Jugendtheater:Heldenreise

Junge mit em Koffe Schauburg

Wie sein großes Vorbild Sindbad, der Seefahrer, begibt sich auch der Junge Naz (B.V. Shrunga) auf eine Reise ans andere Ende der Welt. Unterwegs findet er in der cleveren Krysia (Simone Oswald) eine Begleiterin.

(Foto: Christian Kleiner)

Die deutsch-indische Koproduktion "Der Junge mit dem Koffer" erzählt eine universale Geschichte der Flucht

Von Sabine Leucht

Zuhause ist, wo ich meinen Koffer explodieren lasse!" Dieser Satz weckt heute andere Assoziationen als 2011, als wohl jeder sofort nur das Alltags-Chaos in einem Jugendzimmer vor sich sah. Damals kam "Der Junge mit dem Koffer" am Mannheimer Schnawwl heraus - als Koproduktion mit dem Ranga Shankara Theater Bangalore und Krönung der dreijährigen Partnerschaft beider Theater. Daher stehen in der Inszenierung der ehemaligen Mannheimer und heutigen Schauburg-Intendantin Andrea Gronemeyer indische und deutsche Schauspieler und Musiker gemeinsam auf der Bühne, um eine universale Geschichte zum Thema Flucht zu erzählen. Weil das nicht ständig geht, ist das Stück des Briten Mike Kenny nur kurz in München zu sehen. Auf eine Wiederaufnahme ist allerdings zu hoffen, denn die vielgereiste Inszenierung um den Jungen Naz, der von den Geschichten seiner Mutter im Ohr über vereiste Berge und stürmische Meere getragen wird, bringt das Ausgeliefertsein sogenannter "Illegaler" mit den Tröstungen der Literatur auf gar nicht zeigefingernde Weise zusammen.

Die Erinnerung an Sindbad, den Seefahrer, muntert Naz bei seinen "sieben Reisen" immer wieder auf. Er sieht die zurückbleibende Mutter als "Statue, die sich in Salztränen auflöst", trifft Ausbeuter, das Mädchen Krysia, hungrige Wölfe - und lernt am Ende, das von der vorangegangenen Schwester beschriebene "Paradies" in realistischen Farben zu sehen.

Die multiperspektivische Erzählung wird dynamisiert von der wunderbar bildhaften Live-Musik Coordt Linkes (Percussions), Konarak Reddys (Gitarre) und M. D. Pallavi Aruns (Gesang). Gronemeyer lässt Fluchtbewegungen gefrieren und erfindet Simultan-Choreographien für die Fronarbeit in einer Näh-Fabrik oder jene Momente, in denen David Benito Garcia als auf Deutsch erzählender älterer und B. V. Shrunga als Englisch sprechender und lebendig erlebender junger Naz sich besonders nahe sind. Anfangs ist das bunte Musik- und Sprachen-Gewirr nicht immer leicht zu verstehen. Die Zuschauer sollten also schon etwas Englisch sprechen können, damit die Erfahrung des Fremdseins nicht allzu anschaulich wird.

Der Junge mit dem Koffer, ab 12 J., Mo., 11. Dez., 9, 11.30, 18 Uhr, Schauburg, Franz-Joseph-Str. 47

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