Jake Gyllenhaal im Gespräch:Eine Frage des Geschmacks

Für "Brokeback Mountain" hätte er fast einen Oscar gewonnen, nun war er für den Golden Globe nominiert: Ein Gespräch mit Jake Gyllenhaal über Tipps von Dustin Hoffman und über Gelbwurst.

Marie Pohl

Jake Gyllenhaal wurde 1980 in Los Angeles geboren. Seine erste Rolle hatte er 1991 in City Slickers - Die Großstadt-Helden. 2001 spielte er die Hauptrolle in dem kultisch verehrten Fantasyfilm Donnie Darko. Sein erster kommerzieller Erfolg war seine Rolle in Roland Emmerichs The Day After Tomorrow (2004). Sein künstlerischer Durchbruch kam 2005 mit "Brokeback Mountain", als er einen schwulen Cowboy verkörperte; Gyllenhaal wurde für einen Oscar als bester Nebendarsteller nominiert und erhielt den Bafta-Award. Für seinen neuen Kinofilm Love and Other Drugs - Nebenwirkungen inklusive, der seit 13. Januar bei uns läuft, wurde Gyllenhaal für den Golden Globe nominiert. Lesen Sie hier Auszüge aus einem Interview mit der SZ am Wochenende vom 15.1.2011.

U.S. actor Gyllenhaal poses for a photograph at his hotel in central London

"Ich liebe die deutsche Küche. Bratwurst, Bockwurst, Knackwurst. Aber am liebsten mag ich Weißwurst. Ich weiß nicht, was es ist": Jake Gyllenhaal ist seit dem 13. Januar mit seinem Film Love and Other Drugs im Kino zu sehen.

(Foto: Reuters)

SZ: Herr Gyllenhaal, wollen wir uns über Geschmack unterhalten?

Jake Gyllenhaal: Geschmack? So ganz generell? Warum nicht. Mal sehen, wo das hinführt.

SZ: Sie sind ein Hollywoodstar und neben all den anderen Sachen, die die Presse über Sie schreibt, heißt es immer wieder, Sie sollen ein ausgezeichneter Koch sein. Was ist Ihr bestes Gericht?

Gyllenhaal: Ich habe mich auf keine bestimmte Küche spezialisiert. Ich koche, was gerade frisch ist, was ich auf dem Markt finde, und damit meine ich nicht den Supermarkt. Am liebsten baue ich mein eigenes Gemüse an und hole es mir kurz vor dem Essen aus dem Garten.

SZ: Welche Gemüse bauen Sie denn an?

Gyllenhaal: Momentan habe ich leider keinen Garten hier in Los Angeles. Meine Familie besaß früher ein Haus mit einem kleinen, wunderschönen Bauernhof. Wir haben es leider verkauft. Aber viele meiner Freunde an der Ostküste sind Bauern. Von ihnen bekomme ich öfters mal Naturprodukte.

SZ: Und Sie kochen ohne Rezept, einfach so nach Gefühl?

Gyllenhaal: Das ist unterschiedlich. Aber ich verrate Ihnen etwas anderes. Ich liebe Weißwurst. Das ist mein Lieblingsessen.

SZ: Weißwurst?

Gyllenhaal: Wenn ich irgendwo drehe, auf Pressetournee bin oder verreise, egal - ich finde immer und überall den Laden oder das Lokal, in dem die beste Weißwurst der Stadt verkauft wird und gehe dann hundert Mal dorthin zurück. Ich liebe die deutsche Küche. Bratwurst, Bockwurst, Knackwurst. Aber am liebsten mag ich Weißwurst. Ich weiß nicht, was es ist. Könnte das nicht an Ihren Vorfahren liegen?

SZ: Die Gyllenhaals kommen ursprünglich aus Nordeuropa.

Gyllenhaal: Väterlicherseits kommen sie aus Schweden, mütterlicherseits aus Russland und Polen. Ich denke, dass bestimmte Geschmäcker auf der DNA weitergegeben werden. Wenn ich Weißwurst esse oder Sauerkraut, dann fühlt sich der Geschmack anders an, als wenn ich etwas esse, mit dem ich aufgewachsen bin, wie Snickers. Ich kann es schwer beschreiben. Aber es geht sehr tief.

