Im Interview: Tina Fey:In der Witzhölle

Mit ihrer Persiflage auf Sarah Palin gewann sie die Wahl für Barack Obama praktisch im Alleingang: Ein Gespräch mit Tina Fey über Witze, die klüger sind als sie selbst.

Jan Füchtjohann

Tina Fey, die mutmaßlich lustigste Frau Amerikas, war Chefautorin bei Saturday Night Live, der Mutter aller Comedy-Sendungen. Im Jahr 2008 gewann sie praktisch im Alleingang die Präsidentschaftswahlen für Barack Obama - ihre Persiflage der Unsinn stotternden Sarah Palin machte die Republikaner unwählbar und sie selbst anschließend zum YouTube-Phänomen. Seither prägt sie gemeinsam mit Alec Baldwin die grandiose, von ihr selbst entwickelte und zum Großteil auch geschriebene Sitcom 30 Rock - und versucht sich gelegentlich im Kino, wie aktuell in Date Night.

SZ: Mrs. Fey, Sie können 99 Luftballons auswendig. Auf Deutsch! Wann übertragen Sie Ihre Fähigkeiten auf unser Land und machen endlich Angela Merkel nach?

Tina Fey: Mit dem richtigen Drehbuch - kein Problem. (flüsternd:) Wer zur Hölle ist Angelo Merkel?

SZ: Angela Merkel ist die deutsche Bundeskanzlerin.

Fey: Verschonen Sie mich. Ich erhole mich gerade von einem Tag voller Sarkozy-Bruni-Witze in Paris.

SZ: Kein Wunder, dass Sie erschöpft sind. Schließlich betonen Sie immer wieder, wie viel Arbeit ein guter Witz ist.

Fey: Einen Film zu drehen, ist noch vergleichsweise angenehm. Sonst muss ich jeden Tag neue Geschichten und Witze entwickeln. Auf dem Papier! Das ist die reinste Hölle.

SZ: Waren Sie eigentlich auf der Humorschule?

Fey: Mein Comedy College war Chicago. Da gibt es zwei große, sehr renommierte Schulen für Improvisation. Geisteswissenschaftliche Strömungen sozusagen. Die eine lehrt lange, die andere kurze Witze. Ich habe mit großer Hingabe beide studiert.

SZ: Kann man lustig sein denn lernen?

Fey: Man kann sich verbessern. Aber meine Erfahrung mit Studenten sagt mir: Es gibt Leute, die sind lustig, und manche, die sind, äh, sicher in anderen Bereichen begabt.

SZ: Sie waren schon immer lustig?

Fey: Angeblich soll es da diesen verborgenen Kern in mir geben, ja.

SZ: Als Boss sind Sie aber wohl nicht besonders komisch. Als Sie Chefautorin von Saturday Night Live waren, wurde angstvoll über das "Tina Fey Regime" gesprochen.

Fey: Ich bin ein hervorragender Chef, vernünftig, rücksichtsvoll, großzügig, immer darum besorgt, meinen Autoren zu helfen. Leider wissen diese kleinen ignoranten Schlangen nicht, was das Wort "Regime" bedeutet.

SZ: Was passiert eigentlich, wenn Sie sich mal nicht lustig fühlen?

Fey: Zum Glück sind wir bei 30 Rock mittlerweile zu zwölft im Autorenteam. Wenn einer trocken ist, fühlt sich ein anderer gerade fruchtbar. Und so weiter...

Lesen Sie auf Seite zwei: Witze, die klüger sind als Tina selbst.

SZ: Sie haben einmal gesagt, Sie würden nur Witze machen, die klüger sind als Sie selbst.

Fey: Ich lache über die blödsten Sachen. Bei dem Satz ging es um Improvisation: Wenn man ohne Vorbereitung spielt, darf man sich nicht einschüchtern lassen, weil man weniger weiß als die Person, die man spielt. Interessant wird es also nur, wenn ich klüger bin als ich selbst. Ansonsten mag ich es auch albern.

SZ: Wenn man ein Publikum zum Lachen bringen möchte, verkleidet man einen Schauspieler als alte Dame und schubst ihn die Treppe runter. Wenn man Komiker zum Lachen bringen möchte, muss man schon die alte Dame selbst schubsen.

Fey: Na ja, manche stumpfen eben ab, weil sie sich ständig mit lustigen Sachen beschäftigen. Die brauchen dann eine höhere Dosis.

SZ: Apropos höhere Dosis: Sie selbst haben Paris Hilton ein "Stück Scheiße" genannt, das "wie eine Transe" aussieht.

Fey: Das war in Howard Sterns Talkshow, wo man gnadenlos ausgequetscht wird. Das ist brutal - und da war ich eben ehrlich. Glücklicherweise ging es um ein Thema, an dem die Welt mittlerweile das Interesse verloren hat.

SZ: Anders als bei Howard Stern können Sie einer deutschen Zeitung alles anvertrauen. Alles! Hatten Sie schon mal erotische Träume in Bezug auf Alec Baldwins Geschwister?

Fey: Sicher nicht! Was erlauben Sie sich? Ich hatte noch nie einen erotischen Traum über irgendjemanden aus der Baldwin-Familie. Der Grund ist einfach: Ich habe jede Art von Baldwin-Erotik schon in meinen wachen Stunden praktiziert.

SZ: In Date Night spielen Sie eine berufstätige Mutter, die eines Nachts in ein großes Abenteuer verstrickt wird. Um nicht zu sterben, muss sie am Ende zum Beispiel einen ziemlich lustigen Strip hinlegen. Inwiefern spiegelt sich darin Ihre eigene gespaltene Persönlichkeit - als berufstätige Mutter, die ihren Kindern einen Gutenachtkuss gibt, sich in ein umwerfendes Kleid schmeißt und dann sieben Emmy Awards abholen geht?

Fey: Treffer. Meine Familie und ich leben in New York, nicht in Hollywood. Ich führe auch nie meinen Hund im Sonnenuntergang am Strand spazieren, mit einem charmanten Fotoreporter an meiner Seite. Stattdessen arbeite ich, gehe nach Hause und dann - nein, eigentlich arbeite ich nur und gehe dann wieder nach Hause. Insofern bin ich ziemlich gut in der Rolle der erschöpften Mutter. Der Tag hat oft einfach nicht genug Stunden, um ausreichend Zeit mit meinem Mann, meiner Tochter und meiner Familie zu verbringen. Beim Fernsehen arbeiten und nachts von bösen Killern verfolgt werden - das ist wirklich eine treffende Metapher.

SZ: Beobachten Sie die Karriere von Sarah Palin weiterhin? Werden Sie sie noch einmal spielen?

Fey: Sie hat jetzt ihre eigene Fernsehsendung und arbeitet als Kommentatorin für Fox News. Um ehrlich zu sein: Ich war wieder bei Saturday Night Live - und wir konnten einfach nicht anders, als es noch mal zu probieren. Suchen Sie mich auf YouTube! Gleich neben singenden Russen und dem Affen, der an seinem eigenen Hintern riecht.

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