Im Kino: Die etwas anderen Cops:Jungs mit Holzpistole

Lesezeit: 3 min

Mit Terry und Allen schlägt die Stunde jener Polizisten, denen man immer die dröge Papierarbeit auf die Schreibtische drückt: Das Genre Cop-Buddy-Filme ist so gut wie tot, aber Adam McKay hat es kräftig neubelebt.

Fritz Göttler

Das ist, als würde man in einer riesigen Vagina rumkurven, sagt der Polizeidetektiv Terry Hoitz, als er beim Kollegen in dessen rotem Toyota Prius sitzt - ein Wagen, der fürwahr nicht besonders repräsentativ ist für ein hitziges New Yorker Cop-Movie. Mark Wahlberg spielt Terry mit traurig-aggressivem Dackelblick, als erschütternde Studie eines tiefsitzenden Minderwertigkeitskomplexes. Zu dem er auch wirklich allen Grund hat - das große Missgeschick seiner angehenden Polizistenkarriere war, dass er versehentlich bei einem entscheidenden Spiel Derek Jeter angeschossen hat, den Yankees-Baseballstar, und der Stadt einen Titel versaute. Und dann bringt ihn der Auftritt von Dr. Sheila Gamble restlos aus der Fassung, so cool und flamboyant - davon später mehr.

Terry (Mark Wahlberg)und Allen (Will Ferrell) sind other guys, die die nicht die Klappe aufreißen. Und Allen ist es mit Leib und Seele, ohne jedes Verlangen nach einem Straßeneinsatz, kerzengerade sitzt er an seinem Computer und tippt munter all die Berichte ein. (Foto: dapd)

Inzwischen gehört Terry zu den other guys, den Cops aus der zweiten Reihe - die ganz anders sind als man sie in den diversen Copfilmen erlebt. Ganz anders zum Beispiel als Samuel L. Jackson und Dwayne Johnson, die zu Beginn des Films rasant zur Sache kommen, bei ihren Einsätzen dutzendweise Autos verschrotten und auch vor einem Touristenbus nicht zurückschrecken. Ein Einsatz, der Millionen Dollar kostet, für ein paar Lockenköpfe mit einer kleinen Koksration, der aber irre spektakulär ist und sie zu den Stars des Reviers macht. Das war Klasse, erinnert sich der Regisseur Adam McKay, als Jackson und Johnson zusagten und bereit waren, nach einer Viertelstunde draufzugehen. Bei einem völlig falsch kalkulierten Einsatz springen die beiden munter in den Tod.

Nun schlägt also die Stunde der other guys. Jener Kollegen, denen man immer die dröge Papierarbeit auf die Schreibtische drückt, die die Schnauze zu halten haben, wenn die Maulhelden sich vor den Kollegen produzieren, denen man - wenn sie sich mal wieder tölpelig angestellt haben, die Dienstwaffe wegsperrt und mit einer Holzpistole ausstattet. Terry und Allen Gamble - der mit dem Prius, er wird gespielt von Will Ferrell - sind solche other guys, und Allen ist es mit Leib und Seele, ohne jedes Verlangen nach einem Straßeneinsatz, kerzengerade sitzt er an seinem Computer und tippt munter all die Berichte ein.

Das Genre ist so gut wie tot, sagt Adam McKay von den Cop-Buddy-Filmen, aber zusammen mit seinem Kumpel Will Ferrell hat er es nun kräftig neubelebt, inspiriert von den Meistern John Woo und Sidney Lumet. Gemeinsam haben die zwei die irrwitzigen Filme "Anchorman - Die Legende von Roy Burgundy", "Talladega Nights: The Ballad of Ricky Bobby" und "Step Brothers/Stiefbrüder" gemacht. Sie kennen sich von der TV-Serie "Saturday Night Live", die McKay zwischen 1995 und 2001 kreativ bestimmte, und gemeinsam sind sie auch verantwortlich für die ätzenden Auftritte von Ferrell als George W. Bush.

Ferrell und McKay nehmen das Genre absolut ernst, es findet sich keine Spur von Satire oder Parodie oder Klamauk in den "Other Guys". Die amerikanische Komödie kann derb und dreist und gemein sein, aber sie lässt zugleich eine unglaubliche Würde und Wehmut ihren Figuren zukommen. Sie sind melancholisch, verletzlich, aber irgendwie behütet im Komödien-Kokon. Die traumwandlerische Sicherheit, mit der amerikanische Helden sich durch die Geschichte bewegen, in den Komödien hat sie ihren vollkommenen Ausdruck gefunden.

Einmal sieht man Ferrell und Wahlberg in einer Bar den großen Fall besprechen, dem sie sich nun widmen - ein irischer Pub, in dem ein paar alte Männer leise ihre alten Lieder singen, und plötzlich legt einer Ferrell die Hand auf die Schulter. Einen Moment, sagt der zu Wahlberg, jetzt bin ich dran, er dreht sich um und singt zwei Strophen: I gave my love to Erin, she promised to be true ... Dann besprechen sich die beiden weiter, und es geht dabei nicht mehr um Koks oder Einbrüche wie in den Copfilmen sonst.

Inzwischen ist die Wall Street der Schauplatz der neuen Verbrechen, mit dem schmierig-smarten Steve Coogan als einem other Gekko. Ja, das sei durchaus politisch in diesem Film, sagt Adam McKay, aber da wir ja alle wissen, dass man uns systematisch ausgenommen hat, und alle den gleichen Ekel darüber verspüren, ist es auch schon wieder unpolitisch.

Der reine Somnambulismus, der reine Surrealismus ist am Ende der Umgang, den Männer und Frauen miteinander haben. Natürlich wird Terry von Allen auch nach Hause eingeladen. Sie müssen Terry sein, sagt Sheila Gamble, als sie aus der Küche auftaucht, eine Flasche in der Hand, der sie mit einem sanften Plop! den Korken entzieht. Eva Mendes ist Sheila! Wer ist das, fragt Terry entgeistert, na meine Frau, erwidert Allen, und zu Sheila: Siehst du nicht, dass wir gerade in einer Besprechung sind, wenn du da angezogen wie ein Hobo reinkommst, lenkt das wirklich ab ... Nun mal im Ernst, schaltet sich Terry wieder ein, wer ist das?

THE OTHER GUYS, USA 2010 - Regie: Adam McKay. Buch: Adam McKay, Chris Henchy. Kamera: Oliver Wood. Musik: Jon Brion. Schnitt: Brent White. Mit: Will Ferrell, Mark Wahlberg, Eva Mendes, Michael Keaton, Steve Coogan, Ray Stevenson, Samuel L. Jackson, Dwayne Johnson, Adam McKay. Sony, 107 Min.

© SZ vom 15.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Was aus Stars geworden ist
:Und raus bist du

Nicht jeder, der es als Kind oder Jugendlicher mal zu ein wenig Ruhm gebracht hat, schafft es, auch als Erwachsener ein Star zu bleiben. Viele geraten in Vergessenheit. Oder wann haben Sie das letzte Mal von Jennifer Grey gehört?

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: