Jack Nicholson im Interview:"Meine Augenbrauen haben gute Auftritte hingelegt"

AMERICAN ACTOR JACK NICHOLSON SALUTES THE CROWD BEFORE THE MEN'S FINAL OF THE WIMBLEDON CHAMPIONSHIPS

Jack Nicholson als Zuschauer beim Tennis-Turnier von Wimbledon 2001

(Foto: REUTERS)

Er ist der Schauspieler mit den meisten Oscars und Oscar-Nominierungen aller Zeiten. Mit der SZ spricht Jack Nicholson über das Altern, den Schwerenöter-Hügel in Hollywood und wie er es geschafft hat, neben jedem Kollegen gut auszusehen.

Rebecca Casati

Mittags im Beverly Hills Hotel, Los Angeles. Man sieht erst die Augenbrauen, die sich zur Begrüßung heben und senken. Er trägt ein zweifelhaftes Sakko, aber egal: Sein Charisma ist eindeutig über jede Kleidung erhaben. Er raucht "Camel", ist unprätentiös - und wenn das seichte Wort "Vollblutschauspieler" mal zutrifft, dann hier. Er spricht wie ein Mensch, der beides wichtig findet: keine Worte zu verschwenden und nicht zu langweilen.

Nicholson, ddp

"Sind Sie also per definitionem der beste Schauspieler?" - da lacht Jack Nicholson auf seine unvergleichliche Art

(Foto: Foto: ddp)

SZ: Guten Tag, Mr. Nicholson. Wie geht es Ihnen?

Nicholson: Sehr dürftig. Eigentlich bin ich sogar total fertig. Und Sie?

SZ: Ein bisschen Jetlag.

Nicholson: Die nächste halbe Stunde wird hart für uns beide. Sie haben Ihr Zeitgefühl verloren, ich bin zu spät ins Bett gekommen. Und Sie haben meinen neuen Film nicht gesehen. Ich weiß schon, Sie konnten ihn ja auch gar nicht sehen, niemand konnte das bisher, nicht einmal wir Schauspieler, denn er ist noch gar nicht fertig. So sitzen wir hier, um über meinen neuen Film zu reden. Wir sind ja Profis. Und ich hatte mal wieder kein Frühstück.

SZ: Wirklich? Das klingt sehr traurig.

Nicholson: Das mit dem Essen meinen Sie? Ach, ich esse im Prinzip genug, aber das ist leider immer noch sehr viel weniger, als ich gerne essen würde. Für wen sind Sie hier?

SZ: Ich komme von einer großen liberalen deutschen Tageszeitung.

Nicholson: Verstehe. Und danke. Danke, dass Sie nicht von einer Klatschzeitung kommen, das wäre noch härter.

SZ: Sie sind der Schauspieler mit den meisten Oscars und Oscar-Nominierungen.

Nicholson: Ja, nicht?

SZ: Sie sind also per definitionem der beste Schauspieler, den es je gab.

Nicholson: Einerseits ja. Aber es gibt in Hollywood kein "per definitionem", jedenfalls nicht in den Jahren, in denen ich nominiert war. Denn jeder war gut, welcher sollte denn da besser sein als die anderen, und in was genau? Andererseits - man will immer gewinnen.

SZ: Wenn man so oft ausgezeichnet wurde wie Sie, ist es denn da noch sehr anders, nur nominiert zu sein als dann tatsächlich zu gewinnen?

Nicholson: Moment. Ob das sehr anders ist? Es ist massiv anders. Besonders wenn man anderer Meinung ist als das Gremium. Und das ist man ja meistens.

SZ: Dumme Frage vielleicht, aber: Kann es sein, dass so ein Oscar-Gremium auch mal brutal danebenliegt?

Nicholson: Schauen Sie sich die Mitglieder an, die die Schauspieler bewerten. Jede Art des schauspielerischen Zugangs, jede Lehre ist in diesem Gremium vertreten. Man muss eine sehr hohe professionelle Leistung erbracht haben, um überhaupt dort aufgenommen zu werden, und jeder Entschluss wird von mehr als einer Person getroffen. Ich kenne sehr viele Leute in Hollywood und würde sagen: Die, die es da rein geschafft haben, wissen, worüber sie abstimmen.

"Wir beide, Sie und ich, reißen uns ja gerade auch zusammen"

SZ: Sie kennen alle, Sie wurden so häufig nominiert und prämiert, also mal ehrlich: Wissen Sie nicht auch vorher, ob Sie gewinnen?

Nicholson, dpa

Jack Nicholson in einer seiner Paraderollen in "Besser geht's nicht"

(Foto: Foto: dpa)

Nicholson: In manchen Jahren wissen wir es alle. In anderen nicht.

SZ: Schauspielerkollegen beschreiben Sie immer als besonders hilfsbereit. Gab es auch eine Zeit, in der es Ihnen schwer fiel, so großzügig zu sein?

Nicholson: Es gab sicher Zeiten, in denen ich mich launischer gefühlt habe, weniger freundlich. Aber heute ist meine Auffassung in diesem Beruf: Man muss jeden, der hart arbeitet, unterstützen. Wir beide, Sie und ich, reißen uns ja gerade auch zusammen. Beim Film ist es nicht anders. Außer, dass wir da auf noch engerem Raum miteinander arbeiten.

SZ: Nebenan läuft ein Videorekorder, der immer wieder Vorspann und Trailer Ihres neuen Films "The Departed" zeigt. Ihr Name kommt nach Leonardo DiCaprio und nach Matt Damon. Verhandeln Agenten solche Details nicht bis aufs Blut?

Nicholson: Ja. Aber nicht meine. Ich finde Dinge, die mit Geld entschieden werden, wichtiger. Und ich fand schon immer, dass der Credit zur Rolle passen sollte. In Zeiten, als das nicht so war, fühlte es sich deplatziert an. Darf ich mir eben eine anzünden?

SZ: Klar. Sie sind einer der letzten Hollywoodstars, der noch raucht.

Nicholson: Ich weiß. Es stört Sie?

SZ: Nein, wirklich nicht.

Nicholson: Verzeihen Sie bitte trotzdem. Ich wünschte, ich würde zu der anderen Gruppe gehören, zu der gesunden Riesengruppe.

SZ: Gab es den Moment, als Sie vor dem Spiegel standen, grinsten, Ihre Augenbrauen hochzogen und dachten: Das wird jetzt mein Markenzeichen?

Nicholson: Nein. Markenzeichen werden von Leuten erfunden, die sich mit Werbung befassen. Ich werde seit meinen frühen Dreißigern "Balding Rumble Jack" genannt. Ist das deshalb mein Slogan? Nein!

SZ: Aber...

Nicholson: Aber Sie haben recht! Ich wusste das früh, das mit den Augenbrauen, mit dem Grinsen. Aber es ist eher so: Jeder Schauspieler lernt schon in der Grundausbildung, dass das sogar sehr wichtig ist, der Versuchung eines Markenzeichens zu widerstehen. Nichtdestotrotz haben meine Augenbrauen hier und da schon ziemlich gute Auftritte hingelegt.

"Ich bin zunehmend überrascht von mir selbst"

SZ: Besitzen Schauspieler eigentlich mehr Spiegel als andere Leute?

Jack Nicholson im Interview: Seine bekannteste Rolle: Jack Nicholson als Jack Tolerrance in der Verfilmung von "Shining"

Seine bekannteste Rolle: Jack Nicholson als Jack Tolerrance in der Verfilmung von "Shining"

(Foto: Foto: AP)

Nicholson: Größere. Wenn ich aus dem Bett steige, stehe ich gleich vor so einem.

SZ: Was sehen Sie darin?

Nicholson: In meinem Alter, meinen Sie? Ich brauch' mittlerweile eine Brille, um meine Bartstoppeln zu erkennen! Und ich bin zunehmend überrascht von mir selbst, manchmal denk' ich sogar: Kennst du den? Besonders schwierig war die Phase, als ich den Alten in "About Schmidt" spielte, in der Begley-Verfilmung. Es ist schwierig, dieses Stadium des Lebens - das hohe Alter - quasi hereinzubitten und einziehen zu lassen, bevor es einen tatsächlich eingeholt hat. Und wenn ich damals am Spiegel vorbeikam, dachte ich: Jesus! Was, wenn das jetzt so bleibt, wenn dieser Zustand einfriert, und ich so aussehe für den Rest meines Lebens?

SZ: In Ihrem neuen Film spielen Sie nun neben Matt Damon und Leonardo DiCaprio die Hauptrolle. Beide sind so blond, so auftrainiert und so ... dreißigjährig.

Nicholson: Ich weiß. Aber ich mache mir deswegen keine Sorgen, im Gegenteil, die zwei sind ein Grund, warum ich gerne bei diesem Projekt dabei bin. Ich kenne Matt und Leo seit vielen Jahren. Das sind die nettesten, charmantesten jungen Schauspieler Hollywoods. Natürlich habe ich über ihre Jugend nachgedacht, über die Wirkung. Aber wissen Sie was? Als ich so jung war wie die beiden, war ich auch nicht glücklicher über mein Aussehen. Es wird alles so relativ im Alter. Man konzentriert sich mehr auf das, was man kann und versucht, nicht soviel darüber nachzudenken, wie man dabei aussieht.

SZ: Stimmt es, dass Sie auf mehr Sex und Drogen im Drehbuch bestanden haben?

Nicholson: Und ob. Wir reden hier ja nicht nur über einen neuen Mafia-Film, sondern den neuen Mafia-Film von Martin Scorsese! Das ist wie ein großes Versprechen, das eingelöst werden muss. Scorsese hat verstanden, worum es mir ging. Ich spiele den Schurken, und ich wollte es mit ihm noch auf die Spitze treiben. Ich wollte, dass aus dem Schurken ein Monster wird. Ich weiß, es gibt viele Monster in Filmen. Aber normalerweise spielt ihre Sexualität keine Rolle. Ich habe diese Diskussion schon früher angeregt, in anderen Fällen. Aber in diesem hier verlief sie sehr zufriedenstellend. Ein ultimativer Schurke ist gut, aber wenn er dann auch noch viel an Sexualität denkt - dann stößt er auch noch den Letzten ab.

SZ: Ihre Karriere zündete, als in Hollywood eine Revolution stattfand, eine Ablöse von alten Mustern und Werten. Zusammen mit Martin Scorsese, Roman Polanski, Robert De Niro und Dennis Hopper mischten Sie die Branche auf.

Nicholson: Eine große Zeit, das New Hollywood.

SZ: Sind Sie nicht enttäuscht, wie revolutionsfrei das Kino wieder ist?

Nicholson: Nicht vom Kino. Vom System. In den späten Sechzigern und frühen Siebzigern war der europäische Film in seiner Hochphase, und viele dieser Filme kamen auch nach Amerika und spornten uns an. Wenn ich, Martin und alle unsere Freunde ins Kino gingen, erwarteten wir jedes Mal, ein Meisterwerk zu sehen. Und es lief tatsächlich auch jede Woche eins. Diese Filme werden auch heute noch gedreht, aber sie finden keinen Verleiher mehr in Amerika.

SZ: Sie arbeiteten damals noch für 500 Dollar pro Woche.

Nicholson: Ja, aber meine Rechnung ging trotzdem immer auf, ich habe so viel zurückbekommen, so viele Freunde, so viele Erfahrungen und großartige Filme. Die anderen sahen es genauso. Nehmen wir John Huston. Ich weiß, wie viel John aufgegeben hat, wie viele Jahre er nichts anderes annehmen konnte, nur um "Die Ehre der Prizzis" drehen zu können. Genauso Sean Penn für das Kriminalstück "Das Versprechen". Und wie ich diesen Film heute noch liebe!

SZ: Er geht auf Roman und Drehbuchvorlage des Schweizer Autors Friedrich Dürrenmatt zurück ...

Nicholson: Wir in Hollywood haben das anspruchsvolle Kriminalstück ja auch wahrhaftig nicht erfunden, und Dürrenmatt hatte sich schon damals geärgert, dass unsere Kriminalgeschichten alle nach demselben Schema ablaufen: Es gibt einen Mord und einen Detektiv, der einen scheinbar absurden Verdacht hegt. Natürlich halten ihn alle für verrückt, er aber folgt unbeirrt seinen Instinkten. Und am Ende behält er recht und fängt den Täter. So geht das typische Hollywood-Whodunnit. Dürrenmatt wollte diese eingefahrene Dynamik brechen. Bei ihm fängt der Detektiv den Täter nicht - wahrscheinlich sucht er ihn heute noch. Zuschauer wollen aber nicht, dass so einer frei rumläuft. Sie wollen nicht auf ihr Happy End verzichten. Und Dürrenmatt hat sie attackiert mit diesem Ende.

SZ: Sie preisen immer wieder die europäischen Regisseure, und für einen amerikanischen Superstar haben Sie auch mit vielen gearbeitet. Aber anders als andere haben Sie nie ein Päuschen in einem europäischen Kunstfilm eingelegt.

Nicholson: Häufig, weil die jeweilige Kunstform nicht meiner Kunst entsprochen hat. Das ist normal und gilt nicht nur für mich. Es gibt typische Burt-Lancaster-Filme - und solche, in die er nicht passen würde.

