Internationale Literatur:Die große Mama

Internationale Autoren erinnerten in Barcelona an die im vergangenen Jahr verstorbene Literaturagentin Carmen Balcells, die dazu beitrug, Autoren wie Mario Vargas Llosa und Gabriel Garcia Márquez zu Weltstars zu machen.

Von Günter Berg

Es war 1976, als der damalige Messedirektor Peter Weidhaas zum ersten Mal einen Themenschwerpunkt für die Internationale Frankfurter Buchmesse annoncierte: Lateinamerika. Die Eröffnungsrede hielt der zu dieser Zeit beim deutschen Publikum nur wenig bekannte peruanische Autor Mario Vargas Llosa.

"Die Einführung dieser Literatur ist im deutschen Sprachbereich bisher gescheitert. ( . . . ) Um so wesentlicher, herausfordernder und verlockender ist also jetzt der Versuch, diese Literatur bei uns durchzusetzen." Das schrieb Siegfried Unseld und brach sogleich auf, Lateinamerika für Suhrkamp zu entdecken. Er hatte Michi Strausfeld als Scout und Lektorin gewonnen und innerhalb kürzester Zeit ein bemerkenswertes Programm aufgebaut. Zu den wichtigsten Autoren gehörten Juan Carlos Onetti, Julio Cortázar, José Donoso, Alfredo Bryce Echenique, Camilo José Cela, Mario Vargas Llosa, Eduardo Mendoza und später Isabel Allende, deren "Geisterhaus" zu den erfolgreichsten Büchern des Verlags überhaupt zählt.

Auch Mario Vargas Llosa würdigte hier "seine Agentin"

Den Zugang zu all diesen - und Dutzenden weiterer, weltbekannter Autoren wie Gabriel García Márquez - verschaffte den deutschen und internationalen Verlagen eine einzige Frau: die Literaturagentin Carmen Balcells in Barcelona, die im September letzten Jahres verstarb. Vorige Woche wurde ihrer Lebensleistung noch einmal gedacht, im Palau de la Musica in Barcelona vor mehreren hundert Gästen aus Politik und Kultur ihrer Heimat Katalonien sowie vor Autoren und Verlagsmenschen aus der ganzen Welt. Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa erinnerte an das außergewöhnliche Engagement "seiner Agentin", an ihre Großzügigkeit und Zähigkeit, wenn es um die Rechte der Autoren ging, Eduardo Mendoza würdigte ihre Unbeirrbarkeit mit heiteren Episoden aus ihrer jahrzehntelangen Zusammenarbeit. Die Auftritte auf der Bühne wie die nicht enden wollenden Gespräche, die sich anschlossen, erinnerten von ferne an die Frankfurter Buchmesse des Jahres 1976 und vertrieben jeden Zweifel an der Kraft und Wirkungsmächtigkeit der Literatur.

Der Verfasser leitete die Verlage Suhrkamp, Insel und Hoffmann und Campe, bevor er vor zwei Jahren eine internationale Literaturagentur in Hamburg gründete.

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