 1974 erzählt, im Krieg waren sie gemeinsam bei den Partisanen, danach rutschten sie in mehr oder weniger bürgerliche Tristesse hinein, in Gleichgültigkeit, Korruption, Bedeutungslosigkeit, einer als großer Jurist, einer als Krankenpfleger, einer als Filmkritiker - weswegen wir im Film auch kurz zu den Dreharbeiten von Fellinis "La Dolce Vita" dürfen.

Ettore Scola, der im Januar im Alter von 85 gestorben ist, kommt aus einer lost generation des italienischen Kinos, die heute zum großen Teil vergessen ist - die kleine Reihe des Filmmuseums bringt einige seiner Glanzstücke wieder auf die Leinwand. Scola ist einer jener Filmemacher, die, erst als Drehbuchautoren, dann als Regisseure, in den Sechzigern und Siebzigern das Genre der italienischen Komödie geschaffen haben. Und "C'eravamo tanto amati", schreibt der Filmhistoriker Jacques Lourcelles, ist der Versuch, das Ende dieses Genres zu markieren, von einem, der seine Formel genau kennt und seine Virtuosität. Nach diesem Film widmete sich Ettore Scola verstärkt dem Melodram, und mit "Una giornata particolare/Ein besonderer Tag" schuf er 1977 eins der schönsten Melos des italienischen Kinos. Der besondere Tag ist der 8. Mai 1938, die Massen von Rom feiern den Besuch Adolf Hitlers beim Duce, nur die Hausfrau Elvira - ihr Mann, ein Faschist, hat die Kinder mit zur Versammlung genommen - und ihr Nachbar Gabriele sind allein zu Haus, zwischen ihnen entspinnt sich eine zarttraurige Geschichte, Sophia Loren und Marcello Mastroianni, in aufgehängten Wäsche auf dem Dach verfangen sich Erinnerungen und Träume. Viele Filme von Ettore Scola sind an Tagen festgemacht, "Flucht nach Varennes" etwa am 20. Juni 1791, als der König und die Königin vor dem Terror der Französischen Revolution fliehen und verhaftet werden. Melancholie beschwören die Filme, aber nicht als Selbstzweck, mit Bedauern verbunden - das wäre reaktionär, sagt Scola. Er filmt eine Zärtlichkeit und Nostalgie, die "der Suche dient, von Nutzen sein kann für die Gegenwart und die Zukunft". Ein schönes, produktives Kino der Vergänglichkeit, der Vergeblichkeit. Die Reihe wird mit einem Porträt des Filmemachers eröffnet, das seine Töchter Paola und Silvia mit ihm zusammen schufen: "Ridendo e scherzando".

Werkschau Ettore Scola, Donnerstag, 3., bis Sonntag, 20. November, Filmmuseum

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