Im Kino: Zombieland:Leben mit Untoten ist machbar

Hier hat jemand das Genre verstanden: Der Film "Zombieland" verwandelt die gesetzlose neue Welt in einen Vergnügungspark.

Doris Kuhn

Das Nette an Zombies war immer schon, dass sie nicht die Hellsten sind. Sabber und Blut läuft ihnen aus allen Poren, und man kann ihnen leicht von hinten eins mit der Pfanne überziehen. Falls man sich traut. Was leider die wenigsten tun - denn meistens ist das Geschrei groß und die Sterblichkeitsrate hoch. Die Zombies gewinnen durch schiere Masse, und dann ist alles voll mit Autowracks und verwaisten Supermärkten.

Zombieland

Besonders schön ist in "Zombieland" der Blick auf Hollywood: Vielleicht wäre es die beste Lösung, den ganzen Kram von Zombies verwüsten zu lassen.

(Foto: Foto: Filmverleih)

So weit kommt es auch in Ruben Fleischers "Zombieland" recht schnell. In einer lauten, wilden Anfangssequenz wird nicht bloß knapp erklärt, dass wieder einmal ein Virus Schuld an allem hat. Der Film nimmt auch dessen Auswirkungen mit Karacho ins Bild - kleine Mädchen im rosa Rüschenkleid betrachten ihre händeringenden Mütter plötzlich als leckere Zwischenmahlzeit. Man sieht: Hier hat jemand das Genre verstanden.

Diesen Auftakt überlebt zunächst nur ein Junge mit scharfer Beobachtungsgabe und Hang zum Selbstgespräch. Zu seinen hervorstechendsten Eigenschaften gehören Feigheit und Intelligenz. In der Highschool hat ihm das wenig weitergeholfen, jetzt ist es von Nutzen. Systematisch, wie er ist, stellt er etwa vierzig sinnvolle Regeln für die Koexistenz mit den Untoten auf. Der Indie-Filmstar Jesse Eisenberg liefert mit dieser Figur einen Gegenentwurf zu den Hochglanzhelden des neuen Teenagerfilms: kein böser Junge zwar - aber er träumt wenigstens davon, einer zu sein.

Woody Harrelson spielt den zweiten Überlebenden, der genau andersherum tickt: Nichts tut er lieber als ein paar Zombies zu verdreschen. Schusswaffen meidet er dabei, das wäre ihm zu einfach. Bald treten auch zwei junge Mädchen auf den Plan, und von nun an rückt die Gruppendynamik der vier in den Vordergrund. Woody Harrelson wirkt ein wenig überfordert von der Jugend - während die Bande Richtung Los Angeles trödelt, gibt es einen ein Culture-Clash der Generationen. Im Land der Zombies kommen sie aber alle besser zurecht als vorher - allein die Aufgabe, sich mit anderen Menschen auseinanderzusetzen, gewinnt nun eine schöne Dringlichkeit.

Es gibt Hoffnung

Die verschiedenen Arten der Kontaktaufnahme sind lustig und seltsam und manchmal sentimental, aber eins der Mädchen ist erst dreizehn, das trägt dazu bei, dass jede Gefühlsduselei unterbleibt. Die vier werden einander zur Familie, hauptsächlich, indem sie genug Bereitschaft zeigen, das post-apokalyptische Amerika nicht als Schrecken, sondern als Verheißung zu sehen. Die Anarchie, mit der sie die Möglichkeiten nutzen, die neue, gesetzlose Welt in einen Vergnügungspark verwandeln, ist eine Art Glamrock-Version von "Herr der Fliegen".

Ruben Fleischer, der Regisseur, hat sich bisher durch eine Dokumentation über "Gumball 3000", ein berüchtigtes illegales Straßenrennen in Europa, hervorgetan - und durch drei Staffeln einer MTV-Show. Außerdem kann man im Internet einige seiner Musikclips und fiktiven Werbespots angucken. Gerade an seinem ersten Spot, einem Video über Klopapier, sieht man schon, was an "Zombieland" so gute Laune macht: Der Mann findet selbst an Allerweltsthemen noch eine unerwartete Seite. Das liegt zum einen an der Respektlosigkeit seines Blicks, zum andern aber daran, dass er auch das Abgedroschenste so aufmerksam ansieht, als wäre es neu und sonderbar. Das funktioniert: Neu und sonderbar blicken die Dinge zurück.

Besonders schön ist in "Zombieland" der Blick auf Hollywood, der wirklich direkt auf den Ort gerichtet wird, auf Luxusvilla, Kino, Star. Und der, wenn er wie hier von Teenagern ausgeht, ziemlich realistische Verständnislosigkeit bereithält für etwas, das plötzlich aussieht wie ein völlig überaltertes Bild von Glamour. Hier stellt sich eine Ahnung ein, dass sich die bestehenden Verhältnisse tatsächlich ändern könnten, und vielleicht wäre es die beste Lösung, den ganzen Kram von Zombies verwüsten zu lassen. Denn man kann, wie man nicht zuletzt auch an "Zombieland" sieht, Filme durchaus auch visuell noch unterhaltsamer gestalten als das, was Hollywood gemeinhin so einfällt. Ob auf diese Weise auch die Welt gerettet werden kann? Es gibt jedenfalls Hoffnung: Ruben Fleischer plant schon "Zombieland 2". Diesmal sogar in 3D.

ZOMBIELAND, USA 2009 - Regie: Ruben Fleischer. Buch: Rhett Reese & Paul Wernick. Kamera: Michael Bonvillain. Mit Woody Harrelson, Jesse Eisenberg, Emma Stone. Sony Pictures, 88 Minuten.

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