Jazzclub Unterfahrt:Reifeprüfung auf der Bühne

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Jazz, Punk und Hip-Hop vermengen "Just Another Foundry" zu einer explosiven Mischung. (Foto: Ralf Dombrowski/oh)

Eine enorme stilistische Bandbreite und viel Mut, Neues zu versuchen: Die "Young Jazz Summer Week" in der Münchner Unterfahrt gibt dem jungen deutschen Jazz eine Bühne.

Von Oliver Hochkeppel, München

Die vierköpfige Band Trio.diktion hat ihr erstes Album "Serenade" gerade eben beim Leipziger Label Golden Ticket/Kick The Flame veröffentlicht. Das ebenfalls aus Leipzig stammende Trio Plot konnte schon vor zwei Jahren sein Debüt "Tightrope" beim renommierten Label Why Play Jazz unterbringen, das Rearranged Trio des Kölner Gitarristen Marius Peters dessen Erstling "Collective" beim nicht minder bekannten Jazz Sick-Label.

Und das Kölner Trio Just Another Foundry durfte sein Premierenalbum "Bouwer" sogar als Volume 66 in Deutschlands renommiertester, von der Zeitschrift Jazzthing gemeinsam mit Challenge Records herausgegebenen Nachwuchsreihe "Next Generation" veröffentlichen. Nun wird man diese Erfolge auf einem recht gnadenlosen Markt nicht alleine auf die erfolgreiche Teilnahme aller vier Bands beim bundesweit ausgeschriebenen Jungen Münchner Jazzpreis zurückführen können. Aber geschadet hat es sicher auch nicht.

Andersherum schmücken diese Erfolge natürlich den Preis, der ja erst seit 2013 ausgelobt wird. Sind sie doch der Beweis dafür, dass die Fachjury jeweils nicht ganz falsch lag, und für die Mitglieder des Trägervereins Mucjazz ein Beleg für die Sinnhaftigkeit ihrer Spenden und ein Antrieb, damit weiterzumachen.

Ohnehin lässt der Vereinsvorsitzende Andreas Heuck nichts unversucht, die Strahlkraft des Wettbewerbs zu stärken und den Teilnehmern über den Auftritt und das Preisgeld hinaus weiterzuhelfen. So hat er noch vor der nächsten und fünften Ausgabe des Jungen Münchner Jazzpreises im November eine der "Jazz Summer Weeks" in der Unterfahrt requirieren können, bei der nun alle vier genannten Bands und dazu noch das Nürnberger Sextett Gen What einen Auftritt absolvieren dürfen.

Es wird eine Leistungsschau des jungen deutschen Jazz werden, die von seiner technischen und kompositorischen Reife, von der enormen stilistischen Bandbreite und vom Mut zeugt, Neues zu versuchen. Da biegen sich der Saxofonist Sebastian Wehle, der Bassist Robert Lucaciu (mit seinem Bruder, dem Saxofonisten Antonio ohnehin eine der größten Nachwuchshoffnungen) sowie der Schlagzeuger Philipp Scholz alias Plot zum Auftakt selige Rock- und Pop-Hits von Carlos Santana, Led Zeppelin oder den Beatles so zurecht, dass überraschend neue Jazz-Songs daraus werden.

Die drei bekommen einen zweiten Abend, bei dem sie mit dem famosen Schweizer Pianisten Yves Theiler Auszüge aus ihrem neuen Programms "Cadenza" spielen, in dem sie nun Klassiker von Arnold Schönberg bis Albert Ayler dekonstruieren.

Dominik Raabs Gen What wiederum lebt bei seiner coolen Verbeugung vor dem Modern Jazz nicht zuletzt von der fulminanten Horn Section mit Markus Harm, Jan Prax und Florian Leuschner. Die zwei Bläser Antonia Hausmann und Matti Oehl tragen auch bei Trio.diktion die facettenreichen, oft nach Filmmusik klingenden Interpretationen von der klassischen Romantik über Broadway-Songs bis zu Singer/Songwriter-Artigem.

Mit der Kreuzung aus großartiger Jazz-Technik und einem wilden Spirit von Punk und Hip-Hop haben sich Just Another Foundry mittlerweile zahlreiche andere Preise erspielt und sich von Kritikern als "Zukunft des deutschen Jazz" adeln lassen dürfen. Mit klassischer Technik, ungezügelter Improvisationslust und einer Prise Humor sorgt schließlich das Trio des Gitarristen Marius Peters für beste Unterhaltung. Es wird eine spannende Woche.

Young Jazz Summer Week , Dienstag bis Sonntag, 8. bis 13. Aug, 21 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstr. 42

© SZ vom 09.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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