Im Interview: Helmut Dietl:Ein Geschenk des Himmels

"Schtonk"! - die Satire über die Blamage des Stern und die falschen Hitler-Tagebücher war ein Glanzlicht seiner Karriere. Helmut Dietl über Fälscher und Journalisten.

Christopher Keil

Der Regisseur Helmut Dietl, 63, (Monaco Franze, Kir Royal) hat einen präzisen Blick für Menschen und Milieus. Seine Filmsatire "Schtonk!" ("Schtonk" ist ein Zitat auf Chaplins Großen Diktator) von 1992 mit Götz George und Uwe Ochsenknecht in den Hauptrollen spiegelt auf sehr komische Weise den Skandal um die gefälschten Hitler-Tagebücher des Magazins Stern und zeigt, wie die Deutschen sehr gerne Opfer ihrer eigenen Geschichte werden.

SZ: Herr Dietl, als 1983 die Fälschung der Hitler-Tagebücher bekannt wurde, die der Stern zunächst als historische Weltsensation feierte - wie schnell war Ihnen klar, dass daraus ein Filmstoff werden musste?

Helmut Dietl: 1983 war mir noch überhaupt nichts klar. Der Fall ging spurlos an mir vorbei, weil ich in dieser Zeit in Amerika war, in Kalifornien.

SZ: Der Stoff kam also zu Ihnen?

Dietl: Mit fünfjähriger Verspätung, 1988. Die Bavaria Film hatte die Persönlichkeitsrechte von Konrad Kujau erworben, und Uli Limmer, der damals Produzent der Bavaria war, kam zu mir und fragte mich, ob ich aus dem Fall einen Film machen könne.

SZ: Gerd Heidemann, der Stern-Journalist, Kujau, der Fälscher - solche Typen hätte man nie erfinden können.

Dietl: Der Stoff war ein Geschenk des Himmels. Ich konnte plötzlich auf meine satirische Art und Weise das Thema Nationalsozialismus und Nachkriegsdeutschland bewältigen.

SZ: Haben Sie mit Kujau oder Heidemann selbst gesprochen?

Dietl: Das habe ich mir verkniffen. Ich habe die Protokolle der Gespräche gelesen, die im Auftrag der Bavaria stattfanden. Aber eine persönliche Beziehung wollte ich zu beiden nicht entwickeln.

SZ: Sie haben zwei Jahre gebraucht, um das Drehbuch abzufassen. Was war so schwer, bei dieser Vorlage?

Dietl: Das klingt vielleicht komisch, doch ich musste einen persönlichen Zugang finden, und erst als es mir gelang, den Fälscher und den Journalisten als Teile meiner selbst zu verinnerlichen, konnte ich schreiben.

SZ: Wurde viel gelacht bei den Dreharbeiten?

Dietl: Relativ viel, andererseits war es wahnsinnig anstrengend.

SZ: Welche Figur stand Ihnen näher: Der Fälscher oder der Journalist?

Dietl: Ich hatte zu beiden eine Beziehung.

SZ: Die heute 20-, 30-Jährigen wissen kaum noch, dass die gefälschten Hitler-Tagebücher den wohl größten Presseskandal in der Bundesrepublik Deutschland markieren. Dafür wissen Sie von einem sehr komischen Film, der "Schtonk!" heißt, in dem es irgendwie um gefälschte Tagebücher des Nazi-Führers geht.

Dietl: Dann habe ich mich wenigstens einmal um die politische Aufklärung verdient gemacht. Der Kujau hat übrigens gesagt: Genau so lief es ab.

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