Junge Musikantenstadl-Fans:"Volksmusik macht glücklich"

Musikantenstadl - Andy Borg

"Eine Alternative zu Andy Borg? Die gibt es nicht", sagt ein junger Volksmusikfan.

(Foto: dpa)

Die ARD will den Musikantenstadl verjüngen, Andy Borg muss gehen. Und alle Welt fragt sich: Gibt es überhaupt junge Fans der Sendung? Und wenn ja, was finden die gut an Volksmusik? Fünf Meinungen.

Von Carolin Gasteiger

Viele stellen sich das Publikum des Musikantenstadl als fidelen Rentnerclub vor. Junge Leute und Volksmusik dagegen scheint als Verbindung undenkbar. Tatsächlich aber haben der Stadl und Moderator Andy Borg viele junge Fans. Hier erzählen fünf von ihnen, warum sie Volksmusik mögen, was ihnen am Musikantenstadl gefällt und ob sie die Verjüngungspläne der ARD nachvollziehen können.

Melanie Pototschnig ist 22 Jahre alt und lebt im österreichischen Dornbirn in Vorarlberg

"Volksmusik macht glücklich. Die Lieder haben alle eine positive Grundstimmung und machen gute Laune. Eigentlich höre ich durch die Bank jede Musik, aber Volksmusik und Schlager sind schon meine Lieblingsrichtung. Vor meinen Schulkameraden wollte ich lange nicht zugeben, welche Musik ich höre. Das war mein Geheimnis. Inzwischen stehe ich dazu, was andere sagen, ist mir egal.

Der Musikantenstadl spiegelt unsere Kultur wider - allein schon mit der Dekoration, diesem Urigen. Dazu die schöne Musik, da macht das Zusehen einfach Freude. Mit meinen Eltern schaue ich mir die Sendung schon von kleinauf an. Aber nur vor dem Fernseher, live vor Ort war ich noch nie. Viele glauben, dass immer dieselben Künstler im Stadl auftreten. Aber das stimmt nicht, das wäre ganz schön altbacken. Im Gegenteil: Es kommen immer wieder neue, die man noch nicht kennt.

Mit seinem Witz und Charme kann Andy Borg die Zuschauer mitreißen. Der steht nicht stocksteif herum, nein, der macht jeden Spaß mit. Mit dem lacht man sich kaputt.

Wie die ARD die Sendung verjüngen will, weiß ich nicht. Junge Leute, die sich dafür interessieren, schauen die Sendung ohnehin schon. Und alle anderen werden sich auch künftig nicht dafür interessieren. Und was soll denn Stadl 2.0 bedeuten? Wenn man jetzt auf einmal ein schickes Sofa auf die Bühne stellt, können ältere Zuschauer doch gar nichts mehr damit anfangen. Dann fehlt das Urige. Aber genau dieses Altersübergreifende macht den Musikantenstadl so besonders.

Wenn ich es schaffe, versuche ich immer, die Sendung zu sehen. Aber zum absoluten Pflichtprogramm gehört der Silvesterstadl. Wir sitzen dann mit der Familie beim Essen und im Hintergrund läuft die Sendung. Die feierliche Stimmung kommt dann tatsächlich bis ins Wohnzimmer.

Ab und zu ist es schon zu viel heile Welt. Wenn immer alles schöngeredet wird, ist es ja gar nicht wie im richtigen Leben. Da gibt es einfach nicht nur schöne, sonnige Seiten. Aber Künstler wie Andrea Berg haben zum Glück auch Lieder mit ernsteren Themen. Die sind dann ein guter Kontrast."

"Vielleicht mal jemand ohne Dialekt?"

Stefan Elitz ist 26 Jahre alt und lebt in Bergen auf Rügen

"Als Andy Borgs Aus verkündet wurde, wollte ich mich beim Schweizer Fernsehen beschweren. Andy Borg macht seinen Job beim Musikantenstadl doch gut. Der ist lustig und macht das schon so lange. Warum will man den denn los werden? Aber die haben gar nicht auf meinen Brief reagiert.

Volksmusik mag ich gerne, weil sie so bodenständig ist. Mit den Liedern verbinde ich vor allem Erinnerungen an meine Großeltern, mit denen ich den Musikantenstadl und ähnliche Shows immer angesehen habe. Live war ich zwar noch nicht bei der Sendung dabei, aber die Stadl-Tournee in Rostock habe ich mal gesehen. Und da waren tatsächlich vorwiegend ältere Leute im Publikum.

