Interview mit Matt Damon:"Ich werde sicher Regie führen"

Der "Bourne"-Star Matt Damon über den Einfluss, den er als Schauspieler nehmen kann, über politische Motive in Filmen und über die Autorität eines Regisseurs.

Anke Sterneborg

Bei Spielberg hatte er, noch keine zehn Jahre ist das her, eine berühmte Titelrolle, als Soldat James Francis Ryan. Ein Jahr zuvor war er "Good Will Hunting" bei Gus Van Sant, ein Jahr später "Der talentierte Mr. Ripley" bei Anthony Minghella. Fürs "Good Will Hunting"-Drehbuch, das er gemeinsam mit seinem Kumpel Ben Affleck schrieb, gab's einen Oscar.

Interview mit Matt Damon: Matt Damon spielt auch im dritten Teil der "Bourne"-Filme mit hohem körperlichen Einsatz. Und dazu gehörte nicht nur der Blick.

Matt Damon spielt auch im dritten Teil der "Bourne"-Filme mit hohem körperlichen Einsatz. Und dazu gehörte nicht nur der Blick.

(Foto: Foto: AP)

Nun hat ihn die Rolle des Jason Bourne ganz nach oben gebracht, in die 20-Millionen-und-mehr-Dollar-Kategorie der Hollywoodstars, und das Magazin "Forbes" hat ausgerechnet, dass er der Star ist, der am meisten Profit pro investiertem Dollar bringt. Aber immer noch hält Matt Damon sich fern von Hollywood - er lebt mit Frau und Kindern in Miami.

SZ: Sie haben nun nach "Ocean's Thirteen" in diesem Jahr erneut eine Rolle zum dritten Mal gespielt - ist das denn ein bisschen so, als würden Sie einen alten Freund wiedertreffen?

Matt Damon: Kann man so sagen ... Das Schöne daran ist, dass man nun Abkürzungen nehmen kann, weil man sich ein Gespür dafür erarbeitet hat, was für die Figur funktioniert. Dazu kommt natürlich, dass wir alle, die an den Filmen mitarbeiten, irgendwie Freunde sind.

SZ: In "Bourne Ultimatum" geht es auch darum, wie schwer es ist, seine Integrität zu wahren. Ist das ein Problem, das Sie aus Hollywood kennen?

Matt Damon: Nun, mittlerweile bin ich in einer unglaublich privilegierten Situation, ich kann die Filme auswählen, die ich machen möchte. Am Anfang der Karriere, wenn man verzweifelt versucht, überhaupt einen Job zu bekommen, müssen viele Leute Rollen annehmen, auf die sie nicht unbedingt stolz sind - aber das ist halt immer noch besser als zu kellnern. Nach dem Erfolg mit "Good Will Hunting" haben Ben Affleck und ich einen tollen Schub bekommen. Das ging dann langsam wieder zurück - aber nach dem ersten "Bourne"-Film strömten die Scriptangebote nur so herein.

Hier geht's zur Bildergalerie zum "Bourne Ultimatum".

SZ: Sie wählen nun konsequent Rollen aus, die den gefährlichen Einfluss von Kapital und Politik diskutieren.

Matt Damon: Naja, es ist schon gefährlich, im Werk eines Schauspielers wiederkehrende Themen zu entdecken - es sei denn, wir schreiben unsere Drehbücher selbst. Insofern profitiere ich auch von einem Klima, in dem solche politisch orientierten Filme eine größere Rolle spielen als noch vor fünf Jahren. Ich bin froh, dass ich mit dem Quentchen Einfluss und Macht, das ich habe, dafür sorgen kann, dass ein Film wie "Syriana" entstehen kann. Ich habe dafür sehr viel recherchiert und glaube, dass dieser Film die Welt widerspiegelt, in der wir leben. Ich bin immer noch der festen Überzeugung, dass Filme Diskussionen auslösen und das Bewusstsein verändern können. Und trotzdem auch unterhalten können.

SZ: Robert de Niros "The Good Shepherd", in dem Sie die Hauptrolle spielen, erzählt von der Gründung der CIA, die "Bourne"-Filme davon, wie die Arbeit der Geheimdienste inzwischen aus dem Ruder läuft. ..

Matt Damon: Wobei die "Bourne"-Filme actiongeladene Samstagabend-Popcorn-Stücke sind, während sich "Good Shepherd" ernsthaft mit der Geschichte des Geheimdienstes auseinandersetzt. Über all die Leute, die in den Anfängen der CIA dabei waren, gibt es Biographien - ich habe dazu sogar Kurse im College belegt. De Niro will noch zwei weitere Filme zu dem Thema machen. "Shepherd" ging ja bis zur Invasion in der Schweinebucht in Kuba, der zweite soll zwischen dem Bau und dem Fall der Berliner Mauer spielen, der dritte dann bis zur Gegenwart. Das werden interessante Filme, auf die ich mich schon jetzt sehr freue.

SZ: Sie haben Ihre Karriere mit dem Drehbucherfolg von "Good Will Hunting" begonnen, woran liegt es, dass Sie nicht längst Regie geführt haben?

Matt Damon: Als Schauspieler hat man ja das unglaubliche Privileg, die verschiedensten Regisseure bei der Arbeit zu erleben. Als ich mit Anthony Minghella den "Mr. Ripley" drehte, konnte ich gar nicht kapieren, warum der Mann sich nach Gus Van Sant, Coppola und Spielberg erkundigte. Dieser Mann hat all diese Oscars gewonnen und fragt mich über diese Leute aus? Das hat wohl damit zu tun, dass er sich nur auf seiner kleinen Insel bewegt, er sieht nie, wie die anderen arbeiten. In den letzten zehn Jahren, in denen ich nonstop mit all diesen tollen Filmemachern gearbeitet habe, habe ich sehr genau zugeschaut - und irgendwann werde ich ganz sicher Regie führen. Aber Regieführen kostet dich zwei Jahre pro Film, vom Schreiben des Drehbuchs über den Dreh bis zur Postproduction. Dafür müsste ich alles andere absagen - selbst wenn Paul Greengrass anruft oder Steven Soderbergh ... Das ist nicht so leicht, diesen Leuten nein zu sagen.

SZ: Und was haben Sie vor allem gelernt bei den großen Regiekollegen?

Matt Damon: Was die großen Regisseure verbindet, ist, dass sie die Arbeit als Teamwork sehen. Sie hören sehr genau zu, auch wenn einer der Handwerker einen Vorschlag macht. Und es ist ihre Aufgabe, aus 500 Vorschlägen den einen guten herauszufiltern. Und sie sehen in den anderen überhaupt keine Bedrohung ihrer Autorität. Ich hatte immer dieses Bild im Kopf vom Regisseur, der mit Zigarre und einem riesigen Megaphon im Regiestuhl sitzt und Kommandos brüllt und auf keinen hört. Doch dieses Bild, das alte Filme vermitteln, ist das Gegenteil dessen, was ich erlebt habe. Gute Regisseure sind die Anwälte aller Ideen auf einem Set.

SZ: Wie verändert sich Ihre Arbeit als Schauspieler, wenn Sie mit einem Regisseur arbeiten, der wie Paul Greengrass vom Dokumentarfilm kommt?

Matt Damon: Paul möchte, dass sich die Szene vor der Kamera entfaltet, er schreibt niemals vor, was innerhalb des Bildrahmens passieren soll. Bei ihm sieht die Kamera niemals voraus, was passieren wird, es gibt keine Warnung. In einem Bourne-Film, oder auch in "Bloody Sunday" oder "United 93" macht es "bumm", wenn eine Pistole losgeht - erst dann reagiert die Kamera darauf. Das ist sehr befreiend für mich als Schauspieler, weil man einfach das tut, was sich natürlich anfühlt. Wir sprechen die Szenen mit Klemens Becker, der die Kamera schwenkt, grob durch, aber der will oft gar nicht so genau wissen, was ich tun werde, weil ihm das die Freiheit nimmt, spontan darauf zu reagieren.

SZ: Wann haben Sie denn gewusst, dass Sie Schauspieler werden wollten?

Matt Damon: Da war ich wirklich ganz jung. Meine Mutter, die Professorin für Kindererziehung ist, sagt, ihr war das schon sehr früh klar. Ich selbst habe es seit dem 14. Lebensjahr ernsthaft betrieben. Mit 16 bin ich in die Gewerkschaft eingetreten. Meine Eltern waren eigentlich dagegen, dass ich das beruflich verfolge, aber ich war wild entschlossen. Ich hatte Filme gesehen mit Schauspielern, die ich sehr verehrte, ich hatte einen tollen Schauspiellehrer in der Highschool und habe selbst Theaterstücke geschrieben und inszeniert. Und mein bester Freund, Ben Affleck, lebte ganz in der Nähe und wollte auch Schauspieler werden.

SZ: Auf die Frage, in welchem Scorsese-Film Sie gern gespielt hätten, haben Sie mal geantwortet: "Raging Bull/Wie ein wilder Stier". Warum gerade der?

Matt Damon: Weil diese Rolle eine großartige Herausforderung für einen Schauspieler ist, weil es physisch und emotional um eine ganz große Verwandlung geht, über einen großen Zeitraum.

SZ: Das klingt ja doch ein wenig wie eine Beschreibung der Bourne-Rolle ...

Matt Damon: Durchaus ... Ich habe den ungewohnten physischen Einsatz hier echt genossen. Das hat ungeheuer viel Spaß gemacht. Weil es so anders ist, als das, was ich normalerweise mache.

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