Jeff Koons-Werk von Hamburg:Die Ente bleibt draußen

Wie bei Loriot: Der Streit um das vom Hamburger Bausenator Mario Mettbach projektierte Jeff-Koons-Werk glich nicht selten dem Knollenmännchen-Sketch "Herren im Bad". Nun hat die liebe Seele Ruh. Das monumentale Stadtmöbel wird doch nicht gebaut.

(SZ v. 31.07.2003) Der "Eiffelturm" des 21. Jahrhunderts sollte es werden, das zeichentheoretische Verwirrspiel, mit dem der Künstler Jeff Koons den selbst ernannten Kunstkritikern der Republik eine solide Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beschert hat: Auf dem Spielbudenplatz an der Reeperbahn in Hamburg sollte ab Jahresende 2004 ein leuchtendes Stadtsymbol aufragen, bestehend aus zwei 110 Meter hohen Kränen, verbunden durch - ja, was nun?

Jeff Koons-Werk von Hamburg: Computer-Simulation jenes Monumental-Werks von Jeff Koons, das nie gebaut werden wird.

Computer-Simulation jenes Monumental-Werks von Jeff Koons, das nie gebaut werden wird.

(Foto: Simulation: dpa)

Einen monumentalen Gitterrost-Schnurrbart? Oder erinnerte das fachwerkartige Hängekonstrukt zwischen den Kränen doch eher an zwei Frauenbeine im Straps? Jedenfalls plante Koons, um dem eindeutig-zweideutigen "Tor-zur-Welt"-Symbolismus die Krone aufzusetzen, außerdem, zwei monströse Gummienten mit Schwimmring an dem Stadtmöbel baumeln zu lassen.

Tatsächlich erinnerte der Streit um die vom Hamburger Bausenator Mario Mettbach projektierte Badewannen-Baustelle, der auf die Bekanntgabe des Entwurfes Anfang Mai folgte, nicht selten an Loriots Knollenmännchen-Szene "Herren im Bad". Müller-Lüdenscheidt: "Die Ente bleibt draußen." Kloebner: "Herr Müller-Lüdenscheid, ich bade immer mit dieser Ente." Müller-Lüdenscheid: "Nicht mit mir." Kloebner: "Ich kenne Sie ja erst seit heute." Bürgeraufstand, Statikdesaster, Plagiatsvorwürfe, Schrumpfungspläne: Nun hat Bausenator Mettbach offenbar kalte Füße bekommen und das Projekt "Koons am Bau" gestoppt. "Wegen der nicht vorhandenen Akzeptanz", wie er sagte. Die Ansicht, das Krangummistrapsenvieh sei höherer Blödsinn, konnte er nicht äußern: Er selbst hat es ja initiiert.

Im übrigen verweisen wir bescheiden auf München. Wie man hier eine städtebaulich disparate Freifläche durch eine Großskulptur zusammenbinden kann, zeigt Rita McBrides Entwurf "Mae West" für den Effnerplatz. Das eher abstrakt-schlichte, taillierte Metallkorsett von sechzig Metern Höhe, das bis 2009 Gestalt annehmen soll, erinnert auch an Frauenbekleidung - und an den legendären Entwurf eines Sendeturms des Avantgarde-Architekten Wladimir Schuchow (1919). Der sollte einst übrigens zum "Eiffelturm der Sowjets" werden. Aber das nur nebenbei.

holi

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