Jazz:Der Rhythmus New Yorks

Ottobrunner Jazzfest

Ottobrunner Klassentreffen der amerikanischen Jazzlegenden: Dave Liebman, Billy Hart, Joe Lovano, Cecil McBee, Phil Markowitz und Greg Osby.

(Foto: Jandro Cisneros)

Die Organisatoren der Ottobrunner Konzerte veranstalten nun das erste Jazzfest - mit einem beeindruckenden Künstleraufgebot zwischen Amerika und Europa

Von Oliver Hochkeppel

Schon von Anfang an, und das sind in diesem Juli genau zehn Jahre, waren die Ottobrunner Konzerte mehr, als der Titel beschreibt. Die beiden künstlerischen Leiter, der Jazzpianist Cornelius Claudio Kreusch und sein Bruder, der klassische Gitarrist Johannes Tonio Kreusch, legten die Abende der Reihe von Anfang an als Gesamtpaket an, bei dem man die Musiker nicht nur im Konzert erleben, sondern auch hinter die Kulissen ihres Berufs blicken kann. Zuletzt ging es dabei immer öfter in Richtung Festival. Und so steht jetzt nach mehreren Klavier-Gipfeln und Gitarre- oder Flamenco-Festivals das erste Jazzfest auf dem Programm, das ebenfalls eine regelmäßige Einrichtung werden soll.

Schon von den Namen her ist dieser Start vielversprechend. Am ersten der zwei Abende gibt sich bei einem "Saxophone Summit" eine New Yorker Allstar Band die Ehre, in der sich die Jazzlegenden nur so tummeln. So ist der 64 Jahre alte Tenorsaxofonist Joe Lovano seit Mitte der Siebzigerjahre erste Wahl für Stars wie Woody Herman, Mel Lewis, John Scofield, Dave Holland oder Dave Brubeck. Nicht zuletzt, weil er stilistisch nahezu ein Kompendium der Jazzgeschichte ist. Er kann einfach alles spielen. Vielfach gewann er die Kritikerumfragen des wichtigsten Jazzmagazins Downbeat. Lovano war - wie einige seiner Ottobrunner Bandkollegen Schüler und Dozent am legendären Berklee College of Music, mit dem die Ottobrunner Konzerte seit ein paar Jahren kooperieren.

Nicht weniger hoch dekoriert ist Lovanos sechs Jahre älterer Kollege an Tenor- und Sopransaxofon Dave Liebman. Bekannt wurde er in den frühen Siebzigerjahren bei Miles Davis und etwas später bei Chick Corea. Von Anfang an aber betrieb er seine eigenen Projekte und Bands, unter anderem mit Richie Beirach und vielen Europäern wie Joachim Kühn, Paolo Fresu, Michel Portal oder dem Metropole Orkest. Früh machte sich Liebman auch mit Lehrbüchern, die heute als Standardwerke gelten, und als Dozent einen Namen. In Ottobrunn wird Liebman schon am Nachmittag vor dem Konzert einen vom Jazzinstitut der Münchner Musikhochschule und von Camilo Dornier unterstützten Workshop geben, an dem man nicht nur als Saxofonist und Musiker, sondern auch als interessierter Zuhörer teilnehmen kann.

Dritter und Jüngster im Bunde der Starsaxofonisten ist der Altist Greg Osby. Nachdem er früh mit Größen wie Herbie Hancock und in Jack DeJohnettes Gruppe Special Edition gespielt hatte, gehörte er als Mitglied des M-Base-Kollektivs und mit eigenen Alben für Stefan Winters JMT-Label zu den Neuerern des Jazz der späten Achtzigerjahre. Osby öffnete sich anderen Genres wie Funk, Elektronic und Hip-Hop, ohne den Jazz-Kontext zu verlassen. Auch die Rhythmusgruppe, die den drei Saxofonisten zuarbeitet, hat es in sich. Pianist Phil Markowitz war Sideman bei Stan Getz, Chet Baker oder Lionel Hampton, Bassist Cecil McBee - mit 82 der Älteste - erregte unter anderem im berühmten Quartett von Charles Lloyd und in den Bands von Pharaoh Sanders, Abdullah Ibrahim oder Art Pepper Aufsehen. Und Schlagzeuger Billy Hart darf bei den mehr als 600 Alben, an denen er beteiligt war, auf Dutzende der zu den wichtigsten Einspielungen Gerechneten verweisen, unter anderem mit Miles Davis, Joe Zawinul, McCoy Tyner oder Wayne Shorter.

Nach dieser Konzertreise im großen Saal quer durch die Geschichte des klassischen Modern Jazz erwartet SZ-Jazzkritiker Ralf Dombrowski die US-Stars zum "Meet the Artists"-Gespräch im Ratssaal. Dort kann man tags darauf sozusagen den europäischen Teil des Jazzfests erleben. Die japanische Pianistin Aki Takase, die seit 30 Jahren in Berlin lebt und mit dem deutschen Freejazz-Veteran Alexander von Schlippenbach verheiratet ist, tritt mit ihrem Trio auf. Wie wenige andere Jazzpianisten hat Takase stets Tradition und Avantgarde miteinander verbunden, typisch etwa bei ihrem vielgelobten Fats-Waller-Projekt, wo es von klassischem Stride-Piano bis zu atonalen Ausritten ging. Insgesamt sieben Mal wurden ihre Alben mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. In Ottobrunn präsentiert sie das Projekt "Kama", was im altindischen Sanskrit für Wunsch und Begierde steht. Ihre Begleiter sind der vom Rock kommende, nun mit zeitgenössischen Jazzern wie Silke Eberhard oder Max Andrzejewski arbeitende Bassist Jan Roder und Schlagzeuger Oliver Steidle, der sich mit Bands wie dem Roten Bereich oder eigenen wie den Dicken Fingern oder der Soko Steidle vorzugsweise der Neuen Improvisationsmusik verschrieben hat.

Das Konzert wird vom Label Enja Horste Weber unterstützt, das auch einige seiner legendären LP-Covers in einer Ausstellung zeigt. Und auch hier gibt es hinterher ein Meet-the-Artists-Gespräch, durch das der Moderator Jürgen Jung führt.

1. Jazzfest Ottobrunn, Freitag und Samstag, 14. und 15. Juli, Wolf-Ferrari-Haus, Rathausstraße 2, www.ottobrunner-konzerte.com

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