Kino: "Beste Gegend" von Marcus H. Rosenmüller:In der Thelma-und-Louise-Phase

Die bayerische Variante leidenschaftlicher Heldinnen: In "Beste Gegend", dem neuen Film des Regisseurs von "Wer früher stirbt ist länger tot", bleiben Kati und Jo am Brenner stecken.

Fritz Göttler

Man traut seinen Augen nicht. Eine halbe Stunde erst, und schon sind Kati und Jo unterwegs, die beiden unzertrennlichen "two for the road", hinaus in die Welt, ohne Rücksicht auf Verluste, und das in einem Film, der den Titel "Beste Gegend" trägt und damit wohl das Dorf Tandern meint und das Dachauer Land, wo sie leben mit ihren Familien und Freunden.

Kino: "Beste Gegend" von Marcus H. Rosenmüller: Rosalie Thomass als Jo (l.) und Anna Maria Sturm als Kati (r.) in der Komödie "Beste Gegend" von Marcus H. Rosenmüller.

Rosalie Thomass als Jo (l.) und Anna Maria Sturm als Kati (r.) in der Komödie "Beste Gegend" von Marcus H. Rosenmüller.

(Foto: Foto: ddp)

Katis lila Mercedes Benz trägt sie Richtung Süden, wo ihnen allerdings der Wagen, Vaters Abiturgeschenk, verreckt. Am Brenner ausgerechnet, in trostlosem europäischem Touristen-Niemandsland, bleiben sie stecken, müssen auf Ersatzteile warten und kämpfen gegen existentielle Verunsicherung. Dann ist schon wieder der Rücksturz nach Tandern fällig, der Großvater ist zusammengeklappt und muss in die Klinik.

Man mag seiner Erinnerung nicht trauen. Kein halbes Jahr ist es her, dass "Beste Zeit" in die Kinos kam, der erste Film mit Kati und Jo, über den dritten, "Beste Chance", reflektiert die Drehbuchautorin Karin Michalke bereits, aber mittlerweile hat Marcus H. Rosenmüller schon einen weiteren Film parat, seine Version vom bayerischen Volkshelden, dem Wilderer Kneißl, auch das nach einem Buch von Michalke.

Dass das bayerische Filmschaffen professionell gut drauf ist und cineastisch selbstreflexiv, weiß man seit langem, aus der Westallgäuer Filmproduktion um Gietinger/Hiemer, vom jungen Romuald Karmakar. Das Rosenmüller-Kino wird mit wachsender Beschleunigung nicht unbedingt besser, aber - was womöglich schöner ist - allmählich ganz vertraut, es gewinnt eine Regelmäßigkeit und einen Rhythmus, der nicht auf den Film an sich konzentriert ist, sondern aufs Ganze. Was Rosenmüller aber gar nicht gelingen mag, sind die großen Coups, der Trip des Großvaters zum Beispiel zurück in die Vergangenheit, den Hügel hinauf zur Jugendliebe.

Mit der Zeit werden auch einige Sachen klar. Dass Kati und Jo ihre Tom-und-Huck-Phase im ersten Film verlassen und in die Thelma-und-Louise-Phase eingetreten sind, mit ihrem "Nicht ohne meinen Mercedes"-Drive. Dass Kati wohl definitiv fürs Melodramatische steht, die emphatische Anna Maria Sturm, und Jo, die burschikose Rosalie Thomass, für den pragmatischen Geist, wie man ihn aus dem amerikanischen Action-Kino kennt.

Nun entwickeln sie sich also zur bayerischen Variante der leidenschaftlichen Heldinnen romantischer Romane. Leidend und heulend und fluchend über ihr Geschick, und man hofft, dass sie am Ende draufkommen, dass alles nur an ihnen liegt. Dass die Welt nur so dramatisch ist, weil sie selbst sie so dramatisieren.

BESTE GEGEND, D 2007 - Regie: Marcus H. Rosenmüller. Buch: Karin Michalke. Kamera: Helmut Pirnat. Musik: Gerd Baumann. Mit: Anna Maria Sturm, Rosalie Thomass, Ferdinand Schmidt-Modrow, Volker Bruch, Stefan Murr, Andreas Giebel. Constantin, 90 Minuten.

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