SZ: Schon mal Gelbwurst probiert?

Gyllenhaal: Nein. Was ist Gelbwurst? Ist sie gelb?

SZ: Die Schale, ja. Manche Wurstkenner sagen sogar, die Gelbwurst sei die Mutter aller Würste, weil sie so einen feinen Geschmack hat.

Gyllenhaal: Wie wird sie denn gewürzt?

SZ: Google sagt: weißer Pfeffer, Ingwer, Kardamom, Muskatnuss und Zitrone.

Gyllenhaal: Ich muss mir sofort eine Gelbwurst besorgen.

SZ: Kommen wir auf Ihre Familie zurück. Ihr Vater ist Filmregisseur, Ihre Mutter Drehbuchautorin und Produzentin, Ihre große Schwester Maggie ist eine berühmte Schauspielerin. Entertainment liegt Ihnen auch in den Genen.

Gyllenhaal: Wir sind eine sehr enge Familie. Ich habe da großes Glück gehabt.

SZ: Dustin Hoffman soll ein guter Freund Ihrer Familie und einer Ihrer Mentoren gewesen sein. Was für einen Rat hat er Ihnen für die Schauspielerei gegeben?

Gyllenhaal: Sein bester war: Mach zehn Sit-ups vor jedem Take.

SZ: Bauchmuskelübungen: Das also ist das Geheimnis von Dustin Hoffman?

Gyllenhaal: Sit-ups und eine gründliche Vorbereitung. Die ist für mich das Wichtigste überhaupt, weil sie mir hilft, meinen Kopf abzuschalten. Ich bin dann gut, wenn ich nicht so obsessiv denke, sondern einfach loslassen und spielen kann.

SZ: Schauspielerei ist wohl ein bisschen wie Tanzen. Da muss man auch viel üben und wenig denken.

Gyllenhaal: Interessant, dass Sie das sagen, weil ich Tänzer sehr verehre. Ich mache die Arbeit jedenfalls immer, bevor ich ans Set komme. Wenn ich da nämlich zu viel nachdenke, funktioniert bei mir nichts mehr. Ich versuche, mich zu zerstreuen, Spaß zu haben am Set, bis meine Szene dran kommt. Und dann setze ich all meine Vorbereitung ein: in diesem einen Moment, wenn die Kamera aufleuchtet.

SZ: Wann kommen die zehn Sit-ups?

Gyllenhaal: Die mache ich, kurz bevor ich dann die Szene spiele.

SZ: In Ihrem neuen Film "Love and other Drugs" spielen Sie Jamie Randell, einen Pharmavertreter. Was für einen Geschmack hat Randell? Stellen Sie sich solche Fragen in der Vorbereitung?

Gyllenhaal: Darüber denke ich sogar sehr viel nach.

SZ: Und?

Gyllenhaal: Ich würde sagen, sein Geschmack ist weniger ausgebildet als meiner. Für ihn geht es beim Essen weniger um Genuss als um Nahrung. Essen ist für ihn wie Benzin. Ich wette, er isst gerne Steak. Jamie Randell ist lange der Loser in seiner Familie. Dann macht er ein Vermögen mit Viagra-Pillen und kauft sich als Erstes einen Porsche.

Lesen Sie auf Seite 2, was Jake Gyllenhaal über römische Beerdigungsrituale weiß.

"Ich höre jetzt mehr auf mich"

SZ: Ist das guter Auto-Geschmack?

Gyllenhaal: In diesem Fall interessiert Randell sich nicht für das Auto, sondern nur für das Statussymbol. Der Porsche zeigt den Leuten, dass er Geld hat. Und das bedeutet für ihn, zu diesem Zeitpunkt im Film, Erfolg zu haben, es im Leben zu etwas gebracht zu haben.

SZ: Können Sie das nachvollziehen? Was ist für Sie am ehesten Erfolg?

Gyllenhaal: Ein Porsche.

SZ: Mit weißen Ledersitzen?

Gyllenhaal: Im Ernst, ich kenne so viele Menschen, die reich sind, aber ein tief unglückliches Leben führen. Man ist nur dann erfolgreich, wenn man sich ein Leben aufbaut, auf das man stolz ist. Und wenn man dabei gesund und glücklich ist. Man kann den Porsche später ja eh nicht mit ins Grab mitnehmen. Es sei denn, man ist Römer.

SZ: Römer?

Gyllenhaal: Ja, die wohlhabenden Römer der Antike haben doch alle ihre Besitztümer mit in ihre Gräber genommen.

SZ: Wie möchten Sie denn begraben werden?

Gyllenhaal: Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Aber wir wollten doch über Geschmack reden? Nicht, dass Sie mich jetzt fragen, ob ich schon mal Erde probiert habe.

SZ: Kann ein Erlebnis einen Geschmack prägen?

Gyllenhaal: Ich glaube, Erfahrungen und Erlebnisse können einen Geschmack verstärken. Ich weiß noch, einmal war ich auf einem Date, und wir aßen beide nur einen Salat. Aber ich war so verliebt in das Mädchen, dass ich dachte: Das ist der beste Salat, den ich jemals gegessen habe. Ich habe alle meine Gefühle für das Mädchen auf diesen simplen Salat projiziert.

SZ: In Deutschland gibt es sogar ein Sprichwort, das besagt, man könne mit Hilfe von Speisen ein Herz erobern.

Gyllenhaal: Klar, kenne ich, bei uns heißt das: "The way to a man's heart is through his stomach. . ."

SZ: Meine Frage wäre umgekehrt: Haben Sie mal eine Frau mit einem Abendessen erobert?

Gyllenhaal: Ich würde nicht so gerne das Wort 'erobern' benutzen. Aber es gibt sicherlich einige Frauen, die ich mit meinen Kochkünsten beeindruckt habe.

SZ: Und, was gab's da?

Gyllenhaal: Bestimmt nicht nur ein Gericht. Viele verschiedene.

SZ: Ist es Ihnen wichtig, dass eine Frau einen guten Geschmack hat?

Gyllenhaal: Sie muss nicht den gleichen Geschmack haben wie ich.

SZ: Ist das denn nicht entscheidend in einer Beziehung - wenn vielleicht nicht beim Essen, dann aber doch in Filmen, Musik, in Menschen, in der Art, wie man lebt?

Gyllenhaal: Hauptsache, sie mag etwas leidenschaftlich. Ich sehe gerne jemandem zu, der für etwas brennt. Das finde ich attraktiv.

SZ: Im Film rast Jamie Randell im Porsche der Frau hinterher, die er liebt . . . . . .

Gyllenhaal: Sie mögen diesen Porsche, he?

SZ: Klar. Und Ferraris, Jaguars, Lamborghinis. Was fahren Sie denn?

Gyllenhaal: Einen Audi.

SZ: Jamie Randell jedenfalls jagt dieser Frau hinterher. Einmal verbringt er eine ganze Nacht im Auto, um auf sie zu warten. Haben Sie schon mal leidenschaftlich für eine Frau gekämpft?

Gyllenhaal: Hm. Ich weiß nicht.

SZ: Wenn Sie je etwas Außergewöhnliches getan hätten, wüssten Sie es wahrscheinlich noch.

Gyllenhaal: Na, es war vielleicht nicht so offensichtlich dramatisch wie in diesem Film. Aber einmal war ich sehr lange verreist, ich fuhr etwa einen Monat lang durch Frankreich. Und jeden Tag kaufte ich eine Blume, steckte sie in einen Umschlag und schickte sie meiner Freundin. Bei der ersten habe ich noch etwas dazu geschrieben, dann schickte ich nur eine Blume. Immerhin. Und das jeden Tag.

SZ: Sie sind seit ein paar Wochen 30 Jahre alt. Ist Ihr Geschmack auch erwachsen geworden?

Gyllenhaal: Vor allem mache ich mir nicht mehr so große Sorgen darüber, was andere Leute denken. Manchmal entwickelt man ja einen Geschmack, weil man anderen gefallen will. Man mag etwas, weil man glaubt, oder hofft, andere mögen es auch. Aber das ist ein Geschmack, der nicht gut schmeckt. Ich höre jetzt mehr auf mich. Aber es gibt Dinge, die ich schon immer mochte und immer mögen werde.

Das vollständige Interview lesen Sie in der SZ am Wochenende vom 15.1.2011.

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