Im Interview: Mel Brooks:Sagt der Kellner beim Letzten Abendmahl: "Zahlen Sie zusammen oder getrennt?"

Hitler ist ein alter Hut: Mel Brooks über Nazis, Fundamentalisten, Zombies und andere arme Würstchen der Historie.

Marcus Rothe

Auch er ist einer der großen Kings of Comedy, durch seine Vitalität - im Juni wird auch er 80 - bestätigt Mel Brooks das berühmte ¸¸The show must go on". Ein Credo, das auch seine ¸¸Producers" antreibt, mit denen seine Karriere in den Sechzigern im Kino kühn begann und mit denen sie, als Broadway-Musical, nun in der Verfilmung, erneut delirierte.

Im Interview: Mel Brooks: Szene aus dem Film 'The Producers': Uma Thurman und Matthew Broderick.

Szene aus dem Film 'The Producers': Uma Thurman und Matthew Broderick.

(Foto: Foto: Sony)

SZ: Man fragt sich heute, angesichts des Erfolgs, wie einer vor fast vierzig Jahren, im ¸¸heißen" Jahr 1968, so etwas wie die ¸¸Producers" ersinnen konnte.

Mel Brooks: Der Film ist aus Anarchie, Geisteskrankheit und Spaß entstanden. Das ganze Hitler-Business habe ich damals nur ins Spiel gebracht, damit das Broadway-Stück, um das es geht, garantiert ein Flop wurde. Ich arbeitete damals wie mein jugendlicher Held Bloom als Buchhalter für einen Gauner wie Max Bialystock. Der Kerl war ein Skandal, aber trotz seiner verrotteten Art verschaffte er diesen alten Damen, die niemand mehr anfassen wollte, ein wenig Freude. Er küsste, umarmte und vögelte sie, bis sie abhoben! Sie liebten ihn. Als Produzent habe ich zwei goldene Regeln: Stecke niemals dein eigenes Geld in die Show und mach auf keinen Fall mit jemandem rum, der an ihr beteiligt ist!

SZ: Was im Fall der tanzenden Uma Thurman wohl nicht ganz einfach ist . . .

Brooks: Oh! Uma ist umwerfend sexy. Ihre Beine sind endlos - sie reichen ihr bis zum Hals! Ich finde sie unwiderstehlich, wenn sie im Büro antanzt und ihren ersten Song singt. Wer genau hinsieht, kann entdecken, dass ihr Partner Matthew Broderick dabei einen Ständer hat. Glauben Sie"s mir - er wollte sich nachher bei mir entschuldigen, dass er seine ¸¸Freude" über Umas tänzerischen Sex-Appeal kaum verbergen konnte!

SZ: Was macht Ihre Parodie auf Nazis, Schwule und Juden heute, im Gegensatz zu damals, salonfähig und erfolgreich?

Brooks: Gute Frage. In den Sechzigern waren die New Yorker Juden eben empfindlicher, weil der Krieg noch nicht so lange zurücklag. Es gab noch einige Überlebende der Shoah, und Hitler galt noch als gemeines Schimpfwort. Damals bekam ich wütende Briefe von jüdischen Organisationen. Erst im Laufe der Zeit ist Hitler dann zu einem alten Hut geworden, zu einer historische Figur. Vierzig Jahre später sind auch die New Yorker Juden begeistert von unserem Broadway-Musical. Das Stück läuft jetzt sogar in Tel Aviv vor ausverkauftem Haus. Und ich wäre froh, wenn auch die Deutschen darüber lachen können.

SZ: Ist Hitler ein weltweiter Popstar?

Brooks: Ja, genau wie Elvis . . . eine musikalische Ikone. Genau so hatte ich ihn mit ausgedacht - ein unfehlbares Mittel, um die Show zu einem Fiasko werden zu lassen. Ich wollte mit meinem Film keine politische Botschaft verbreiten . . .

SZ: . . . wie Ernst Lubitsch damals in ¸¸To Be or Not to Be" oder Charlie Chaplin in ¸¸The Great Dictator" . . .

