Im Kino: Adam McKays "Stiefbrüder":Monster im Kinderzimmer

Die Muttersöhnchen Amerikas: Will Ferrell und John C. Reilly unterbieten sich in "Stiefbrüder" gegenseitig mit den miesesten Gags.

Rainer Gansera

Oft sieht man eine amerikanische Komödie und denkt sich: dümmer geht's nimmer. Aber irgendwer schafft es dann doch. Auch dann ist noch zwischen lustig-doof und doof-doof zu unterscheiden. Wie vulgär, anal fixiert, sadistisch und grenzenlos geschmacklos es geht, zeigen Will Ferrell und John C. Reilly - die beide immerhin durch die Schule der legendären TV-Comedy "Saturday Night Live" gegangen sind - nun mit gnadenloser Konsequenz.

Im Kino: Adam McKays "Stiefbrüder": John C. Reilly (links) und Will Ferrell teilen sich in "Stiefbrüder" ein Kinderzimmer.

John C. Reilly (links) und Will Ferrell teilen sich in "Stiefbrüder" ein Kinderzimmer.

(Foto: Foto: ddp)

Die Ausgangsidee von "Stiefbrüder" klingt hübsch irrwitzig: zwei Männern in den Vierzigern als Couch-Potato-Kids. Im Entwicklungsprozess der beiden ist etwas fundamental danebengegangen. Sie hängen arbeitslos in ihren nestwarmen Elternhäusern herum, ergötzen sich am Fernsehprogramm und knabbern Nachos mit Schmelzkäse. Der eine, Brennan (Ferrell), ist das sprichwörtliche Muttersöhnchen, der andere, Dale (Reilly), Sohn eines gestrengen Vaters, entspricht eher dem Rowdy-Typ. Als die Eltern der beiden (Mary Steenburgen und Richard Jenkins) heiraten, sind Brennan und Dale gezwungen, gemeinsam in ein Kinderzimmer zu ziehen, was zu absehbaren Katastrophen führt.

Regisseur Adam McKay hat aus dieser Idee ein enervierendes, endlos in Vulgaritäten dümpelndes Ein-Gag-Konzept gemacht. Anfangs produziert es noch einige Lacher, dass zwei Männer, die sich psychisch und mental auf dem Entwicklungsstand von siebenjährigen Jungs befinden, aufeinander losgelassen werden. Brennan und Dale gehen sich rabiat an den Kragen, versuchen einander mit Baseballschlägern und Spaten umzubringen. Dann wird das Konzept zur Qual, als sie ihre gemeinsamen Vorlieben für Pornohefte, Fäkalwitze und das Chewbacca-Monster aus "Star Wars" entdecken. So werden sie Freunde und kümmern sich vereint darum, dass die Eltern, die sich in Erziehungsfragen nicht einig werden und die Scheidung einreichen, wieder zusammen finden.

Ein Infantilitäts-Alptraum

Goofball-Comedys haben - vom Slapstick der Stummfilmzeit über Jerry Lewis bis zu den besseren Jim Carrey-Filmen - eine ehrwürdige Tradition. Der Trottel-Held spiegelt eine groteske Welt, und der Darstellungsstil kultiviert eine physische Komik, die sich aus den Reibungen zwischen Helden-Ungeschick und dem widerspenstigen Normaluniversum ergeben. Von "Welt" oder "Stil" ist in "Stiefbrüder" allerdings nichts zu finden.

McKay nudelt das Mann-Kind-Motiv in läppisch improvisatorischer Sitcom-Manier durch, kapriziert sich auf das Bösartige, Hinterhältige und Hysterische der Sadismen, verweilt gern bei Gags, die sich mit den Funktionen des menschlichen Verdauungstrakts beschäftigen. Warum kann sich das Kind im Manne nicht auch verspielt oder verträumt zeigen? Unvorstellbar in diesem Infantilitäts-Alptraum, den manche US-Kritiker - etwa Roger Ebert in der Chicago Sun-Times - als Symptom eines allgemeinen kulturellen Verfalls sehen.

Wenn es stimmt, dass das Kino die Abgründe des gesellschaftlichen Unterbewusstseins - hier also vor allem dessen Blähungen - zum Vorschein bringt, dann bietet "Stiefbrüder" einen beängstigenden Einblick in die Psyche des amerikanischen Mannes. Unter matriarchalem Diktat zeigt sich dieser heimgesucht von einem Peter-Pan-Syndrom, unfähig erwachsen zu werden, eingelullt in TV-Berieselung, Konsumlethargie und Spielzeug-Fetischismus, fixiert auf Brutalität und Vulgarität. Ein selbstsüchtiges Monster, das den anderen nur als Double der eigenen Infantilisierung tolerieren kann.

STEP BROTHERS, USA 2008 - Regie: Adam McKay. Buch: Will Ferrell, Adam McKay. Kamera: Oliver Wood. Musik: Jon Brion's. Mit: Will Ferrell, John C. Reilly, Richard Jenkins. Sony, 97 Min.

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