Interview:"Diese Frau ist ein Losertyp"

Taxi; taxi

Nicht die Kuss-Szene machte Rosalie Thomass Probleme, sondern die Sprache, weil Peter Dinklage Englisch sprach, sie aber auf Deutsch antworten musste.

(Foto: Georges Pauly und B&T Film GmbH)

Sie drehte mit Marcus H. Rosenmüller ihre ersten Erfolgsfilme, landete mit "Eine ganz heiße Nummer" einen echten Hit. Nun spielt Rosalie Thomass an der Seite von "Game of Thrones"-Star Peter Dinklage die Hauptfigur Alex in "Taxi"

Interview von Josef Grübl

Kreative, die nebenbei Taxi fahren, gibt es viele. Die Hamburger Schriftstellerin Karen Duve etwa, die über ihre Taxler-Zeit sogar einen Roman schrieb. "Taxi" wurde ein Bestseller, am Donnerstag läuft dessen Verfilmung in den Kinos an. In der Hauptrolle ist die Münchnerin Rosalie Thomass zu sehen, die mit den Filmen von Marcus H. Rosenmüller ("Beste Zeit", "Beste Gegend") bekannt wurde und mit "Eine ganz heiße Nummer" einen Kinohit landete. Als coole Hamburger Taxifahrerin zeigt sich die 28-Jährige von einer völlig anderen Seite.

SZ: Was halten Sie vom Taxi-Job?

Rosalie Thomass: Ein faszinierender Beruf, man kriegt sicher viel mit und ist ständig unterwegs. Das Auto ist für die Fahrer eine Festung, letztendlich können sie auch selbst entscheiden, wen sie mitnehmen. Ich habe mich oft gefragt, wie das ist, wenn man die Besoffenen von der Wiesn abholt oder eine Hochschwangere ins Krankenhaus fährt. Taxifahrer haben oft spannende Lebensgeschichten, viele sind über Umwege zu diesem Beruf gekommen. Deswegen unterhalte ich mich gerne mit ihnen.

Kennen Sie schauspielernde Taxler?

Auf Anhieb fällt mir keiner ein. Die meisten, die ich kenne, arbeiten nebenbei in Cafés oder machen Coachings. Aber Taxifahren? Da ist der Aufwand vermutlich zu groß. Ich habe eine gute Orientierung, aber in einer Stadt wie Berlin möchte ich trotzdem keinen Taxischein machen.

Dabei trifft man in diesem Beruf die unterschiedlichsten Menschen. Gerade für Schauspieler ist das doch spannend.

Das stimmt. Mal bringt man einen supernetten Fahrgast zum Bahnhof und fährt gleich im Anschluss mit einem bornierten Schnösel weiter. Die meisten Taxifahrer entwickeln über die Jahre eine gute Menschenkenntnis, die können ihre Fahrgäste relativ schnell einschätzen. Daher lassen sie sich auch durch nichts schockieren.

Die von Ihnen gespielte Taxifahrerin Alex wirkt ebenfalls recht schockbefreit. Gefällt Ihnen das?

Natürlich. Mir hat aber vor allem zugesagt, dass sie eine besondere Frauenfigur ist. Im Film sind Frauen ja oft nur lieb und sexy. Sie machen sich ständig Gedanken darüber, wie sie den richtigen Mann finden. Diese Frau hier ist aber ein richtiger Loser-Typ, das kennt man fast nur von Männerfiguren.

Alex gibt sich extrem cool und unnahbar. Ist es schwierig, sowas zu spielen?

Das war in der Tat die größte Herausforderung. Sie hat eine harte Schale, gleichzeitig wollte ich aber sichtbar machen, was in ihr vorgeht. Grundsätzlich nähere ich mich allen meinen Figuren über das emotionale Innere, ich frage mich, warum sie sich wie verhalten. Warum macht Alex also auf cool? Das ist sie ja eigentlich überhaupt nicht. Sie kann keine Bindungen eingehen, ist einsam, aber beziehungsgestört. So wie viele Großstadtsingles heute. Keiner will mehr verbindlich sein, alle lassen nur so Floskeln los wie: "Verlieb dich lieber nicht in mich, ich weiß momentan nicht, wo ich stehe."