Wenn Künstler wie die Kastelruther Spatzen von ihrer Heimat singen und davon, dass man da Urlaub machen kann, muss ich an unsere Ferien im Berchtesgadener Land denken. Manchmal sagen meine Freunde schon, ich sei doch altmodisch. Aber was soll ich machen? Ich bin nun mal mit Volksmusik aufgewachsen.

Und was anderes hören, ist schwierig. Im Radio laufen oft dieselben Lieder vier oder fünf Mal am Tag. Da fehlt mir die Abwechslung, das kann ich einfach nicht mehr hören. Und dieses Rambazamba-Bumbumbum, also die amerikanischen Songs, die so laut sind und mit so viel Bass dahinter, da könnte ich verrückt werden.

Mit Volksmusik kann ich dagegen den Alltag ausblenden. Allerdings verstehe ich manche Lieder, besonders die bayerischen, nur schwer. Auch mit Andy Borg geht mir das manchmal so, wenn der in seinen österreichischen Dialekt verfällt. Am liebsten würde ich schon weiterhin ihn sehen. Aber vielleicht könnte auch jemand ohne Dialekt den Musikantenstadl moderieren. Ansehen werde ich mir die Sendung jedenfalls weiterhin."

"Volksmusik-Fans sind wie eine Familie"

Jennifer Jungwirth ist 25 Jahre alt und lebt im österreichischen Linz

"Mit den meisten Liedern in der Volksmusik kann man sich identifizieren. In den Texten geht es um den Alltag, sie erinnern an Situationen aus dem eigenen Leben. Melissa Naschenwengs 'Wia da Schnee in da Sunn' zum Beispiel handelt davon, wie schnell ein Jahr vorbeigeht und man zurückblickt. Das kennt doch jeder. Man findet einfach schnell einen persönlichen Bezug und Momente, die man mit der Musik verbindet. Außerdem sind die Texte auf Deutsch, also in unserer Muttersprache, verfasst. Das macht es leichter, sie zu verstehen.

Meine Mutter kann das nicht nachvollziehen und meint, mein Musikgeschmack würde besser zu einer 40- oder 50-Jährigen passen. Dabei lief bei ihr im Auto immer Wolfgang Petry, da konnte ich als kleines Mädchen schon mitsingen. Inzwischen lerne ich über die Lieder auch neue Leute kennen; da ergeben sich Freundschaften, das ist toll. Auf Veranstaltungen wie dem Kitzbühel Open Air trifft sich immer wieder derselbe Kreis, wie eine eigene Gemeinschaft, eine Familie. Das kenne ich aus keinem anderen Musikgenre. Wenn ich arbeite, ich bin Taxifahrerin, höre ich oft auch Radiosender mit Chartmusik - aber nur wegen der Verkehrsmeldungen.

Wie dort Nachwuchskünstler gefördert werden, ist toll. Manche, wie Melissa, fangen ganz klein an, kommen aber immer wieder. Auch wenn sie schon längst bekannt sind, bleiben sie dem Stadl treu. Es ist schön, die Laufbahn dieser Künstler mitverfolgen zu können. Jünger könnte die Sendung höchstens werden, indem man noch mehr junge Künstler einlädt. Aber der Moderator ist auf keinen Fall zu alt. Mit Andy Borg ist es lustig, er ist spontan und bringt einen zum Lachen. Und er gehört einfach dazu. Wer soll den Musikantenstadl denn sonst moderieren? Andreas Gabalier? Nein danke, der soll sich lieber auf seine Musik konzentrieren.

Es ist schon witzig: Früher habe ich den Stadl bei meiner Oma gesehen, weil man das halt angeschaut hat. Inzwischen bleibe ich am Samstagabend gern daheim, um die Sendung sehen zu können. Aber auch Florian Silbereisen, Carmen Nebel oder Helene Fischer sehe ich gern im Fernsehen. Zu viel heile Welt ist das für mich nicht. Ganz im Gegenteil: In diesen paar Stunden kann ich in eine andere Welt eintauchen und abschalten."

"Eine Alternative zu Andy Borg? Gibt es nicht!"

Stefan Preimesberger ist 18 Jahre alt und kommt aus der kleinen Gemeinde Manning in Oberösterreich

"Zur Volksmusik haben mich meine Großeltern gebracht. Mit denen habe ich als kleiner Bub schon Sendungen wie den Musikantenstadl geschaut. Die Texte, die Lieder, die Stimmung dazu: Mir gefällt das einfach sehr gut. Gerne höre ich Andy Borg oder das Nockalm Quintett. Ich weiß, für mein Alter ist das nicht gerade typisch. Aber für mich gehört diese Musik zum Leben. Die Lieder machen einfach gute Laune. Da fühlt man sich gleich besser, wenn man mal traurig ist.

