Kabarett:Allein auf der Bühne

Kabarett: In vielen Rollen erprobt: die Schauspielerin Beatrix Doderer.

In vielen Rollen erprobt: die Schauspielerin Beatrix Doderer.

(Foto: PR)

Die Schauspielerin Beatrix Doderer versucht sich als Solo-Kabarettistin

Von Oliver Hochkeppel

Man merkt ihr die Vorfreude an, aber auch eine gewisse Spannung und Skepsis. Selbst für eine so routinierte Bühnenfrau wie Beatrix Doderer, Ensemblemitglied unter anderem bei den Kammerspielen, beim Bayerischen Staatsschauspiel und bei der Lach- und Schießgesellschaft, ist es also ein Abenteuer, ein Wagnis: das erste Kabarett-Soloprogramm, zudem noch selbst geschrieben. "Ich kann es nur ausprobieren," sagt sie, "mit meinem ganz eigenen, seltsamen Humor. Bisher war ich im Kabarett immer der Weißclown, jetzt gehe ich aus der Rolle mal heraus."

Schauspielerin wollte Beatrix Doderer werden, seit sie sich erinnern kann. "Schon als kleines Mädchen habe ich für Freunde meiner Eltern Vorstellungen gegeben und dafür Gage verlangt", sagt sie. In Darmstadt ist sie aufgewachsen, als Tochter eines Germanistik-Professors. Was ihr auch einen einjährigen USA-Aufenthalt bescherte. Als sie im Lincoln-Center eine Vorstellung des Tennessee-Williams-Stücks "A Streetcar named desire" sah, sagte die Zehnjährige ihren Eltern hinterher: "Ich werde Schauspielerin." Prägend war der Auslandsaufenthalt auch, weil er die Abenteuerlust weckte: "Ich wollte immer fort von zu Hause, was anderes erleben." Mit 15 ging sie alleine nach England, direkt nach dem Abitur trampte sie durch Mexiko.

Nach München kam Doderer eher zufällig, bald nach dem Mexiko-Trip, als sie ihren Traum von der Schauspielerei wahrmachen wollte. "Ich war so was von naiv damals. Ich habe einfach einen Darmstädter Schauspieler gefragt, wo ich mich bewerben soll. Er war auf der Neuen Münchner Schauspielschule gewesen und hat mir die deshalb empfohlen." Sie bewarb sich und wurde prompt genommen. In den Achtzigern war das, "damals waren gute Leute an der Schule." Nach drei Jahren ging es direkt ins erste Engagement und fortan spielte sie und spielte und spielte - wie sie lachend sagt - "wie eine Irre".

Ihr erstes Engagement hatte sie in Hildesheim, es folgten die Landesbühne Esslingen, das Staatstheater Braunschweig, das Stadttheater Bern und das Theater Augsburg, bevor sie eine von Dieter Dorns Musen wurde, erst an den Kammerspielen, dann am Residenztheater. Doch Doderer pflegte außerdem eine zweite früh ausgeprägte Leidenschaft: das Schreiben. "Ich hatte das Glück, dass ich schon während des Studiums Dieter Hildebrandt kennenlernen durfte. Der hat mich ermutigt und mit seiner Hilfe habe ich ein erstes kleines Stück für die Kommilitonen geschrieben." Und Hildebrandt sei es auch gewesen, der ihr noch kurz vor seinem Tod gesagt habe, "was Eigenes zu machen".

Zu dieser Zeit war Beatrix Doderer gerade die Überraschungsfrau an der Seite von Ecco Meinecke und Severin Groebner im Ensemble der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. Als Akteurin wie Autorin war das sicher ihr bis heute populärster Auftritt im Kabarettbereich, doch der Kleinkunst war sie schon lange vorher eng verbunden. Eine Schlüsselfigur war Jörg Hube, der sie in Esslingen sah und in dessen Inszenierung des Walser-Stücks "Das Sofa" sie zu sehen war. Die beiden wurden ein Paar, privat wie auf der Bühne, wo sie von 2005 an das gemeinsam geschriebene Zwei-Personenstück "Sugardaddy", eine Mischform aus Theater und Kabarett, spielten. Weil die beiden über dem Fraunhofer wohnten, ergaben sich andere Sachen, die Regie für die jüngeren Solo-Programme der Luise Kinseher zum Beispiel : "Die Luise hat mich bekniet, 'Ich weiß, du bist genau die Richtige' hat sie gesagt, und ich hab geantwortet 'Das mach' ich nicht'. Bis es mich dann halt doch gereizt hat."

So wie später auch der Einstieg ins Lach- und Schieß-Ensemble, eine Chance, für die sie den Lach- und Schieß-Machern Till Hofmann und Steffi Rosner bis heute dankbar ist. "Es war zwar jeder im Ensemble schon in eine andere Richtung unterwegs, trotzdem war das für mich unglaublich wichtig", sagt Doderer. Vermutlich hätte sie wohl auch mit Kabarett weitergemacht, hätte sie nicht ein paar Theaterangebote bekommen, die sie nicht ablehnen wollte, die Helena im "Faust II" in der Salzburger Felsenreitschule zum Beispiel. Dazu kamen auch noch einige Lehraufträge.

Jetzt aber scheint ihr die Zeit endlich reif für ein Solo. "Vor der Hochzeit und schon Witwe" lautet der etwas in die Irre führende Titel ihres Programms, in dem es zwar um eine Reise nach Andalusien zu jenem verlassenen Bauernhof geht, an dem einst Federico Garcia Lorcas "Bluthochzeit" spielte, an dem dann aber der Reihe nach noch ganz andere literarische Figuren auftauchen, Dostojewskijs Witwe Iwanowna etwa, Ingeborg Bachmanns Undine oder auch die Annika aus "Pippi Langstrumpf". Letztlich geht es um Arbeit, um deren Wandel im digitalen Zeitalter und die daraus resultierende neue Rolle der Frau. "Die Selbständigkeit ist natürlich mein Thema, jetzt, wo ich nach 25 Jahren in den verschiedensten Ensembles plötzlich frei und selbstständig bin", sagt Beatrix Doderer. "Und alles, was damit zusammenhängt."

Beatrix Doderer: Vor der Hochzeit und schon Witwe; Donnerstag bis Samstag, 10. bis 12. Sept., 20.30 Uhr, Theater im Fraunhofer, Fraunhoferstr. 9

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