Dann aber kommt ihr doch jemand nah, genauer gesagt der "Game of Thrones"-Star Peter Dinklage. Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Kombination?

Das stand schon so im Buch von Karen Duve. Alex sucht sich zielsicher immer Typen aus, die ihr emotional nicht gefährlich werden. Dann trifft sie ausgerechnet diesen kleinwüchsigen Mann, der sie berührt und ihr auf Augenhöhe begegnet. Es hat lange gedauert, bis wir diesen Film drehen konnten - ich wurde schon vor Ewigkeiten besetzt. Dann hat man nach einem geeigneten Schauspieler für die männliche Hauptrolle gesucht und kam auf Peter Dinklage.

Im Kino läuft die synchronisierte Fassung. Sie haben auf Englisch gedreht?

Ja, das war eine ziemlich wilde Mischung. Jedes Mal, wenn die Kamera auf ihn gerichtet war, habe ich ihn auf Englisch angespielt. So war es für ihn leichter mit seinen Einsätzen. Wenn dann auf mich gedreht wurde, hat er Englisch gesprochen, und ich habe auf Deutsch geantwortet. Da bin ich zwischendurch auch mal durcheinander gekommen, ich musste ja alle Texte immer abwechselnd auf Deutsch und Englisch sprechen; ein gutes Gehirntraining (lacht).

Sie sind gebürtige Münchnerin, haben die letzten Jahre aber in Berlin gelebt. Wann sind Sie zurückgezogen?

Im April 2014. Beruflich ist es für mich egal, wo ich wohne, da ich sowieso immer dort hinfahre, wo die Arbeit ist. Das hatte also ganz persönliche Gründe. Ich bin jetzt in einer Lebensphase, in der ich einen Ruhepunkt brauche. Berlin ist das nicht mehr für mich. Es war eine Zeit lang toll, jetzt genieße ich es aber, wenn ich nur ein paar Meter zur Isar laufen und reinspringen kann.

Vor Kurzem haben Sie in Japan mit Doris Dörrie gedreht. Wie kam es dazu?

Wir saßen beim letzten Filmfest zweimal zufällig hintereinander im selben Film. Kurze Zeit später fragte sie mich, ob wir einen Kaffee trinken wollen. Dabei erzählte sie mir, dass sie gerade in Fukushima war.

Dort haben Sie dann auch gedreht. Hatten Sie keine Bedenken?

Erst einmal nicht. Ich dachte mir nur: Wenn Sie dort hinfahren kann, kann ich das auch. Als ich kurz vor Drehbeginn aber endlich meiner Mutter davon erzählte, wollte sie mir die Reise verbieten. Ich lachte; dafür war sie wohl zwanzig Jahre zu spät dran. Plötzlich bekam ich es aber auch mit der Angst zu tun. Ich sprach daraufhin lange mit einem Strahlenexperten, letzten Endes weiß aber niemand Genaues. In Fukushima waren wir mit einem kleinen Team unterwegs, das war eine wilde und sehr schöne Zeit. Der Film kommt nächstes Jahr ins Kino.

Als wir uns im Jahr 2007 zum ersten Mal trafen, waren Sie zwanzig Jahre alt und völlig begeistert vom Schauspielerberuf. Sind Sie immer noch so euphorisch?

Momentan kann ich nicht klagen. Ich würde daher gerne sagen, dass ich diesen Beruf bis zu meinem Lebensende machen möchte. Aber nicht zu jedem Preis. Früher gab es für mich nichts anderes als die Schauspielerei. Das hat sich inzwischen schon etwas verändert. So lange ich das Ganze in einem freundlichen und integren Zustand machen kann, ist es weiterhin mein Traumberuf. Falls ich irgendwann mal durchdrehe, möchte ich aber bitte darauf hingewiesen werden und aufhören.

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