"Ich und der Präsident" von Hervé Le Tellier:Das verschwundene Kätzchen und die zuständigen Stellen

Ein sehr vergnüglicher Briefroman: Hervé Le Tellier schreibt fünf französischen Staatspräsidenten und liest aus den Antworten heraus, was er will.

Von Joseph Hanimann

Die Verschiebung eines klassischen Briefromans aus dem Gleichgewicht der Schreibpartner ins Gefälle einer Machthierarchie bringt in diesem Buch eine literarische Kuriosität hervor. Ein Erzähler namens Hervé Le Tellier schreibt dem französischen Staatspräsidenten, bekommt Antwort, antwortet seinerseits, bekommt wiederum Antwort, immer dieselbe. "Cher Monsieur, Ihren Brief vom ... habe ich dankend erhalten. Seien Sie gewiss, dass... Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung". Das wiederholt sich über Jahrzehnte, von der ersten Postkarte 1983 an François Mitterrand bis zum Glückwunschschreiben zur Wahl an Emmanuel Macron. Die immer selben Worte aus dem Elysée sind für den Empfänger aber keine Allgemeinfloskeln, denn seinen Dialog mit insgesamt fünf Staatspräsidenten führt er im Grunde als Monolog eines einfachen Bürgers mit sich selbst, um seine Alltagssorgen staatspolitisch zu rahmen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: