Im Kino: The Messenger:Kein guter Tag

Starke Dialoge, aber Macho-Posen: "The Messenger" heroisiert die Trauernden und die Traumatisierten des Irakkriegs.

André Weikard

"Wünschen Sie keinen guten Tag", bekommt Will (Ben Foster) am ersten Tag seines neuen Jobs eingebläut, "denn es wird kein guter Tag werden." Der Irak-Veteran soll in den letzten Monaten seines Militärdienstes den Boten spielen, in einer Spezialeinheit, die Angehörigen den Tod im Irak gefallener Soldaten mitteilt.

Film 'The Messenger' jetzt im Kino

In "The Messenger" bringen Woody Harrelson (re.) und Ben Foster (li.) den Angehörigen von gefallenen Soldaten die Nachricht vom Tod in US-Kriegseinsätzen.

(Foto: ap)

Der Auftrag ist heilig, sagt Captain Tony Stone (Woody Harrelson), der Vorgesetzte mit dem schmalen Oberlippenbart, und drückt Will einen Leitfaden in die Hand. Der Text wird auswendig gelernt, der Name des Gefallenen an den entsprechenden Stellen eingefügt. Es gilt schnell zu sein, schneller als die Presse.

Wenn die Knie weich werden

Will taugt für dieses Geschäft nicht, ein Invalide, der sich ständig Flüssigkeit ins versehrte Auge tropft. Er trinkt, schläft auf dem Fußboden, isst aus Dosen. Aber er nimmt Haltung an und klingelt. Die Tür geht auf und eine schwangere Frau steht da, oder eine Mutter, die in Tränen ausbricht: "Nicht mein Baby!"

Wenn die Knie weich werden, wackelt das Bild. Eine unruhige Handkamera müht sich daran, Gesichter abzutasten, die ganz aus der Ordnung geraten sind. Will schüttelt hilflos Hände und betet seinen Text herunter, ob er nun beschimpft oder angespuckt wird. Nur Berührungen, die sind verboten. Meist hält Will sich daran.

Nur bei Olivia (Samantha Morton) tut er es nicht. Er hilft der Frau, die durch ihn erfuhr, dass sie Witwe ist, das Auto zu reparieren, trägt ihre Umzugskisten. Aber so nahe die beiden sich auch gegenüberstehen, in der Küche, in der Garage, zum Kuss kommt es nie. "Jetzt, wo er tot ist, liebe ich ihn wieder", sagt sie vom gefallenen Mann.

Oren Moverman, gebürtiger Israeli und ehemaliger Soldat, bestand darauf, die Geschichte einer Männerfreundschaft zu erzählen. Das gefiel Sydney Pollack nicht, der ursprünglich Regie führen sollte, sich aber mit dem Drehbuchautor Moverman nicht einigen konnte und sich aus dem Projekt zurückzog. Moverman übernahm selbst die Regie.

Nun ziehen Will und Tony durch die Bars, reißen Frauen auf, prügeln sich, laufen im blutverschmiertem Unterhemd bei der Hochzeit von Wills Ex-Freundin auf und machen den Milchbubi-Ehemann lächerlich, der sich nicht anders zu helfen weiß, als mit einem Toast auf die tapferen Männer, die im Irak ihr Leben einsetzen.

Wenn die Tränen kommen

Der Film, der im deutschen Untertitel "Die letzte Nachricht" heißt, heroisiert die Trauernden und die Traumatisierten. Will schenkt Olivias Sohn die Fahne seiner Einheit, und Steve Buscemi entschuldigt sich als trauernder Vater bei den Todesboten, dass er im ersten Moment so aus der Fassung geraten ist. Keine Stelle im ganzen Film, in der hinterfragt würde, wofür all die Männer gestorben sind.

Movermann und sein Ko-Autor Alessandro Camon wurden für ihr Drehbuch auf der Berlinale 2009 mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet und für einen Oscar nominiert. Das geht in Ordnung, weil "The Messenger" mutig auf seine Figuren und auf starke Dialoge setzt.

Trotzdem ist das Buch auch mitverantwortlich für verklärte Macho-Posen und ein unentschlossenes Happy End. Am Ende sitzen Tony und Will auf dem Sofa, in einer langen Einstellung reden sie zum ersten Mal über ihre Erlebnisse im Krieg. Mitten im Kameradschaftsritual mit Flaschenbier kippt die Stimmung. Will erzählt, wie er einen Verwundeten aus der Schusslinie schleppt, nur um ihn dann direkt auf einer Mine abzulegen.

Der Held hat niemanden gerettet. Aber er weiß, wann er zu gehen hat. Dann, wenn die Tränen kommen.

THE MESSENGER, USA 2009 - Regie: Oren Moverman. Buch: O. Moverman, Alessandro Camon. Mit: Woody Harrelson, Ben Foster, Jena Malone, Samantha Morton. Senator, 113 Minuten.

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