Iran:Die Glücksritterin

Lois Pryce hat das Land mit dem Motorrad bereist - und braust mitten hinein in dessen Konflikte, denn schon eine harmlose Umarmung zwischen einem Mann und einer Frau zum Abschied kann hier ein Problem werden.

Von Monika Maier-Albang

Gespräch an der Tankstelle, lächelnde Männer reden auf eine Frau ein. "Unsere Länder müssen Freunde werden, endlich", legen die Männer Lois Pryce ans Herz. Diese Botschaft soll sie hinaustragen in die Welt, in ihre Heimat - wobei den Männern egal ist, dass die Reisende aus England stammt, nicht aus den USA. Barack Obama war da noch Präsident, einer, von dem sich auch in Iran viele viel erhofften. Freundschaft? Ein großes Wort. Unter Donald Trump würde man sich schon freuen, wenn die alten Feindbilder nicht frisch poliert würden.

Wie schnelllebig heute doch alles ist. Kaum kehrt man von einer Reise zurück, ist die Weltlage schon eine andere. Dabei muss das Buch doch erst noch geschrieben werden. Für den Roadtrip "Im Iran dürfen Frauen nicht Motorrad fahren" ist der Fortgang der Geschichte zwar etwas misslich, letztlich aber auch egal, denn die wichtigsten Beobachtungen, die Pryce auf ihrer Reise durch Iran gemacht hat, haben weiterhin Gültigkeit. Der Kern ist nicht ganz überraschend, es gibt bereits ein paar Bücher von Europäern, die jüngst wahlweise couchsurfend oder bahnfahrend Iran bereist haben. Im Ergebnis ähneln sie sich: spannendes Land, herzliche Leute, die unter einem System leiden, mit dem sie nicht konform gehen. Die Britin Pryce sieht sich auf den Spuren der britischen Forschungsreisenden Freya Stark, die 1930 das unwegsame Persien erkundet hatte. Und wählt folglich ein geländegängiges Motorrad. Das ist doch etwas Besonderes. Als Frau zumal.

Wie sich das anfühlt, als Frau verhüllt auf dem Motorrad, erfährt man ausführlich. Vor allem zu Beginn des Buchs sind Pryces Beschreibungen länglich bis zur Ermüdung. Jetzt fahr endlich!, möchte man ihr zurufen, wenn sie wieder darüber schreibt, wie kompliziert das mit dem Motorrad-ins-Land-Bringen doch alles ist. Aber ist sie dann dort, hat sich quasi warmgelaufen, wird mit jeder Seite die Selbstbeschau weniger und der Erfahrungsschatz, den sie teilt, größer.

Vor allem die Begegnungen sind spannend - mit dem Partyvolk, das sich in den Bergen trifft, mit dem alten Filmemacher, der zu Schahs Zeiten die Welt bereisen konnte. Auch bei einem angsteinflößenden Zusammenstoß mit den das Regime stützenden Basidsch-Milizen. Pryces politische Analysen sind klug, es wird keine unnötige Schurkenstaat-Rhetorik bemüht, um zu dramatisieren. Die Realität ist, nüchtern beschrieben, schlimm genug. Pryce verschweigt auch nicht, dass bei aller offiziellen Touristen-willkommen-Fassade Oppositionellen nach wie vor Folter und Hinrichtung drohen. Eine Szene erklärt besonders gut, was falsch läuft. Da nehmen Pryce und der Filmemacher Abschied voneinander. Sie würde ihn gern in den Arm nehmen, freundschaftlich, doch das sei hier "nicht drin". Wie hält man das nur aus?

Lois Pryce: Im Iran dürfen Frauen nicht Motorrad fahren ... Was passierte, als ich es trotzdem tat. Aus dem Englischen von Monika Baark. Dumont Reiseverlag, Ostfildern 2017. 336 Seiten, 16,99 Euro. E-Book 14,99 Euro.

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