Im Kino: "Die Frauen":Ich hasse deinen Friseur

Vier Frauen mit Shopping-Macke, bei denen sich alles um Männer dreht - wem kommt der Plot bekannt vor? Da können auch Meg Ryan und Eva Mendes nichts mehr reißen.

S. Vahabzadeh

Vier Freundinnen in New York, zwischen Shopping, Karriere und Männerproblemen? Der Plot kommt einem irgendwie bekannt vor, aber Diane English hat ihn nicht etwa einer der erfolgreichsten Fernsehserien der letzten Jahre entliehen, sondern George Cukors Film "Die Frauen", 1939, elegante Avantgarde, ein Film, in dem es immer nur um Männer geht, aber nie einer zu sehen ist; sogar die Haustiere der Protagonistinnen sind weiblich. Und nichts ist schöner als Frauen unter sich: "Liebes, du musst unbedingt zu meinem Friseur gehen. Wer immer deine Haare macht - ich hasse ihn."

meg ryan the women ddp

Eva Mendes spielt die opportunistische Schlampe Crystal, Meg Ryan die enttäuschte Mary.

(Foto: Foto: ddp)

Die Eckdaten der Geschichte sind heute die von damals: Sylvia Fowler bekommt im Schönheitssalon mit, dass Stephen Haines, der Mann, mit dem ihre beste Freundin Mary mit Hingabe verheiratet ist, sich mit einer anderen Frau eingelassen hat, Crystal. Auch wenn die Bilder sich gleichen - die moderne und die alte Crystal drangsalieren ihre Mitmenschen beispielsweise von der Badewanne aus -, ist es nicht dasselbe. Joan Crawford war 1939 eine Leinwandgöttin, die mit Leidenschaft Ekelpakete spielte, fiese berechnende Biester. Gemessen daran ist die opportunistische Schlampe, die Eva Mendes als Crystal gibt, harmlos, viel zu faul für eine große Intrige. Und wenn im neuen Film die wunderbaren Kabbeleien fehlen zwischen Sylvia und ihrer Gymnastiklehrerin, dann liegt das daran, dass es heute nicht mehr üblich ist, unbedeutenden Nebenfiguren gute Gags zu schreiben.

Vierzehn Jahre lang hat Diane English, großer Fan von Cukors Film und überzeugte Feministin, an diesem Projekt gearbeitet, bis endlich ein Film draus wurde - der allerdings den Eindruck macht, als habe sie einen zentralen Punkt dieser Geschichte unbedingt verdrängen wollen: dass nämlich diese nicht mehr ganz jungen Frauen in jeder Sekunde von Männern bestimmt sind und von Angst erfüllt, das könne sich ändern. Meg Ryans lahmer Mary nimmt man dann tatsächlich gar nichts ab - außer dem Elend, in dem sie sich suhlt, als der unsichtbare Stephen mit dem Ladenmädel Crystal durchgebrannt ist.

Zeitgeistlos

Diane Englishs größtes Ding war die Fernsehserie "Murphy Brown" - Candice Bergen (hier als Marys Mutter dabei) als Washingtoner Journalistin auf Krawallkurs in der Bush-Sr.-Ära. Man würde den vier Grazien in "The Women" ein wenig von Murphys kluger, kratzbürstiger Streitsucht wünschen. Die Einzige im Quartett, die Persönlichkeit entwickelt, ist Annette Bening als Karrierefrau Sylvia: nicht böse, sondern gehetzt und unter Druck gesetzt, nicht glattgebügelt, sondern ein wenig abgespannt und versehrt; so, wie einen das Leben hinterlässt, wenn es nicht immer einfach war.

Es wäre klüger gewesen, das Original noch viel weiter hinter sich zu lassen, als es Diane English getan hat - die frivolen Luxuswelten, mit denen sich Cukor damals einen Spaß erlaubte, wirken heute schal, aber ihre Unschuld haben sie verloren. Die Fifth-Avenue-Zombies wurden längst als Prada-Teufel und Nanny-Quälerinnen enttarnt, und vier Frauen mit einer Shopping-Macke - tja, das sieht neben "Sex and the City" schnell auch noch prüde aus.

Vielleicht war Cukors Version besser, weil sie weniger wollte - sich auf gleichermaßen perfide wie liebevolle Art ein wenig lustig machen über das andere Geschlecht. English versucht einen seltsamen Balanceakt und fällt dabei auf die Nase, die erzwungene Verbindung zwischen Dreißigerjahre-Glamour, einem Plot aus entrückten moralischen Zusammenhängen und Neuzeitangleichung beschert dem Film leider nur dämliche Sprüche.

Wenn beispielsweise Mary, vom bösen Gatten verlassen, ihre erste eigene Modenschau präsentiert und plappert "endlich habe ich etwas aus eigener Kraft geschafft", wo sie doch kurz zuvor ihre Ostküsten-Geldadel-Mutter angepumpt hat - eine moderne Dialogzeile aus dem Mund einer sehr altmodischen Frau.

THE WOMEN, USA 2008 - Regie: Diane English. Buch: Diane English, nach Clare Boothe Luces Stück. Kamera: Anastas Michos. Mit: Meg Ryan, Annette Bening, Eva Mendes. Constantin, 114 Min.

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