Im Kino: Mathe-Thriller "21":Die List der Zahlen

Champagner, Armani und maximaler Spaßfaktor: In Robert Luketic' Film "21" greifen Mathegenies die Casinos in Las Vegas an.

Anke Sterneborg

Mal ehrlich: Einen Mann mit dem schönen Namen Micky Rosa würde man eher in der Halbwelt der Gangster und Betrüger vermuten als im Vorlesungssaal eines amerikanischen Colleges. Und wenn jemand wie Kevin Spacey einen Mathematikprofessor spielt, sollte man ohnehin auf einen doppelten Boden gefasst sein. In der Tat nutzt Professor Rosa seine Unterrichtsstunden für ein Ausleseverfahren der besonderen Art. Statt guter Noten offeriert er den Besten seiner Klasse den Zutritt zu einem erlesenen Geheimbund. Dort bringt er ihnen bei, wie man die Regeln des Glücksspiels am Blackjacktisch mit reiner Mathematik manipulieren kann - mit einem ausgeklügelten System von Zahlenordnungen, Geheimcodes und Handzeichen, das die Casinobosse von Las Vegas das Fürchten lehren soll.

Im Kino: Mathe-Thriller "21": Kate Bosworth als Jill Taylor und Jim Sturgess als Ben Campbell in dem Film "21" von Robert Luketic.

Kate Bosworth als Jill Taylor und Jim Sturgess als Ben Campbell in dem Film "21" von Robert Luketic.

(Foto: Foto: Sony/ddp)

Mit dem Ernst des Lebens hat der australische Regisseur Robert Luketic nicht viel am Hut, ihn interessiert klar der Spaßfaktor des Kinos. Und doch schwingen unter den Oberflächen seiner Komödien wie "Natürlich blond!" und "Das Schwiegermonster" durchaus subversive Untertöne mit, eine frivole Lust am Widerstand gegen die Erwartungen, wenn sich beispielsweise ein scheinbar ganz auf Äußerlichkeiten konzentriertes Rosa-Rüschen-Mädchen als gewiefte Anwältin entpuppte. Hier reizt ihn der reale Fall einiger College-Studenten, die in den neunziger Jahren den Bostoner Schulalltag gegen den glitzernden Glamour von Las Vegas tauschten und die Casinos um Millionen erleichterten.

Den spannenden Thriller, von dem Ben Mezrich in seinem Bestsellersachbuch "21 (Bringing Down the House)" erzählte, vernachlässigt er zugunsten eines ausgelassenen Vergnügungstrips an die Ursprünge des Kinos in Jahrmarkt und Budenzauber. Mit rasanten Kameratricks, explosiven Computereffekten und Großaufnahmen von Chips und Karten beschleunigt er die monotonen Abläufe von Geben und Nehmen am Spieltisch im Rhythmus fideler Popsongs. So bringen die Mathegenies die drögen, grauen Zahlen zum Tanzen, verwandeln sie in seidige Armani-Stoffe, perlenden Champagner und knisternde Erotik. Natürlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Kluft zwischen den verschiedenen Welten das System sprengt.

Der Engländer Jim Sturgess spielt den jungen Neuzugang in Micky Rosas Geheimbund, und dass ihm der Spagat zwischen dem schüchtern-linkischen Bostoner Nerd und dem coolen Las Vegas-Lebemann so spielend gelingt, hat vermutlich auch damit zu tun, dass dieses Szenario ganz gut seine eigene Situation als Schauspieler an der Schwelle zum großen Erfolg wiedergibt - nach seinen Rollen als naiver Reisender durch das Beatles-Universum in "Across the Universe" und als enthaupteter Boleyn-Bruder in "Die Schwester der Königin".

In den gut zehn Jahren, die seit den realen Ereignissen vergangen sind, hat sich freilich in Las Vegas einiges verändert: So wie den Jungs um Danny Ocean drohen auch Micky Rosas Truppe die modernen biometrischen Computerprogramme, die zwischen der echten Überraschung der Zufallsgewinner und der falschen der Betrüger zweifelsfrei unterscheiden können. Umso unerbittlicher kämpft Laurence Fishburne als letzter der alten Casino-Detektive um seine Daseinsberechtigung. Statt eines finalen Showdowns dreht sich das Kinokarussell in immer neuen Volten um betrogene Betrüger auf beiden Seiten. Die Casinos hingegen gewährten erstaunlich bereitwillig eine Drehgenehmigung für diesen Film, der von ihren Verlusten erzählt - ganz einfach weil eine Geschichte, in der mal nicht die Bank gewinnt, die Hoffnungen aller potentiellen Spieler anheizt.

21. USA 2008 - Regie: Robert Luketic. Buch: Peter Steinfeld, Allan Loeb. Kamera: Russell Carpenter. Mit Jim Sturgess, Kevin Spacey, Kate Bosworth, Laurence Fishburne. Sony Pictures, 123 Minuten.

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