John Malkovich:"Ich gehöre nicht zu meinen Interessensfeldern"

Es gibt keine Geschichte über John Malkovich ohne das Wort Exzentrik: ein Gespräch über Führungsansprüche und die Enttäuschung Barack Obama.

Susan Vahabzadeh

John Malkovich, geboren 1953 in Ohio, stieß im Jahr 1976 zu der von dem Schauspieler Gary Sinise gegründeten "Steppenwolf Theatre Company" in Chicago, die Malkovich zu einem Theaterstar machte, als Schauspieler und Regisseur. Erst danach begann er Filme zu drehen, "Gefährliche Liebschaften" machte ihn in den Achtzigern auch in Hollywood zum Star, und er hat seither etwa siebzig Filme gedreht; Blockbuster wie "Con Air", "In the Line of Fire" mit Clint Eastwood ebenso wie "Being John Malkovich" oder "Burn After Reading" von den Coen-Brüdern. Immer wieder aber zog es Malkovich zu den großen europäischen Filmautoren, er arbeitete mit Bertolucci ("Himmel über der Wüste"), Antonioni ("Jenseits der Wolken") und machte drei Filme mit Manoel de Oliveira. Malkovich ist der Bühne trotzdem treu geblieben, zur Zeit ist er mit dem Stück "The Infernal Comedy" - ein von zwei Sopranistinnen begleiteter Monolog des österreichischen Serienmörders Jack Unterweger - auf Europatournee. Vom 2. bis 6. Juni gastiert er mit dem Stück bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen. Malkovich ist zum zweiten Mal verheiratet, hat drei Kinder und lebt sehr zurückgezogen bei Boston. Im Interview mit der SZ am Wochenende spricht er über Dustin Hofmann, die Enttäuschungen der Politik und Führungsansprüche.

John Malkovich: The Infernal Comedy - Confessions of a serial killer

Die Leute finden wirklich schon die einfachsten Dinge an mir exzentrisch - wenn ich in ein Museum gehe oder zu Fuß durch die Stadt laufe": John Malkovich als Serienmörder Jack Unterweger im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg.

(Foto: ddp)

... über Exzentrik

Ich finde mich auch überhaupt nicht exzentrisch. Ich weiß schon: Gemeint ist, dass ich Theater liebe, aber eben auch Football. Die Leute finden wirklich schon die einfachsten Dinge an mir exzentrisch - wenn ich in ein Museum gehe oder zu Fuß durch die Stadt laufe und nicht im Helikopter herumfliege zum Beispiel. Das Image, das man hat, hat man nicht immer selbst geschaffen. Was soll ich denn machen, soll ich mich morgens hinsetzen und mir ein Tagwerk ausdenken, das keinerlei Zweideutigkeit birgt? Ich habe viele Interessensfelder, aber ich selbst gehöre nicht dazu; deswegen interessiert es mich auch nicht, was andere über mich denken.

... über die Auswahl seiner Rollen

Ich gehe immer nur danach, ob mir die Rolle irgendwie gefällt, und wenn jemand einen guten durchgeknallten Irren für mich hat - warum nicht? Das hat zwar nichts mit dem zu tun, wie ich mich selbst sehe, aber das macht ja nichts. Ob am Ende dann ein guter Actionfilm draus wird oder große Kunst oder keins von beiden, weiß ich vorher nicht und es entzieht sich meiner Kontrolle. Wenn der Regisseur mich fragt, wie er eine Einstellung drehen soll oder mich bittet, ein Drehbuch umzuschreiben - was durchaus vorkommt - dann bin ich gern behilflich. Aber nur dann. Ich glaube, das, was Sie für exzentrische Entscheidungen in meiner Karriere halten, sind eigentlich nur Reflektionen des Chaos.

... über die Zusammenarbeit mit seinen Schauspielkollegen

Manchmal sind unsere unterschiedlichen Arbeitsmethoden ein Problem. Es gibt sicher Schauspieler, die nicht für allen Tee Chinas mit mir arbeiten würden, weil sie wissen, ich würde sie in den Wahnsinn treiben. Und ich müsste sie nicht einmal fragen, wie sie darauf kommen.

... über das Zusammenspiel mit Dustin Hofmann am Broadway in den 70er Jahren

Es gab ständig Spannungen, und Dustin, den ich sehr liebe, diskutiert im Gegensatz zu mir sehr viel. . . Es gab also eine Menge Reibereien zwischen den Beteiligten, und eines Tages hielt uns Michael Rudman dann einen ziemlich langen Vortrag darüber, wer in der Truppe sich welcher Vergehen schuldig gemacht hatte. Und schließlich, gegen Ende, war ich an der Reihe. Er brüllte nur: "Und du - wärst du wohl dazu in der Lage, ein einziges Mal eine Szene zweimal gleich zu spielen?" Ich weiß noch, dass ich dachte: Wie furchtbar schade, aber das wird nie passieren. Genauso gut hätte er mich bitten können, drei Meter groß zu sein oder zwei Zentimeter klein. Rudman hat es damals für Rebellion gehalten, aber ich kann wirklich nicht zweimal dasselbe tun. Habe ich nicht unter Kontrolle, sorry. Meine Art, immer anders zu spielen, bringt eine gewisse Unzuverlässigkeit in eine Inszenierung. Könnte ich dasselbe zweimal genauso machen, wäre das für alle anderen einfacher.

... über Obama und die Enttäuschungen der Politik

Die Geschichte der Politik ist so eintönig: Die Mitglieder einer Partei unterstützen einen, der die Welt verändern und der größte Premierminister, Kanzler, Präsident, Bürgermeister oder Stadtrat aller Zeiten werden soll - und schon ein paar Tage später hassen sie ihn wie die Pest. Bin ich wirklich der Einzige, der das geschmacklos findet? Und sinnlos? Es ist immer wieder dasselbe! Obama hatte jetzt ein Jahr Zeit - und?

... über Menschen, von denen er sich führen lässt

Einen Regisseur lasse ich seine Regie führen, und er muss kein Messias sein, damit ich ihn als Boss akzeptiere - obwohl es mir natürlich lieber ist, wenn er messianische Fähigkeiten besitzt. Wenn ein Regisseur weder weiß, wie man Regie führt noch sonst irgendwas kann, ist er immer noch der Boss, und ich werde ihn nicht hassen - ich werde bloß nie wieder mit ihm arbeiten. Ich habe übrigens nur ein einziges Mal versucht, in einem Stück, in dem ich spiele, auch die Regie zu übernehmen. Das war ein erster Versuch in den USA, "The Infernal Comedy" auf die Bühne zu bringen, bevor die jetzige Inszenierung zustande kam - und das Resultat war erbärmlich.

Das gesamte Interview lesen Sie in der SZ am Wochenende vom 29./30. Mai 2010.

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