Intendantenwechsel:Theater für die Krabbelgruppe

Andrea Gronemeyer, künftige Leiterin der Schauburg, stellt ihr Konzept vor

Von Christiane Lutz

Wenn es so etwas wie ein Motto für Andrea Gronemeyers künftiges Arbeiten an der Schauburg gibt, dann ist es dieses: "Auch kleine Kinder haben ein Recht auf die ganze Kunst." Sie sagt diesen Satz nämlich gleich zweimal. Damit meint sie, dass ihr Theaterverständnis nicht so etwas wie ein Mindestalter vorsieht, von dem an ein Kind Vorstellungen besuchen darf, soll, muss. Ebenso wenig gibt es Sparten, für die ein Mensch sich altersmäßig erst qualifizieren muss. Weder fürs Sprechtheater, noch für Tanz und Oper. Das machte die künftige Intendantin der Schauburg deutlich beim ersten Kennenlerntermin am vergangenen Montag im Kulturreferat, bei dem sie ihr künstlerisches Konzept vorstellte. Es soll unter ihrer Intendanz Theater für alle Altersgruppen geben, nicht mehr ausschließlich für Schüler und Jugendliche, so, wie es der Schwerpunkt von George Podt in den vergangenen 27 Jahren war.

Gronemeyer möchte die Allerkleinsten ebenso ansprechen wie die Teenager. Für Kinder ab einem Jahr wird es erste Angebote geben, sie nennt diese natürlich nicht Inszenierungen, sondern "Forschungsreisen" und "Spielwiesen". Es werden performative Formate sein, weniger literarisch, mehr zum Mitmachen. "Warum sollten die ganz Kleinen nicht auch an der Kunst teilhaben", fragt sie. Gerade über Musik oder Tanz könne man auch Kleinkinder erreichen und sie früh mit dem Theater vertraut machen. Dabei will Gronemeyer auf keinen Fall, dass ihr Theater als weiteres Leistungsgebiet für die Kleinsten verstanden wird, auf dem diese permanent irgendwelche bildungsbürgerlichen Kompetenzen erwerben sollen. Ihr Theater soll kein Chinesisch-Unterricht sein, "es geht nicht um Leistung, es geht um Sinnesgenuss".

Intendantenwechsel: Nicht nur pädagogisch, nicht nur Kunst: In "Dreier steht Kopf", einer Inszenierung des Jungen Nationaltheaters Mannheim, geht es ums Gewinnen und Verlieren. Das Stück ist für Kinder ab vier Jahre.

Nicht nur pädagogisch, nicht nur Kunst: In "Dreier steht Kopf", einer Inszenierung des Jungen Nationaltheaters Mannheim, geht es ums Gewinnen und Verlieren. Das Stück ist für Kinder ab vier Jahre.

(Foto: Christian Kleiner)

Der langfristige Plan dahinter ist natürlich, dass Kinder, wenn das Theater von klein auf selbstverständlich dazu gehört, auch später wieder kommen. So setzt Andrea Gronemeyer auch auf die Zusammenarbeit mit Kindergärten und Schulen, es soll mobile Vorstellungen geben. "Klar hat das immer was von Zwangsbeglückung", sagt sie, doch sie weiß, dass Kinder nun mal über die Erwachsenen erreicht werden müssen, die die Tickets kaufen und Kinder oder Schüler mitbringen.

Der Kennenlerntermin ist natürlich auch ein bisschen eine Beschwichtigungsveranstaltung. Anfang des Jahres nämlich sorgten sich einige Lokalpolitiker aus dem Bezirksausschuss Schwabing-West, die Schauburg könne zu einer dieser "Mutter-Kind-Geschichten" werden und damit das Angebot für Jugendliche zum Teil verloren gehen. Gronemeyer betont, dass sie nicht vorhabe, dem Publikum etwas wegzunehmen, sondern, im Gegenteil, der Schauburg etwas Neues dazu zu geben - in Form von Oper und Tanz sowie eben Angeboten für jüngere Kinder. Kluges Sprechtheater für Jugendliche bliebe die Hauptaufgabe. Sie sei entschlossen, diesem selbst erhobenen Anspruch mit den ihr zur Verfügung stehenden Kapazitäten gerecht zu werden.

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In Mannheim leitet Andrea Gronemeyer seit 2013 das Junge Nationaltheater. Sie hat zahlreiche Preise für ihre Arbeit gewonnen, mit der sie auch die Kleinsten ansprechen will

(Foto: Michael Nagy)

Andrea Gronemeyer weiß, wovon sie spricht: Seit 2013 ist sie Intendantin des Jungen Nationaltheaters Mannheim, gründete dort die Junge Oper und vor drei Jahren gewann sie den Theaterpreis Faust in der Kategorie Regie Kinder- und Jugendtheater. Sie weiß aus Erfahrung längst, dass ihr Konzept funktionieren kann. Was laut Kulturreferent Hans-Georg Küppers einer der ausschlaggebenden Punkte war, warum man sich für sie entschieden habe.

Mit Gronemeyers Dienstantritt am 11. September wird auch ein neues künstlerisches Leitungsteam in die Schauburg einziehen. Sie bringt ihre Pressesprecherin aus Mannheim mit sowie sechs neue Schauspieler. Auch das hatte den Bezirksausschuss entrüstet, ist bei Intendantenwechseln allerdings absolut üblich. Mitarbeiter der Technik oder Ausstattung werden bleiben. Über die Sommerpause wird im Haus einiges umgebaut, so entsteht unter dem Dach ein Studio für Theaterprojekte, an denen Kinder aktiv beteiligt sein sollen. Das Bistro im Untergeschoss lässt sie zu einer Spielstätte für die ganz Kleinen umbauen. Die Zuschauer können künftig an einem Kiosk im Foyer Kleinigkeiten essen und sich dort auch gemütlich aufhalten und austauschen. Am 24. Mai stellt sie ihren Spielplan im Kulturausschuss vor.

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