Jennifer Lawrence im Gespräch:Wenn die Realität den Film schlägt

Jennifer Lawrence

"Ich reise herum wie eine Schönheitskönigin und muss die ganze Zeit darauf achten, das Richtige zu sagen und zu tragen." Das Interview mit Jennifer Lawrence wurde dann doch ganz nett.

(Foto: AP)

Jennifer Lawrence zu interviewen läuft anders ab als normale Verabredungen - wegen der US-Schauspielerin selbst, der Berlinale und "Me Too".

Von Martin Wittmann, London

Ein sonniger Wintertag in London, man ist mit Jennifer Lawrence verabredet. Guter Satz schon mal, faktisch auch richtig, aber so ein Interviewtermin ist in der Anbahnung natürlich ein wenig unpersönlicher und aufwändiger als eine Verabredung. Vor dem Termin waren die Organisatoren des Gesprächs mit der Organisation der Berlinale beschäftigt, da rutschen schon mal ein paar Informationen durch.

Man hatte sich früh vom eigenen Hotel in das Claridge's begeben, auf die naheliegende Möglichkeit, dort praktischerweise gleich selbst zu übernachten, war aus naheliegenden Gründen verzichtet worden. Das billigste Zimmer kostet dort in diesen Tagen 572 Euro die Nacht, dafür läuft einem in der Lobby erstmal Fergie über den Weg, und zwar die echte, nicht die Sängerin.

Als Wartezimmer dient eine Suite. Es sitzt noch ein zweiter Journalist herum und macht sich stumm letzte Notizen. Irgendwann steht er auf und geht auf die Toilette. Bald darauf kommt einer der Mitarbeiter der Filmproduktionsfirma und fragt nach einem David. Das muss dann wohl der Kollege sein, man deutet hilflos auf die Toilette. "Ausgerechnet jetzt ?", fragt der Filmmann fassungslos und postiert sich vor der Klotür. Als die sich endlich öffnet und sich zwei erleichterte Männer gegenüberstehen, fragt der Filmmann: "Du bist David, ja?", und der Kollege antwortet: "Nein, ich heiße Martin", woraufhin man sich selbst sagen hört: "Ich heiße auch Martin." Da stehen nun herum: Zwei Martins, die wegen Jennifer hier sind, die über Dominika reden soll, die Protagonistin ihres Films - und ein namenloser Mann, der David sucht.

Es stellt sich bald heraus, dass die Irrungen einem Berlinale-bedingten Informationschaos geschuldet sind: Der SZ-Kollege David, der ursprünglich das Interview führen sollte, aber absagen musste (Berlinale!), stand immer noch auf der Namensliste.

Aber dann: Jennifer Lawrence. Während sie über ihren neuen Film spricht, in dem die 27-Jährige die russische Sex-Spionin Dominika spielt, wirkt sie, als habe sie weder auf den Film große Lust, noch auf das Gespräch darüber. "Red Sparrow" war bereits abgedreht, als der Missbrauchs-Skandal um Harvey Weinstein die Branche erschütterte und Hollywood zu einem hochpolitischen Ort wurde. Lawrence ist dort überaus engagiert, und so springt das Gespräch thematisch bald vom einigermaßen spannenden Film zur sehr spannenden Realität. Das nun missfällt der mithörenden Angestellten der Produktionsfirma. Nach einer heiklen Frage bei Minute zwölf tritt sie an den Couchtisch, erzählt etwas von einem Flieger, der angeblich erreicht werden muss, und fragt schon wieder, wo eigentlich David sei. Sie bittet um "eine letzte Frage".

Man kuckt verdutzt auf die Uhr und zeigt sich schockiert (Jennifer Lawrence flüstert: "Go ahead, I'll answer the question"), man klagt, dass doch viel mehr Zeit vereinbart worden sei ("I'm so sorry") und dass man für das Gespräch extra aus München angereist sei ("I love Munich"). Nach einer wertvollen Minute verlässt die angefasste Frau von der Produktionsfirma den Raum, das Interview geht tatsächlich weiter - und dreht sich um Jennifer Lawrences umstrittene Kleiderwahl, Hass im Netz und ihre armen Eltern.

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