Jazz:Unvergleichlich

Sammy Lukas Nastja Volokitina Junger Münchner Jazzpreis

Ukrainische Volksmusik kombiniert mit Improvisationskunst: Nastja Volokitina und Sammy Lukas.

(Foto: Ralf Dombrowski)

Beim Jungen Münchner Jazzpreis gibt es zwei Sieger

Von Ralf Dombrowski

Wettbewerbe sind ungerecht. Sie tun so, als ließe sich künstlerisches Schaffen quantifizieren und in der Summe gegeneinander aufrechnen. Dann passiert es aber, dass es zwei Bands in ein Finale schaffen, die beide auf ihre Weise brillant, aber so überhaupt nicht vergleichbar sind. Für eine Jury bleibt dann nur, sich schmerzvoll zugunsten eines Kandidaten zu entscheiden oder die Struktur des Wettbewerbs an sich aufzuheben. Da letztere Option mehr Beteiligte glücklich macht, gibt es daher im Jubiläumsjahrgang des Jungen Münchner Jazzpreises, der diesmal in die fünfte Runde ging, eine Combo, die es auf den zweiten Platz geschafft hat und zwei weitere, die sich die Spitzenposition teilen.

Auf das etwas kleine Treppchen stieg The BassTubation. Als erste Band des Abends präsentierte sich das Darmstädter Quintett um das Brüderpaar Ole und Jan Otto Heiland mit einer atmosphärischen, aber ein wenig gebremst wirkenden Mischung aus Fusion-Elementen, soliden Modern-Jazz-Kompositionen und auflockernder Instrumentierung. Hier ein wenig Tuba, da etwas Akkordeon, dort ein sich effektvoll steigerndes Gitarrensolo - das war in der Anlage eigenständig, wirkte aber im Kontrast zu den anderen Finalisten unfrei, unentschlossen, studentisch.

Und der Kontrast zu dem darauf folgenden Duo hatte kaum größer sein können. Denn die unter anderem in Weimar ausgebildete Sängerin Nastja Volokitina und ihr Klavierpartner Sammy Lukas tauchten innerhalb weniger Momente in eine eigene musikalische Welt ein. Volokitina, die sich als Künstlerin auch Tasíya nennt, übernahm volksmusikalische Elemente ihrer ukrainischen Heimat, verknüpfte sie mit russischen, kaukasischen, stellenweise zentralasiatische Motiven und Vokaltechniken und entwickelte auf der Basis der Improvisation eine Soundwelt, die weit in die Tiefenstrukturen des Hörempfindens hineinreicht. Trotz makelloser Intonation und einer bis ins Detail perfekten Stimmtechnik schaffte sie es, eine Aura der Natürlichkeit zu vermitteln, die der Musik Persönlichkeit verlieh. Das ging auch deshalb, weil sie mit dem Pianisten Sammy Lukas einen emotional aufmerksamen und gestalterisch virtuosen Partner hat, dessen Mixtur aus Differenziertheit und dynamischer Wucht die Jury überzeugte, ihm über den ersten Platz als Ensemble hinaus auch noch den erstmals vergebenen Solistenpreis zu überreichen.

Als Dritte im Bunde und ebenfalls Abendsieger drehte das Hannoveraner Quintett des Altsaxofonisten und Oboisten Fynn Großmann das Steuerrad wieder in Richtung emphatisch jazzender Moderne. Mit dem Tenoristen Philip Dornbusch als Gegenüber und einer kommunikativ ausgezeichnet harmonierenden Rhythmusgruppe gelang es der Gruppe, der mit Ausnahme der Oboe an sich geläufigen Klangkombination eine Energie abzutrotzen, die über die bekannten Muster der Zusammenspiels hinausreichte. Zwei Sieger also, zurecht, und eine Jury, die sich den Schweiß der Entscheidung von der Stirn tupfte.

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