Internetabenteuer:Verschwunden

"Life is strange" ein Spiel mit einer starken Heldin - eher selten in Computerspielen-, die auf den Spuren einer verschwundenen Kommilitonin zu aufregenden Aktionen animiert.

Von Rudolf Inderst

Das Schachtelwort "kidult" ist eine Zusammensetzung aus den englischen Wörtern "kid" und "adult" und bezeichnet Erwachsene, die sich entweder wie Kinder benehmen oder ein reges Interesse für Themen aufbringen, welche vermeintlich in erster Linie auf Kinder oder Jugendliche abzielen. So erklärt die konservative Kulturkritik den universellen Erfolg der Romanreihe " Die Tribute von Panem" damit, dass die Grenzen zwischen Jugend und Erwachsenenalter verschwimmen. Angesichts vieler wunderschön inszenierter Coming-of-Age-Kinofilme wollen wir uns von dem pessimistischen Vorwurf einer weichen Peter-Pan-Symptomatik trennen und begeben uns mit einem Computerspiel lieber in einen packenden Nostalgie-Rausch.

In dem 3-D-Abenteuerspiel " Life is Strange" übernehmen Spieler die Rolle der 18-jährigen Maxine. Durch einen Umzug verlor Maxine den Kontakt zu ihrer besten Freundin Chloe, doch nun, nach fünf Jahren, ist sie wieder zurück in ihrer Heimatstadt Arcadia Bay. Dort beherrscht ein Thema die Gespräche: das ungeklärte Verschwinden der Kommilitonin Rachel. Das Spiel ist in fünf Episoden unterteilt: Dabei stellt jeder Abschnitt einen Wochentag von Montag bis Freitag dar. Die Spielmechanik erinnert an die erfolgreichen Abenteuerspiele des Entwicklerstudios Telltale Games, wie zum Beispiel " The Wolf Among us": Spieler steuern Maxine aus der Third-Person-Perspektive frei durch eine begrenzt begehbare Spielwelt. Genretypisch können Gegenstände näher untersucht und Personen angesprochen werden, um die Handlung voranzutreiben. Spieler können zum Beispiel auf ein eigenes Mobiltelefon, ein Tagebuch sowie eine Fotokamera in ihrem Inventar zurückgreifen. Ein herausragendes Merkmal in " Life is Strange" ist die übernatürliche Fähigkeit Maxines, die Zeit zu manipulieren. Obwohl diese Form der Superkraft nicht beliebig eingesetzt werden kann, ermöglicht sie doch, kritische Stellen im Spielverlauf zu wiederholen. Überreizt Maxine jedoch ihr spezielles Talent, nimmt sie gesundheitlichen Schaden - somit bleibt gewährleistet, dass menschliche Spieler und damit gleichermaßen 18-jährige Teenager sich nicht zu digitalen, allmächtigen Göttern aufschwingen. Schon der Name der Arcadia Bay ist eine Metapher. Bereits in der Epoche des Hellenismus wurde Arkadien zum Ort des goldenen Zeitalters verklärt: Dort konnten Menschen ohne Arbeit in der idyllischen Natur glücklich werden. Wer möchte also abstreiten, dass an einem solchen Ort Magisches nur einen Tastendruck entfernt ist? Und tatsächlich: "Life is Strange" ist eine liebevolle und sensible Hommage an das Erwachsenwerden mit all seinen Stolperfallen, aber auch den fantastischen Möglichkeiten. Dass die französischen Entwickler auf eine weibliche, starke, aber gleichzeitig verletzliche Hauptfigur setzten, ist noch eher die Ausnahme in der heutigen Spielelandschaft. Positiv hervorzuheben bleibt der Soundtrack, der den Charakter des Abenteuers gekonnt einfängt und mit Bands wie Mogwai oder Local Natives verstärkt. (ab 12 Jahre)

Life is Strange. Plattform: PS4, Xbox One und PC. 29,99 Euro.

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