Jubiläum:Die Augen lachen nicht

James Woods

Spielt gern den Herrscher der Unterwelt: James Woods.

(Foto: AP)

Der Schauspieler James Woods, bekannt für Rollen bei Sergio Leone, David Cronenberg und Martin Scorsese, wird siebzig.

Von David Steinitz

Die Schauspielkunst mag vieles sein, sie ist aber bestimmt kein Knollengemüse.

"Sie müssen sich das mal vorstellen", sagte der Schauspieler James Woods immer wieder verwundert bis empört in Interviews, "da laufen erwachsene Männer durch einen Raum und tun so, als seien sie eine Rübe. Nur weil irgendein irrer Guru ihnen erzählt, dass sie mit solchen Spielchen das Spielen lernen würden."

Obwohl James Woods, Jahrgang 1947, in eine Generation der Method-Acting-Anhänger hineingeboren wurde - Robert De Niro, Daniel Day-Lewis -, verachtet er die Psychologie und die Esoterik, mir der viele Kollegen ans Werk gehen. Eine Rolle zu spielen, egal ob auf der Bühne oder vor der Kamera, ist für ihn ein Akt des Unbewussten: "Sobald du dir bewusst bist, was du da machst, ist das Ergebnis nicht so gut."

Dass Woods keine Lust auf theoretische Experimente hat, mag an seiner Biografie liegen. Der Vater wünschte sich, dass der Sohn Ingenieur würde, gutes Geld, Ansehen, ein Traumjob. Aber das Studium am Institute of Technology in Massachusetts brach er ab. Er ging stattdessen nach New York, wo man 1967 als fast mittelloser Schauspielaspirant noch eine kleine Wohnung bekam - aber eben auch nicht allzu lange. Also legte Woods einfach los, nahm jede kleine Rolle am Theater an und später auch beim Film. Schauspielkunst als Fließbandarbeit, das zog er fast ein Jahrzehnt lang durch, von Nebenrolle zu Nebenrolle, denn sein Jahrzehnt, das sollten erst die überdrehten Achtzigerjahre werden.

Für seine Rolle als Kleinganove im Krimidrama "Mord im Zwiebelfeld" wurde er 1980 für einen Golden Globe nominiert, der Startschuss für die Hollywoodkarriere.

Durch den Film wurden zwei Regisseure auf ihn aufmerksam, die ihn dann in Werken besetzten, die quasi aus dem Stand zu Klassikern wurden. 1983 engagierte der Kanadier David Cronenberg ihn für seinen dystopischen Horrorfilm "Videodrome", ein Jahr später holte ihn der Italiener Sergio Leone für sein Gangsterepos "Es war einmal in Amerika".

In "Videodrome" spielte Woods den Besitzer eines kleinen TV-Senders, der von ominösen Fernsehmachern Gewalt- und Sexshows einkauft, um trotz kleiner Reichweite Quote zu machen. Als er eine besonders perverse Sendung namens Videodrome in die Hände bekommt, fühlt er sich inspiriert und will selbst Teil der Gewaltexzesse werden. Er steigert sich in Wahnvorstellungen hinein, bis er sich eine Videokassette in ein klaffendes Loch im Bauch schiebt, um mit seinen Fantasien eins zu werden. Aber Woods sieht schon zu Beginn des Films so irre aus, dass seine Deformation gar keiner blutigen Spezialeffekte mehr bedurft hätte. Der Trick, den er später noch oft anwenden wird: Er lächelt permanent, ohne dass seine Augen mitlachen, sein Gesicht wirkt wie eine Menschenmaske, hinter der ein Monster lauert.

Woods wurde zum Spezialisten für amerikanische Albträume. Auch der Schnapsschmuggler, den er in "Es war einmal in Amerika" spielt, ist ein skrupelloser Geselle, diesmal im letzten Frontierabschnitt zur Moderne, aber wieder mit eiskaltem Lächeln. Die Prohibitionsgeschichte an der Seite des Method-Actors Robert De Niro ist ein Abgesang aufs moderne Amerika, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts endgültig seine Unschuld verlor. Wenn Robert De Niro zum Schluss in eine Opiumhöhle flieht und fleißig am Pfeifchen nuckelt, um Vergessen zu suchen, weiß der Zuschauer nicht mehr, ob er gerade vier Stunden lang ein Historiendrama oder ein Märchen gesehen hat. Und Woods, der böse Märchenprinz, macht diese Frage mit seinem diabolischen Wolfsgrinsen nicht leichter.

Ein paar Jahre später spielte er noch mal den Gegner von Robert De Niro, 1995, in "Casino", diesmal aber eher als Parodie einer echten Nemesis. Woods ist der leicht debile Lover von Sharon Stone, der dem Casino-Boss De Niro immer wieder die Frau wegnimmt - fast schon eine Slapstick-Rolle. Nur ein kleiner Auftritt zwar, aber um mit dem großen Martin Scorsese zusammenzuarbeiten, wäre er auch für eine Stunde als Statist ans Set gekommen, sagte Woods später.

Seine Lieblingsrolle aber, das sei eine ganz andere gewesen, erzählt er - nämlich die des Hades, des Herrschers über die Unterwelt im Disney-Film "Herkules". Woods lieh ihm 1997 für den Trickfilm zum ersten Mal seine Stimme - und hat daran solche Freude gehabt, dass er den Todesgott seit bald zwanzig Jahren immer wieder spricht, im Fernseh-Ableger des Kinofilms genauso wie in den dazugehörigen Computerspielen. Hades ist ein richtiges Alter Ego geworden. "Dieser Kerl macht einen solchen Spaß", sagt Woods, der an diesem Dienstag siebzig Jahre alt wird, "den möchte ich sprechen bis zum Tag meines Todes."

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