Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Vier Nonnen und dreißig Schafe

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Im Kloster Habsthal auf der Schwäbischen Alb leben vier Nonnen, ein Pater und 30 Schafe. Sobo Swobodnik zeigt in seinem Dokumentarfilm "Silentium" die täglichen Abläufe des Klosterlebens in behutsamen Bildern. (Foto: mindjazz pictures)

Die Doku "Silentium" schaut hinter die Mauern eines schwäbischen Klosters. In Anja Marquarts neuem Film verliert eine Sexualtherapeutin die Kontrolle. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

Die Filmstarts vom 14. Mai auf einen Blick, bewertet von den SZ-Kritikern. Rezensionen ausgewählter Filme folgen.

La Buena Vida

Zum guten Leben braucht's nicht viel in diesem Film, für das kleine Urwalddorf Tamaquito in Kolumbien. Kleine Häuschen für die Familien, elektrisches Licht, Wasser für den Anbau. Die Leute der großen Schweizer Firma Glencore kümmern sich intensiv um die Bewohner, sie reden freundlich und preisen viel. Schließlich wird unterschrieben, ausgeräumt, umgezogen. Bald kommt Ernüchterung, es fehlt an Wasser. Jens Schanze ist mit viel Geduld, Sympathie, Liebe auf der Seite der Leute von Tamaquito. Aber im Hintergrund ist doch die Dialektik ihres Schicksals sichtbar, sie müssen weg wegen der riesigen Kohlevorräte unter ihrem Dorf, die Glencore heraufholen will, um unser aller Energiebedarf zu stillen. Fritz Göttler

Café Ta'amon

Nur vier, fünf Tische hat das 1938 eröffnete Café Ta'amon in Jerusalem. Aber es ist eines der berühmtesten: Weil die Knesset, das israelische Parlament, früher direkt gegenüber lag, diskutierten hier Politiker, Studenten, Aktivisten und Nachbarn den Nahostkonflikt im Kaffeehausformat. Michael Teutsch verwebt in seiner Dokumentation ein Porträt des Cafés heute mit historischen Aufnahmen. Karoline Meta Beisel

Mad Max: Fury Road

Früher gab es den hochmotorisierten Thrill-Ride mit waffenstarrendem Tanklaster, aufgemotzten Verfolger-Karossen, Massenkarambolagen und tödlichen Nahkämpfen auf der Motorhaube zum Finale - aber das war "Mad Max" vor dreißig Jahren. Der neue Film ist ein cineastischer Monstertruck, der durch die Wüste von Namibia donnert, eine Materialschlacht und ein einziger Thrill-Ride von Anfang bis Ende. Zum Glück hat sich George Miller, der Erfinder der Filmserie, auch zu seinem siebzigsten Geburtstag noch ein paar sehr sympathische Verrücktheiten bewahrt. Tobias Kniebe

Melodys Baby

Thema Leihmutterschaft. Darf das Austragen eines Kindes zum Handelsobjekt werden? Der Belgier Bernard Bellefroid beginnt sein Zwei-Personen-Stück im Plakativstil eines Themenfilms. Die Bilder folgen zuerst Argumentationslinien, befreien sich dann aber vehement zu darstellerisch brillanten Porträts. Zwei Frauen (Rachael Blake, Lucie Debay), die nach dem Sehnsuchtsbild einer Mutter-Tochter-Zweisamkeit suchen. Rainer Gansera

Ostwind 2

Auch in der Fortsetzung von Katja von Garniers Pferdemädchenfilm flattern Mähnen im Wind, das Fell glänzt in der Sonne und Reiter und Pferd verstehen sich stumm, auf fast mystische Weise. Die junge Mika muss diesmal das Gestüt ihrer Oma vor dem Ruin retten - und verliebt sich dabei in einen schönen Pferdejungen. Eine bildgewaltige Sommergeschichte, die aus dem Kino hinaus auf Wiesen und Weiden lockt (Foto: Constantin). Kathleen Hildebrand

Pitch Perfect 2

So richtig perfekt war die A-Cappella-Truppe Barden Bellas schon im ersten Teil nicht, aber sehr unterhaltsam - dass Fat Amy bei einem Auftritt aber versehentlich ihre nackte Kehrseite präsentiert, geht dem College und der rasend interessierten Weltöffentlichkeit zu weit. Nur ein Neuzugang - Hailee Steinfeld - kann der Gruppe um Anna Kendrick noch dabei helfen, wieder zu sich selbst zu finden, und an der Weltmeisterschaft teilzunehmen. Schöner Unfug unter Mädchen, inszeniert von Elizabeth Banks. Susan Vahabzadeh

She's Lost Control

Aus dem Leben einer Sexualtherapeutin (Brooke Bloom) in New York, die als "Surrogatpartnerin" mit gehemmten Männern schläft, um ihnen körperliche Nähe beizubringen. Bald tauchen aber Emotionen dort auf, wo sie nichts zu suchen haben. Was aus Anja Marquarts Film einen recht spezifischen und etwas sterilen Rapport über die Probleme einer bestimmten (therapeutischen) Berufsgruppe macht. Philip Stadelmaier

Silentium

Vier Nonnen, ein Pater und dreißig Schafe leben im Kloster Habsthal auf der Schwäbischen Alb, "also mehr Vierbeiner als Zweibeiner", wie die jüngste der Nonnen eine Gästegruppe wissen lässt. Es ist ein bedrohtes Idyll, von dem Sobo Swobodnik hier erzählt, der Nachwuchs fehlt. Wie Philip Gröning in "Die große Stille" hält auch er als Regisseur, Autor, Ton- und Kameramann diskret Distanz zu den täglichen Abläufen. Wenige Geräusche durchdringen die Stille, Schritte auf knarzenden Holzböden, das Läuten der Glocke, die den Tagesablauf gliedert, die Gesänge und Gebete. Anke Sterneborg

Zweite Chance

Ein kleines dänisches Lehrstück über Überforderung. Der tägliche Stress und Schmutz des Polizeidiensts, und bei Andreas (Nikolaj Coster-Waldau) kommt dann noch daheim ein quengelndes Baby, eine unsichere Frau und Mutter dazu. Das Ineinander von Mutterliebe und Vaterschaft. Zum fünften Mal haben Autor Anders Thomas Jensen und Regisseurin Susanne Bier sich zusammengetan, um die Unzurechenbarkeit menschlicher Emotion zu skizzieren. Fritz Göttler

© SZ vom 13.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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