Jugendtheater:Herz geflickt

Jugendtheater: Mit Gift hat Zeno (Voit) seine Suche nach der Liebe beendet. Ob die anderen ihn retten können?

Mit Gift hat Zeno (Voit) seine Suche nach der Liebe beendet. Ob die anderen ihn retten können?

(Foto: Stephan Rumpf)

Das IMAL-Ensemble forscht in seiner Produktion "Gesucht" im Hoch X nach existenziellen Antworten

Von Barbara Hordych

Seine Feststellung, "du siehst viel besser aus als auf deinem Profilbild", kontert sie lässig mit: "Ich weiß". Während er nun herunterrasselt, gerade seinen ersten Roman fertiggestellt zu haben, der bestimmt bald ein Riesenerfolg werde, spult sie hektisch ihre Modelerfolge ab, von den Anfängen bei "H & M Kids" über "Zara" bis hin zur Auswahl von "Victoria's secrets". "Wollen wir ficken?" unterbricht er abrupt ihren Monolog. Woraufhin sie sich bei ihm unterhakt und die beiden gemeinsam abziehen.

Dass dieser parallel gesprochene Dialog teilweise so unverständlich wie komisch daher kommt, ist beabsichtigt. "Wir wollten halt zeigen, dass es bei diesen Online-Matches à la Tinder nur darum geht, sich gegenseitig zu übertrumpfen", sagt Johnny Teichreb. "Deshalb reden die beiden auch nur nebeneinander her, nicht miteinander", ergänzt seine Spielpartnerin Tatiana Kuplewatzki. Sie sind zwei von zwölf jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren, die am Freitag, 5. Mai, die Premiere ihres Stücks "Gesucht" im Theater Hoch X zeigen werden. Dabei handelt es sich um die neue Produktion der Initiative IMAL, dem International Munich Art Lab. Zwei Jahre lang erhalten die Teilnehmer dort künstlerischen Unterricht - in Schauspiel, Gesang, Musik und Bühnentechnik. Ihre Kenntnisse fließen zum Abschluss in ein Werk ein, bei dem sie alles selbst erarbeitet haben: Thema, Text, Musik, Bühne, Kostüme und Technik.

In der aktuellen Produktion hat die Regisseurin und Choreografin Chris Hohenester dem Ensemble geholfen, Antworten auf existenzielle Fragen zu suchen und zu gestalten. Wie ist das mit der Liebe und dem Verliebtsein? Was passiert vor, während und nach dem Tod? "Ich war sehr beeindruckt, was an selbst verfassten Texten zusammenkam", sagt Hohenester. Mit früheren Performances wie "Rausch" oder "Sense" war sie bereits beim Tanztreffen der Jugend in Berlin eingeladen.

Nun also "Gesucht", eine Art Laborprojekt, bei dem die Darsteller alle in weißen Kitteln auftreten und mit Flaschen und Reagenzgläsern hantieren. Gesucht wird auch nach der Liebe, in allen ihren Erscheinungsformen. Vielleicht auch in Gestalt eines Mädchens, das man nur aus seinen Träumen kennt? So wie Zeno mit den schwarzen Locken, der sein "Gesucht"-Plakat wie ein Schutzschild vor seinen Körper hält, während er sich vorsichtig einen Weg bahnt durch die sich küssenden und streitenden "Laboranten" (oder eher Laborratten in einem Forschungsexperiment?). Zeno ist schließlich so verzweifelt über seine vergebliche Suche, ununterbrochen verspottet von den anderen, dass er Gift schluckt. Und zu Füßen des blonden Paul mit dem hippen Pferdeschwanz, der vor ihm in einem großen Sessel thront, wieder aufwacht. "Wo bin ich?", begehrt er zu wissen. Als Antwort erhält er ausschließlich Zitate aus Coppolas "Paten" - die erstaunlicherweise Sinn ergeben, irgendwie. Von "Ich werde ihm ein Angebot machen, das er nicht ablehnen kann" über "Du musst deinen Traum aufgeben" bis hin zu "Entweder kommt deine Unterschrift unter den Vertrag. Oder dein Gehirn" reichen die Filmzitate, die Paul Braitinger in Brando-Manier von sich gibt.

"Alle haben ihre Dialoge selbst geschrieben. Nur Paul hatte den Traum, mal einen Gangsterboss oder Gott, oder am besten beides in Personalunion, zu spielen. Und kam auf die Idee, mit Filmzitaten zu arbeiten", sagt Hohenester. Als Zeno Voit dem Gangster-Gott verspricht, künftig von seinem Traum abzulassen, darf er auf die Erde zurückkehren. Dort sind es jetzt aber ausgerechnet die vormaligen Spötter, die gar nicht mit der neuen Einstellung des früher so nervigen Träumers einverstanden sind. "Gar nichts mehr zu fühlen, ist halt auch kein Weg", bringt Paul Braitinger in der Probendiskussion die Situation auf den Punkt. "Dann ist man doch wie ein Vampir, der ewig über die Erde streicht, ohne zu schmecken." Und schon macht man sich gemeinsam daran, das Herz des abtrünnigen Träumers Zeno zu flicken. Damit das Spiel weitergehen kann.

Gesucht; Freitag und Samstag, 5. und 6. Mai, 20 Uhr, Theater Hoch X, Entenbachstraße 37

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