Brooks: Anders als Lubitsch oder Chaplin musste ich nicht mehr zeigen, welche schrecklichen Dinge damals in Europa passiert sind. Wir Amerikaner wissen, was dort los war. Früher warf man mir vor, Hitler zu beschönigen.

SZ: Sie gelten als respektlos - aber gibt es etwas, was Ihnen Angst macht?

Brooks: Als Kind fürchtete ich mich lange vor Frankenstein. Denn was uns am meisten Angst macht, ist das vollkommen irrationale Verhalten eines Monsters. Wenn man sich mit seinem Gegner nicht verständigen kann, wenn er so monolithisch, tot und hirnverbrannt wie ein Zombie ist, hast du keine Chance . . . Mein 23-jähriger Sohn Maximilian - den ich nach meinem in Danzig geborenen Vater benannt habe - hat daher ein militärisches Handbuch geschrieben, das uns für den Fall wappnen soll, dass wir einem Zombie über den Weg laufen.

SZ: Gibt es Themen, um die Sie einen Bogen machen würden?

Brooks: Um den Holocaust. Ich würde niemals einen Film wie Roberto Benignis ¸¸Das Leben ist schön" machen. Er war mutig, aber auch leicht verrückt. Denn man kann den Horror nicht mit einer Art Poesie weißwaschen. Die Shoah war ganz anders als in seinem Film: roh, finster und schrecklich. In Benignis Film sehen die KZ furchtbar sauber harmlos aus, wie ein Filmset.

SZ: Müssen Sie besonders wütend sein, um bissige Satiren zu machen?

Brooks: Ja, wenn ich stinksauer bin, kann ich mich am besten amüsieren. Ich rege mich auf über unser Gesellschaftssystem, über Menschen, die uns richten, verwalten, regieren. Ein Typ wie George W. Bush bringt mich auf die Palme. Daher würde ich gern eine Satire auf den Irakkrieg drehen - aber ohne Soldaten. Alles würde nur im Weißen Haus spielen.

SZ: Was halten Sie vom Streit um die Mohammed-Karikaturen - kann Religion Gegenstand von Satire sein?

Brooks: Nein, denn die meisten der islamischen Fundamentalisten sind zu primitiv und humorlos. Um Satire zu verstehen, braucht man ein Gefühl für Ironie . . . Ich könnte mich über die Führer von al-Qaida lustig machen; aber niemals über Mohammed, denn er ist ein religiöser Führer. Ich selbst bin nicht religiös. Ich kann auch das Judentum parodieren. In ¸¸The History of the World" spielte ich einen Kellner beim letzten Abendmahl und frage die Anwesenden: ¸¸Zahlen Sie zusammen oder getrennt?"

SZ: Flirten die ¸¸Producers" nicht irrwitzig mit der Nazi-Ästhetik - etwa wenn Revuegirls ein Hakenkreuz bilden?

Brooks: Ich spiele mit dieser Ästhetik. Denn ich mache mich immer über Hierarchien und Machthaber lustig. Ich würde nie über den Horror lachen, den die Nazis verbreitet haben. Mein Humor kann Leute wie Hitler, Himmler oder Goebbels angreifen, aber ich würde keine Witze reißen über einen Fußsoldaten, weil er ein Opfer ist. Man befiehlt ihm, Russland zu erobern, und er friert sich dabei zu Tode. Das ist nicht lustig. Mächtige Menschen kann und muss man angreifen, kleine Leute muss man lieben.

SZ: Sie haben als Regisseur, Drehbuchautor, Schauspieler, Komponist und Produzent Oscars und viele andere Preise gewonnen. Was wünschen Sie sich noch?

Brooks: Mehr Preise! Und viele neue Songs schreiben. Musik ist meine wahre Leidenschaft - gerade arbeite ich daran, meinen Film ¸¸Young Frankenstein" als Musical an den Broadway zu bringen.

SZ: Was ist für Sie schlechter Geschmack?

Brooks: Ein verbranntes Frankfurter Würstchen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: