Islam und Christentum:Ich war eine Kirche

Regensburger Dom

Für den Regensburger Dom wird es wohl noch länger keine Schlüsselübergabe geben.

(Foto: dpa)

Es gibt in Deutschland immer weniger Christen und immer mehr Muslime. Sollte man da leerstehende Gotteshäuser nicht lieber zu Moscheen umwidmen, bevor man sie wie jetzt üblich abreißt oder verkauft?

Von Martin Zips

In einer Gesellschaft, in der die christlichen Kirchen mehr und mehr Mitglieder verlieren, stehen immer mehr Gotteshäuser leer. Und kosten Geld. Als Kirche kann man solche Gebäude entweder einreißen oder verscherbeln, damit andere aus ihnen Kletterhallen, Konzertsäle oder Kneipen machen. Katholische Kirchen werden dafür mit einem speziellen Ritus "profanisiert". Der Letzte bläst das vermeintlich ewige Licht aus.

Kürzlich hat Dalil Boubakeur, Rektor der Pariser Moschee, vorgeschlagen, verwaiste französische Kirchen als Moscheen zu nutzen: Mehr als 18 000 Muslime warteten auf einen Gebetsraum außerhalb von Lagerhalle und Industriezone, da wäre eine Umwidmung doch sinnvoll. Dass Kirchen zu Moscheen werden, ist nicht neu. Aber fast immer war und ist dies Folge von Krieg und Eroberung.

Gibt es auch Umwandlungen, die von den Kirchen gewünscht sind? Eher nicht. Zumindest die Vertreter der großen Konfessionen in Deutschland übergeben ihre Gebäude nicht an andere Glaubensgemeinschaften. Lieber reißen sie sie ab: Allein bei den Protestanten verschwanden so mehr als 50 Kirchen in den vergangenen 25 Jahren.

Kirchen sind spirituelle Zentren, Moscheen auch politische

Umwege sind allerdings möglich: In Hamburg veräußerte die evangelische Kirche jüngst ein leeres Gotteshaus an einen Investor, und der verkaufte es an ein Islamisches Zentrum weiter. In Dortmund, Berlin und Mönchengladbach wiederum waren es Freikirchen, die ihre Gebetsräume direkt Muslimen vermachten. So etwas birgt Konfliktpotenzial. Eine Kirche ist ein spirituelles Zentrum, eine Moschee auch ein politisches. In Frankreich folgte auf Boubakeurs Anregung der Aufschrei einiger Konservativer.

Weil man nicht mit Mitgliederzahlen argumentieren konnte, betonten Menschen wie Nicolas Sarkozy, Kirchengebäude seien ein wichtiger Teil gesamtfranzösischer Identität, auch jenseits ihrer religiösen Nutzung. Fassaden als Erinnerung an die gute alte Zeit? Michel Dubost, Bischof der Diözese Évry bei Paris, äußerte Verständnis für das Interesse der Muslime. Man kann es vielleicht so sehen: Auch die friedliche Schlüsselübergabe kann durchaus christlich sein.

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