Aber es gibt schon viele, die das nicht verstehen. Oft höre ich Sprüche wie "Du hast ja einen Vogel, wieso hörst Du denn diesen Blödsinn?" Warum die so reden, kann ich nicht nachvollziehen. Oft heißt es ja, das sei alles nur Kitsch. Aber wenn man die Texte englischer Songs übersetzt, die sind doch genauso kitschig. Darauf wissen sie aber nicht, was sie sagen sollen. Natürlich klingt Popmusik gegenüber Schlagern wilder, aggressiver und cooler. Ich kann mit dieser Schreierei ja nichts anfangen. Aber die Themen sind dieselben.

Zum Musikantenstadl fahre ich gern, weil es da so gesellig ist. Das Publikum sitzt nicht einfach nur nebeneinander; im Stadl sitzen alle gemeinsam an Tischen zusammen. Man isst und trinkt, kommt ins Gespräch und trifft immer nette Menschen. Leute, die Volksmusik und Schlager hören, sind immer sympathisch. Und dann haben viele unterschiedliche Genres Platz: Volksmusik, als auch volkstümliche Musik und Schlager.

Warum die ARD den Musikantenstadl verjüngen will, verstehe ich nicht. Im Live-Publikum sind sehr viele junge Leute, vor allem zwischen 20 und 35 Jahren. Aber das berücksichtigen die Verantwortlichen nicht, weil sie nur auf die Quote achten. Und die ist meiner Meinung nach verfälscht. Jedenfalls sind weder das Publikum noch der Moderator zu alt.

Abgesehen davon, dass Andy Borgs Lieder toll sind - auch die Art, wie er auftritt, sein Schmäh und diese Spontanität sind faszinierend. Er kommt einfach echt rüber, sowohl auf als auch hinter der Bühne.Und den Musikantenstadl hat er zu dem gemacht, was der heute ist. Wenn sich so viele Fans darüber im Netz aufregen, ist das doch die beste Bestätigung, dass er seinen Job gut gemacht hat. Eine Alternative zu ihm? Die gibt es nicht. Wenn Andy Borg den Musikantenstadl nicht mehr moderiert, schalte ich jedenfalls nicht mehr ein."

"Das Leben ist schwer genug"

Sandra Bauer ist 29 Jahre alt und kommt aus Kandel bei Karlsruhe

"Als Kind habe ich mit meinen Eltern immer den Musikantenstadl angesehen. Anders als die meisten habe ich diese Gewohnheit beibehalten. Mit 29 Jahren stehe ich dazu, dass ich den Musikantenstadl anschaue. Inzwischen. Denn bis vor einigen Jahren konnte ich mit dem Nockalm Quintett oder den Kastelruther Spatzen nichts anfangen; ich bin hauptsächlich Schlagerfan. Aber dann entwickelten sich diese Künstler mit ihrer Musik hin zum Schlager. Und so geht es auch dem Musikantenstadl als Sendung - auch der wird immer moderner.

Da spielt ja nicht mehr nur die Blaskapelle, auch Top-Acts wie Andrea Berg treten auf. Am Stadl gefällt mir auch die Aufmachung, wie liebevoll die Tische und die Bühne dekoriert sind. Andy Borg moderiert das locker-flockig. Er sagt, was er denkt und zeigt, dass ihm das richtig Spaß macht. Außerdem drängt er sich nicht wie viele andere Moderatoren in den Vordergrund, sondern geht auf sein Publikum und dessen Wünsche ein.

Zu alt ist Andy Borg absolut nicht. Ich kann nicht verstehen, warum der gehen muss, wenn er doch die Einschaltquote bringt, die der Sender will? Da könnte er doch auch 70 Jahre alt sein, das spielt doch keine Rolle. Meiner Meinung nach ist es sogar besser, wenn jemand Älteres die Sendung moderiert, der Erfahrung hat und das Geschäft kennt. Außer Andy Borg könnte ich mir höchstens Stefan Mross als Moderator für den Stadl vorstellen. Das wäre der einzig würdige Nachfolger. Der ist schon lang im Musikgeschäft, war schon oft in der Sendung und ist außerdem mit Andy Borg befreundet. Helene Fischer fände ich nicht gut, die sieht man ohnehin schon überall.

Wenn jemand meinen Musikgeschmack komisch findet, ist mir das egal. Auch viele meiner Freunde hören Schlager. Jeder hört das, was er gern mag. Popmusik höre ich auch, aber da klingt inzwischen vieles sehr ähnlich und die Texte drehen sich immer um dasselbe. Schlager sind mir lieber, besonders wenn es um Liebe geht. Dann kann man schön träumen und den Alltag vergessen. Das Leben ist schon schwer genug.

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