Jeff Bridges im Interview:Systeme menschlichen Glaubens

Jeff Bridges über "K-Pax", das Internet und seinen Fünfjahresplan zur Rettung der Welt

Jeff Bridges, 52, Sohn von Lloyd und Bruder von Beau, ist ein sehr guter Fotograf - und ein noch besserer Schauspieler, das ist seit Bogdanovichs "Last Picture Show" von 1971 klar. Die Filmzeitschrift Premiere kürte ihn gerade zum "underrated actor" der Ära. Denn seit den "Fabulous Baker Boys" kennt ihn zwar jeder - aber für die ganz große Karriere hat er sich einfach nicht interessiert. In seinem neuen Film "K-Pax" spielt Jeff Bridges einen Psychiater, dessen Patient Prot sich für einen Alien hält.

Jeff Bridges im Interview: undefined
(Foto: SZ v. 16.10.2002)

SZ: "K-Pax" ist an manchen Stellen fast eine Komödie. Haben Sie nicht manchmal Lust, etwas ganz Leichtes, einen richtigen Spaß-Film zu drehen?

Jeff Bridges: Ja, würde ich gerne machen. Aber ich bin so wählerisch geworden mit den Jahren, früher war ich da entspannter. Jedes Projekt, das man annimmt, raubt einem die Zeit für alles andere - ich möchte aber Zeit für andere Sachen haben, ich nehme meine Musik sehr ernst. Und gute Komödienrollen sind extrem schwer zu finden. Comedy mit guter Dramaturgie, guten Dialogen, das sieht man nicht oft im Kino.

SZ: Ansonsten scheinen Sie eher den finsteren Seiten der Welt zugeneigt. Sie haben das Hunger Network mitgegründet, das Unterernährung in den USA für eines der größten gesellschaftlichen Probleme hält. Wie lange würde es dauern, den Hunger abzuschaffen?

Bridges: Wenn man es mal richtig angeht: fünf Jahre für die ganze Welt. Und was die USA betrifft - das würde etwa acht, neun Monate dauern. Das ist mein Ernst. Als wir vor mehr als zwanzig Jahren mit dem Hunger Network anfingen, ging es um globale Probleme. Aber im Verlauf der Achtziger wurde die Armut in den USA immer gravierender, es wurden so viele Regierungsprogramme gestrichen. Also konzentrieren wir uns auf die Kampagne "Hunger Free America".

SZ: Von der amerikanischen Neigung, das soziale Netz Charity-Organisationen zu überlassen, halten Sie nichts?

Bridges: Ich denke, das ist eher Teil des Problems. Andere Nationen haben ihre Probleme mit Armut politisch gelöst. Darum geht es beim Hunger Network - das muss man politisch angehen, man muss vernünftige gesetzliche Regelungen für Mindestlöhne schaffen. Es gibt bei uns Leute, die nicht mal mit drei Jobs genug verdienen. Niemand will das sehen, es gibt fast nur dieses Beverly-Hills-Bild von Amerika, im Kino und im Fernsehen.

SZ: Haben Sie deswegen das Internet für sich entdeckt? Für "Hunger Free America" werben Sie auf Ihrer wunderbaren, handgeschriebenen Website "jeffbridges.com"...

Bridges: Die Website war ursprünglich für meine CD da, dann kamen die Zeichnungen und Fotografien. Ich finde, das Internet ist ein großartiges Forum für Kunst. Ich wünschte nur, ich würde was von der Technik dabei verstehen.

SZ: Beschränkt sich Ihre Faszination aufs Internet oder interessieren Sie sich auch für die digitale Revolution, die dem Kino bevorsteht?

Bridges: Ich denke, dass auf diesem Wege erst mal die Schauspieler abgeschafft werden. Lachen Sie nicht, Sie werden schon sehen! Mir hat jemand erzählt, Brando habe unlängst eine Rolle nicht spielen wollen, habe aber angeboten, sich ein bisschen filmen zu lassen, damit man so ein Jurassic- Park-Ding mit ihm durchzieht. Ich weiß nicht, ob die Geschichte stimmt, aber von so was sind wir nicht weit entfernt!

SZ: Sie sind ganz schön pessimistisch - es könnte ja auch sein, dass neue Distributionsmöglichkeiten das unabhängige Kino beflügeln, weil es leichter wird, Filme zu vertreiben.

Bridges: Könnte natürlich auch sein. Mir gefällt es sehr gut, dass Filme immer besser verfügbar werden. Das ist toll, obwohl ich ehrlich gesagt keine Filme im Fernsehen anschauen kann, ich brauche das Theater, die Dunkelheit, andere Menschen - ich hoffe, das geht nicht verloren. Aber es ist halt frustrierend, wenn man sich die ganze Arbeit gemacht hat, und der Film, wenn er kein Riesenerfolg ist, nur zwei Wochen lang im Kino läuft.

SZ: Nach welchen Kriterien tun Sie sich diesen potentiellen Frust denn an?

Bridges: Eine Message oder so - das ist jedenfalls nicht der Punkt. Ich fand den Roman "K-Pax" großartig, das Thema - die Erforschung der Systeme menschlichen Glaubens - hat mich interessiert: welche Prozesse ablaufen, wenn wir unsere Urteile fällen, uns für eine Meinung entscheiden, Dinge kategorisieren. Wie uns die Enge unserer Gedanken in unseren Erfahrungen behindert. Ich mache immer nur die Filme, die ich selbst gern sehen würde. Ich mag es, wenn sich Geschichten in eine unerwartete Richtung entwickeln - ich finde, das ist bei "K-Pax" so. Die Rolle des Psychiaters hat mich sofort interessiert. Einen Außerirdischen wollte ich nicht noch mal spielen, das habe ich ja in "Starman" schon gemacht. In der Romanvorlage ist das übrigens einer von Prots Lieblingsfilmen.

SZ: Da hatten Sie ja einen guten Grund, die Rolle anzunehmen.

Bridges: Nein, das war es nicht! Obwohl: Geschmeichelt war ich schon. Am Ende der Dreharbeitenbrachte mir übrigens Gene Brewer, der Romanautor, das Paket mit dem Sequel, wundervoll - ein Roman darüber, was aus dem Psychiater wird: Er wacht auf und denkt, er ist Prot. Interview: Susan Vahabzadeh

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: