Jetzt im Kino:Brabbel, brabbel

Die kleinen gelben "Minions" toben durch ihren ersten eigenen Film und in "Insidious: Chapter 3" spuken wie wild die Geister.

Von Anke Sterneborg, Fritz Göttler, Rainer Gansera, Tobias Kniebe, Annett Scheffel, Susan Vahabzadeh, Doris Kuhn

Die Filmstarts vom 2. Juli auf einen Blick, bewertet von den SZ-Kritikern. Rezensionen ausgewählter Filme folgen.

Ich seh, ich seh

Die klaren Konturen und das sterile Klima der Wirklichkeit sind trügerisch, denn diese Geschichte ist ein einziger Alptraum. Auf die Erschütterungen ihrer Welt, die Trennung der Eltern und einen Unfall, nach dem das Gesicht der Mutter komplett einbandagiert ist, reagieren die traumatisierten Kinder mit grausamer Konsequenz. In ihrem Debütfilm nähren Veronika Franz und Severin Fiala die Geister von Ulrich Seidl und Michael Haneke, all die schrecklichen Kinder, deren Spiel zum reinen Psychoterror wird.

Insidious: Chapter 3

Gute Nachbar- und aufrichtige Freundschaft gibt es in dem schönen alten Mietshaus, in dem Quinn mit ihrem Vater und ihrem Bruder wohnt. Das Leben ist nicht einfach, die Mutter ist eben gestorben, Quinn verpatzt ein Vorsprechen und wird von einem Auto umgefahren, beide Beine werden ihr eingegipst. Irgendwann wird das ziemlich unheimlich und brutal mit der Nachbarschaft, Spukgeister aus einer anderen Dimension schauen bei dem Mädchen vorbei, wollen es rüberholen in ihre Further-Welt. Auch im dritten Teil der Serie, der die Vorgeschichte zu den zwei früheren erzählt, hat der Horror herzzerreißende Momente von schauriger Tristesse. Lin Shaye ist wieder dabei als die unerschrockene Seherin Elise, und Leigh Whannell, der ihren Assistenten Specs spielt - er hat bei den ersten beiden und bei einigen Saw-Filmen am Drehbuch mitgeschrieben - führt zum ersten Mal Regie.

Liebe auf den ersten Schlag

(Siehe Kritik nebenan.)

Marry Me!

Die nächste Berlin-Kreuzberg-Multikultikomödie. Diesmal mit Indien-Flavour und narrativen Identitätsproblemen. Neelesha Barthels Augenzwinkergeschichte einer Single-Mom (Maryam Zaree) weiß nicht, was sie sein will. Mal Bollywood-Tänzchen, dann feministisches Fernsehspiel. Zumeist aber Comedy-Klamauk, dem zu Kreuzberg gerade mal Esoteriktrottel und prollige Ossis einfallen.

Men & Chicken (Siehe Kritik nebenan.) Minions 3D Dies ist ohne Frage das Filmkunstwerk der Woche. Uh oh. Eijeijeij. Hehehehehe. Man verfällt unwillkürlich in Minions-Sprache, wenn man das sagt. Pierre Coffin und Kyle Balda haben den kleinen gelben Handlangern des Bösen aus "Ich - Einfach unverbesserlich" ihren eigenen Film spendiert. Superschurkin Scarlett Overkill heuert in den Swinging Sixties drei besonders abenteuerlustige Minions an, die unter anderem in den Tower of London einsteigen. Herrliche Brabbel-Komik ohne jede Impulskontrolle - das geht zurück bis zu den ältesten Wurzeln des Kirmes-Kinos (siehe Feuilleton von Mittwoch).

Der Papst ist kein Jeansboy

Wie erzählt man von einem Menschen, der so vieles darstellt wie Hermes Phettberg? Österreichischer Provokateur und närrischer Querdenker, Narzisst und Sado-Maso-Aktionist, Kult-Talkmaster in den 90ern, heute Sozialhilfeempfänger. Sobo Swobodnik besuchte ihn in seiner Wohnung und zeigt seinen Alltag in poetischen Schwarz-Weiß-Bildern als berührend-verstörende Leidens- und Überlebensgeschichte.

Seht mich verschwinden

Kiki Allgeier hat einige Jahre Isabelle Caro begleitet, die als magersüchtiges Model berühmt wurde auf den Fotografien von Oliviero Toscani. Eine verworrene Geschichte, in der Innen und Außen, Wahrheit und Lüge die ganze Zeit durcheinander gehen. Caro hatte sich, soviel versteht man hier, eine Parallel-Biografie entworfen, weil sie sich mit sich selbst nicht anfreunden konnte, und sie gab bis zu ihrem Tod den Eltern Schuld an allem, was sie tat. Verworren bleibt das alles trotzdem. Ein Film, der nicht weiß, was er sein will, über eine Frau, die unbedingt jemand anderes sein wollte.

Worst Case Scenario

Ein Dreh in Polen wird abgeblasen während er grade anfängt. Der Regisseur gibt nicht auf, die Lage schreit nach Independentkino. Deutsche Campinggäste werden engagiert, polnische Schauspielschüler auch, Konzepte werden erstellt und verworfen. Franz Müller zeigt Wahrheiten über das Filmemachen, oder über ein grandioses Scheitern, was ja nah beieinanderliegt - und am Ende wird es doch eine Liebesgeschichte.

Tempo Girl

"Du bist nicht authentisch", sagt der Lektor zur Berliner Möchtegern-Popliteratin Dominique. Schon düst sie ins Alpenländli ab. Sie möchte dort als Nachtclubtänzerin mal echt authentisch was erleben. Dominik Lochers Debütfilm bemüht sich heftig, wild und stylisch zu sein. Wie ein Schüleraufsatz, der Gefühlsimitate und Posen stapelt. Motto: Ich hab' nix zu sagen, aber es muss geil aussehen!

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