Jazz:Wochenend-Groove

Terri Lyne Carrington

Familientradition: Schon Terri Lyne Carringtons Großvater trommelte bei Fats Waller und Gene Ammons.

(Foto: Tracy Love)

Das Jazz-Weekend in Unterföhring hat in diesem Jahr mit der Schlagzeugerin Terri Lyne Carrington einen Stargast zu bieten, der Musikgeschichte durchlebt hat

Von Ralf Dombrowski

Als Terri Lyne Carrington die Schlagzeugstöcke in die Hand nahm, war sie die Ausnahme. Denn noch in den Siebzigern kannte man Frauen im Jazz vor allem als Sängerinnen und Pianistinnen. Das Drumset hingegen war eine Domäne der Männer, die Muckibude der Schweißprotze, die sich oft an der Ausstrahlung der eigenen Physis labten. Auch bei Carrington stand ein Mann am Anfang ihrer Karriere, denn ihr Großvater hatte einst bei Fats Waller und Gene Ammons getrommelt. Ihr Vater spielte Saxofon und so fand sich auch ein Schlagzeug im elterlichen Heim, zum Proben oder für Sessions. Als sich das Mädchen mit sieben Jahren an die Trommeln setzte, stellte es sich schnell als ungewöhnliches Talent heraus.

Mit elf Jahren landete Terri Lyne Carrington über ein Stipendium am renommierten Berklee College. Achtzehn Monate später hielt sie ihr Diplom in der Hand und bald darauf spielte sie von Clark Terry und Oscar Peterson bis Dizzy Gillespie und Betty Carter mit zahlreichen Koryphäen des Geschäfts, die die versierte Teenagerin schon deshalb bestaunten, weil sie sich ebenso sattelfest in den klassischen Stilen wie im rockigen, souligen oder funky groovenden Umfeld bewegte. Aus der Newcomerin wurde ein Star, es folgten Preise, Ehrungen und eine gewisse Stagnation aus dem Bewusstsein heraus, so ziemlich alles erreicht zu haben.

Carrington begann, sich einzelnen thematischen Projekten zu widmen, stellte etwa das berühmte Trio-Album Duke Ellingtons "Money Jungle" aus heutiger Perspektive nach. Oder sie erarbeitete ihr "Mosaic Project", eine Frauenband als Statement mit vielen Sängerinnen als Gästen, das ihr sogar einen Grammy bescherte. Es erwies sich als international gefragt, und so folgten ein zweites Album und verschiedene Bühnenvariationen zum Thema.

Beim Jazz-Weekend im Bürgerhaus Unterföhring beispielsweise darf auch ein Mann dabei sein, der Bassist Josh Hari. Die Saxofonistin Tineke Postma hingegen gehörte schon von Anfang an zum Team, und die Pianistin Helen Sung ist eine der etablierten Künstlerinnen ihres Fachs. Den Stimmen-Part schließlich übernimmt China Moses, die sich mit reichlich Entertainment und Soul im Blut längst aus dem Schatten ihrer Mutter Dee Dee Bridgewater herausgearbeitet hat. Damit ist der Star-Samstag des Festivals gesichert, um den sich weitere Konzerte und Aktivitäten gruppieren.

In Südamerika fühlt sich das Trio Bossarenova um die brasilianische Sängerin Paula Morelenbaum zuhause. Unterstützt von Trompeter Joo Kraus und Pianist Ralf Schmid verknüpfen sie am Freitagabend, 15. Juli, 20 Uhr, im Bürgerhaus die Klangformen von Rio bis New York zu einer eigenen, eingängigen Mischung. Die Matinee am Sonntag, 17. Juli, schließlich rundet bei freiem Eintritt von elf Uhr an am S-Bahnhof das 14. Jazz-Weekend in Unterföhring ebenfalls mit Gesang und weltmusikalischen Klängen ab.

Denn Carmen Souza hat ihre Wurzeln in Portugal und auf den Kapverden, eine Kombination, die zusammen mit dem Bassisten Theo Pascal eine Prise Melancholie mit viel Afrika und reichlich Groove vermischt. Das lohnt den Weg nach Unterföhring wie auch die anderen Konzerte, die das Jazz-Weekend als pfiffigen Treffpunkt einer globalen Musikkultur präsentieren.

14. Internationales Jazz-Weekend, bis 17. Juli, Bürgerhaus Unterföhring, Münchner Str. 65, Programminformationen unter www.buergerhaus-unterfoehring.de

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