SZ: Auch sind Sie sehr mit Hollywood verbunden. Sie leben beispielsweise immer noch in demselben Haus auf dem Mulholland Drive, das Sie vor 30 Jahren für 90.000 Dollar gekauft haben.

Nicholson: Ja, da komme ich gerade her. Ich bin ein L.A.-Kid, und ich wusste einfach immer, dass das der beste Platz ist für mich. Ich bin also nie umgezogen, und es ist nicht so, dass nie jemand versucht hätte, mich dort wegzulocken.

SZ: Ihr Haus liegt versteckt zwischen denen ihrer beiden guten Kumpel Marlon Brando und Warren Beatty. Die Gegend, das ganze Arrangement wird hier heute noch "Der Schwerenöter-Hügel" genannt.

Nicholson: Ha! Lustiger Name, ja, hehe . . .

SZ: Der notorische Junggeselle Warren Beatty ist heute glücklich verheiratet. Marlon Brando ist tot. Sie sind also der letzte böse Junge auf dem Hügel. Denken Sie manchmal darüber nach?

Nicholson: Naja - ich bin nicht sicher, ob ich wirklich der letzte böse Junge auf diesem Hügel bin. Aber es ist natürlich so: In der Zeit, als der Name entstand, war Warren noch kein glücklicher Ehemann, und Marlon war noch am Leben. Dann war da noch Don Henley, und oh ... so einige Jungs kamen da zum Feiern zusammen.

SZ: David Lynch nannte den Mulholland Drive mal mysteriös, irreal; einen Ort, an dem man die gesamte Hollywood Geschichte fast körperlich spüren könne.

Nicholson: Diese Gegend ist jedenfalls nicht besonders geeignet für Familien, wenn Sie verstehen, was ich meine. Nichts für kleine Jungs und Mädchen, die gerne Fahrrad fahren.... und das nicht nur, weil es dort hügelig und bewaldet ist.

SZ: Eine der wenigen Gelegenheiten, als Sie sich in Sachen Politik zu Wort gemeldet haben, war 1988 kurz nach der Affäre um den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Gary Hart. Nachdem Reporter ihn mit einem Model auf dem Schoß auf einer Yacht fotografiert hatten, brach eine Hetzkampagne los. Und noch bevor er seine Kandidatur zurückzog, haben Sie zu einem Reporter gesagt: Gary Hart unterstütze ich, WEIL er mit Models auf dem Schoß auf Yachten sitzt. Was meinten Sie noch mal damit?

Nicholson: Zunächst mal habe ich mich nicht zu Wort gemeldet. Der Reporter wollte damals wissen, was ich von der Sache hielt, und ich sagte ihm eben die Wahrheit, nämlich: Kumpel, du fragst hier den Falschen. Wollen wir einen Präsidenten, der keinen Sex hat? Diese Hetzjagden sind vor allem ein Beweis dafür, dass wir zu neugierig sind. Wissen Sie: Ich kümmere mich darum, wen ich ficke. Ich kümmere mich aber wirklich nicht darum, wen andere ficken.

SZ: Haben die Schwerenöter Ihrer Generation eigentlich auch weibliche Freunde?

Nicholson: Klar doch, klar.

"Die meisten Frauen, mit denen ich zusammen war, sind heute noch meine Freunde"

SZ: Und wen gibt es da in Ihrem Kreis?

Jack Nicholson im Interview: 1998 erhielt Jack Nicholson den Oscar als bester Schauspieler

1998 erhielt Jack Nicholson den Oscar als bester Schauspieler

(Foto: Foto: AP)

Nicholson: Die meisten Frauen, mit denen ich zusammen war, sind heute noch meine Freunde, gottlob. Und viele, mit denen ich gearbeitet habe, auch. Diane Keaton und ich sehen uns regelmäßig. Sie ist ein sehr idiosynkratischer Mensch, der fragt, fordert, impulsiv denkt und wissen will, wie es den anderen geht, was nicht selbstverständlich ist. Meryl Streep und ich sind gute Freunde, aber wir leben in verschiedenen Städten, da ist es manchmal nicht leicht sich zu treffen. Mit der Regisseurin Nancy Myers habe ich mich auch angefreundet.

SZ: Sie wurden ausschließlich von Frauen erzogen.

Nicholson: Von meiner Mutter und meiner Großmutter, richtig. Und da sie bei uns zu Hause einen Schönheitssalon betrieben, waren auch noch ständig viele andere Frauen da. Ich hatte immer einen sehr zuverlässigen Informationskanal, was weibliches Denken und weibliche Ästhetik betrifft.

SZ: Das erklärt vielleicht das Versteck in den Hügeln!

Nicholson: Oh nein, nicht so, wie Sie meinen! Meine Erziehung hat mir sehr geholfen, war immer mein Fundament. Und ich bin sehr offen und interessiert an weiblichem Rat und der Art, wie Frauen kommunizieren.

SZ: Haben Frauen Ihnen Dinge erklärt, die Sie von den Jungs nie gehört haben?

Nicholson: Mit Sicherheit, wenn die richtige Form von Intimität zustande kam. Andersherum fragen Frauen mich immer aus über das Wesen der Männer. Wir alle haben Fragen, nicht wahr?

Nicholson: Sie geben Interviews in Zeitungen, aber es gibt keine Conan O'Brians, Lettermans oder Lenos in Ihrem Kalender, oder? Sie gehen aus Prinzip nicht ins Fernsehen.

Nicholson: Ich meide es, ja.

SZ: Liegt das daran, dass Sie nicht wollen, dass die Leute denken: Aaah, so ist der?

Nicholson: Sie sollen jedenfalls nicht denken, dass sie mich kennen.

SZ: Was kann das Medium Fernsehen Intimeres über Sie verraten als eine Zeitung, oder Sie jetzt mir?

Nicholson: Die Antwort liegt in der Umkehrung: Was kann man bei einem Fernsehauftritt schon an Können demonstrieren? Man könnte sich natürlich auch für diese Fernsehauftritte eine eigene Rolle antrainieren, einen Act. Klar, das ginge.

SZ: Aber Sie hätten das Gefühl, das wäre - Verschwendung? Vielleicht sogar degoutant?

Nicholson: Natürlich. Als ernsthafter Schauspieler tritt man doch nur aus einem einzigen Grund auf: um Talent zu zeigen.

SZ: Wie weit geht die Selbstbeobachtung bei einem Schauspieler wie Ihnen? Sehen Sie sich jetzt gerade zu?

Nicholson: Nein, und ich würde auch gar nicht alles erkennen an mir. Wahrscheinlich kennen gute Freunde Details an mir, von denen ich nie was erfahre. Und die mir gar nicht gefallen würden.

SZ: Wann, wo und wem hat sich der echte Jack zuletzt gezeigt? Abgesehen von Ihrem Spiegel, natürlich.

Nicholson: Darauf könnte ich jetzt sagen: Letzte Nacht war er da! Ich war auf einem mehr oder weniger formellen Abendessen.

SZ: Und ausgerechnet da hat sich der echte Jack gezeigt?

Nicholson: Ja. Es waren aber keine meiner engen Freunde anwesend, ich habe nicht viel geredet, wie meistens, wenn ich die Leute nicht gut kenne, und deshalb bin ich mir nicht sicher, ob ihn überhaupt irgendjemand erkannt hat, den echten Jack.

SZ: Ein Zitat von Ihnen lautet: Fast jeder Schauspieler, mit dem ich gearbeitet habe, hat mich gut aussehen lassen.

Nicholson: Yeah.

SZ: Okay, welcher hat Sie denn nicht so gut aussehen lassen?

Nicholson: Wenn mir einer einfiele, würde ich es Ihnen nicht sagen. Im richtigen Augenblick lächeln und schweigen, die Sache mit dem Timing eben - den Trick kenne ich nun wirklich von wem? Den Frauen!

Jack Nicholson wurde am 22. April 1937 in New York geboren. Er wuchs bei seiner Mutter und seiner Großmutter auf. Seinen Vater, angeblich ein italienischstämmiger Schauspieler, lernte er nie kennen. Gleich mit seinen frühen Rollen in "Einer flog übers Kuckucksnest", "Chinatown" und später mit "Shining" hat sich Nicholson für immer im kollektiven Gedächtnis des Kinopublikums verewigt. Zweimal erhielt den Oscar als Bester Hauptdarsteller ("Kuckucksnest" und "Besser geht's nicht"), einmal wurde er als Bester Nebendarsteller für seinen Auftritt in "Zeit der Zärtlichkeit" ausgezeichnet. Sein langersehnter neuer Film "The Departed" startet in den deutschen Kinos am 7. Dezember. Und ist - wieder - ein sehr heißer Oscar-Kandidat.

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