Hörenswert:Herzlicher Überfall

Die Cellistin Raphaela Gromes entdeckt Italien

Von Egbert Tholl

Giuseppe Martucci war der Sohn eines Militärkapellmeisters, begeisterte als Pianist seinen Kollegen Franz Liszt und dirigierte 1888 die italienische Erstaufführung von Wagners "Tristan". Und er komponierte unter anderem im Alter von 24 Jahren eine Sonate für Cello und Klavier, die einen lange im Unklaren lässt, woher der Komponist stammen könnte. Der erste Satz klingt wie von Brahms, aber doch einen Tick schwungvoller, zumindest auf dieser CD. Der zweite, ein Scherzo, hat den leicht melancholischen Duft eines Mendelssohns, der dritte ist für Raphaela Gromes das Herz des Stücks. Tatsächlich hat dieses "Intermezzo" - der Titel verweist auf eine Freiheit in der Form - eine ganz eigene Sanglichkeit, dunkel und ergreifend schön, es könnte aus einer Oper stammen oder der Grundbaustein für einen großen Kanon sein.

Die beiden jungen Münchner Raphaela Gromes und Julian Riem haben an Cello und Klavier diese Sonate eingespielt, beim großen Sony-Label. Die Sonate war Ausgangspunkt des Albums. Als sie sie entdeckt hatten, begaben sie sich auf die Suche nach weiteren Duos der italienischen Spätromantik, deren Wahrnehmung bei uns vollkommen von der Oper dominiert wird. Ein hier bekannter Opernkomponist ist darauf auch vertreten, Ferruccio Busoni. Aber auch Matilde Capuis, Anfang dieses Jahres im Alter von 104 Jahren gestorben. Von ihr stammt ein "Animato con passione", geschrieben im Krieg, 1944, ein hochemotionaler Überfall, ein mitreißender Strudel, gefolgt von der vollkommen wahnsinnigen "Figaro"-Paraphrase von Mario Castelnuovo-Tedesco. Auf CD und am Donnerstag in der Allerheiligen-Hofkirche.

Serenata Italiana, Raphaela Gromes und Julian Riem, Donnerstag, 23. Nov., Residenz, Allerheiligen-Hofkirche, 20 Uhr, CD erschienen bei Sony

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