Im Kino: "Abgefahren":Nackte Brüste bei 200 km/h

Die deutsche Beziehungskomödie hat jetzt Räder. Na prima.

TOBIAS KNIEBE

Hier ist der Deal, sprach der Teufel zum Weibe: Du willst nicht länger mit angezogener Handbremse durchs Leben fahren; du willst Power unterm Pedal, den Tiger im Tank, voll aufdrehen, mächtig Gas geben, die Männer rechts und links überholen, immer Vorfahrt haben und auf jede Verkehrsordnung pfeifen? Jawohl, das will ich, sprach das Weib mit leuchtenden Augen. Ich will Vorsprung durch Technik, ich will Freude am Fahren, ich will die Pole Position.

Im Kino: "Abgefahren": Du musst, damit deine Träume wahr werden, Bikinis, Hotpants oder enge Oberteile tragen.

Du musst, damit deine Träume wahr werden, Bikinis, Hotpants oder enge Oberteile tragen.

(Foto: Foto: Concorde-Film)

Okay, fuhr der Teufel fort, aber jetzt kommt der Haken: Du musst, damit deine Träume wahr werden, Bikinis, Hotpants oder enge Oberteile tragen. Du musst viel nackte Haut zeigen und diese mit Motoröl beschmieren. Du musst dich, wenn du Pech hast, auf die Kühlerhaube legen und mit Sonnenöl einreiben. Und wenn du sehr viel Pech hast, kann es passieren, dass du bei 200 km/h deine nackten Brüste zum Fenster heraushängen musst. Bist du dabei, Weib?

Okay, sagten die Schauspielerinnen Felicitas Woll, Nina Tenge, Rebecca Mosselman und Teresa Weißbach - wir sind dabei. Und so kam es, dass ein deutscher Produzent namens Rikolt von Gagern, der vielleicht nur ein Werkzeug des Teufels ist, vielleicht aber auch der Teufel persönlich, einen Film namens ¸¸Abgefahren" drehen konnte, der jetzt im Kino läuft.

Darin geht es um illegale Straßenrennen in München und Umgebung, um hochgetunte, mit Flammen bemalte Autos wie einen Cobra Pilgrim, einen Dodge Challenger oder einen VW Käfer, vor allem aber geht es darum, dass die Frauen in diesem Film eben nicht nur Freundinnen oder Groupies und schmückendes Beiwerk sind, sondern Rennfahrerinnen und Mechanikerinnen oder sogar beides.

Mia, die Hauptfigur, will später einmal die Rallye Paris-Dakar gewinnen - auch wenn sie dafür das Auto ihrer Mutter zu Schrott fahren muss. Und wenn sie einen jungen Mann beim Auspuff-Kauf beobachtet, benutzt sie doch tatsächlich das Wort ¸¸Penisverlängerung" und schnaubt verächtlich. Einerseits.

Andererseits aber müssen die Frauen in diesem Film dann doch wieder alles tun, was der Teufel in seine Verträge schreibt, namentlich die oben genannten Dinge. Das wirkt so, als hätten alle Beteiligten, inklusive Regisseur Jakob Schäuffelen, einige Schrauben locker. Felicitas Woll, die für die Serie ¸¸Berlin Berlin" immerhin schon den Grimme-Preis gewonnen hat, scheint sich am Anfang noch gegen diese Grundstimmung zu wehren, schaltet dann aber einen Gang höher und zeigt den eigenen Bedenken die Hinterreifen. Die Rapperin Nina Tenge wiederum, die man vor Jahren prominent in einem Deichkind-Video gesehen hat, scheint für diese Art von Film geboren - sie könnte ein deutscher Exploitation-Star werden.

Man weiß nicht, worüber man mehr staunen soll - den offensichtlichen Irrsinn der Geschichte oder den offensichtlichen Spaß, den die Macher bei ihrer Verwirklichung hatten. Am Ende ist nur eines klar: Die deutsche Beziehungskomödie hat jetzt Räder und 550 PS unter der Haube, aber sie fährt trotzdem noch immer fröhlich im Kreis herum.

ABGEFAHREN - MIT VOLLGAS IN DIE LIEBE, D 2004 - Regie: Jakob Schäuffelen. Buch: Axel Melzener, Frank Weiss, Jörn Precht. Kamera: Sonja Rom. Schnitt: Sandy Saffeels. Ausstattung: Winfried Henning. Mit: Felicitas Woll, Sebastian Ströbel, Rebecca Mosselman, Nina Tenge, Teresa Weißbach, Florian Fischer, Sissi Perlinger. Concorde, 89 Minuten.

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