Hörenswert:Der Bluesdoktor

Will Hampel legt eine neue CD vor

Von Oliver Hochkeppel

In einer anderen Zeit wäre Will Hampel alias Dr. Will vielleicht ein internationaler Star geworden statt nur eine Münchner Kultfigur. Das Schwergewicht der hiesigen Szene hat Persönlichkeit, Geschmack und viele Talente. Aber er hat sich eben dem Blues verschreiben, und in diesem Genre war die Not im Zuge der allgemeinen Krise der Musikindustrie vielleicht am größten.

Nicht umsonst erinnert der Künstlername Dr. Will an Dr. John, einen der Größten aus der Swampland- und Creole-Blues-Szene von New Orleans. Denn ein New-Orleans-Trip Anfang der Neunzigerjahre war für Will Hampel ein Schlüsselerlebnis. Bis dahin hatte der gebürtige Münchner, dessen Bruder Schorsch als Mundart-Blues-Gitarrist ebenfalls eine lokale Berühmtheit ist, noch ganz andere Präferenzen. Rock-Schlagzeug war sein Ding, und als junger Kerl wurde er vom New Wave erfasst, in dessen Hauptstadt London er auch einige Zeit lebte. Doch die immer von der Aura des Geheimnisvollen umgebene, in eine Show eingekleidete und mit der - oft sehr humorvollen - Ambivalenz von Gut und Böse spielenden Musik von Südstaatengrößen wie eben Dr. John, Willy De Ville (bei dessen Münchner Konzerten er später mehr als einmal die Vorband sein durfte), Professor Longhair oder den Zydeco-Größen ließ ihn nicht mehr los.

Und er macht sie seitdem selbst, vertrauend auf sein Rhythmusgefühl, seine mächtige und mächtig raue Stimme und ein Zug um Zug verfeinertes Kompositionstalent für groovend-krachende Songs. Schmeißt sich in feuerrote Anzüge mit Federhut oder Zylinder und zieht mit Gleichgesinnten - die er anfangs bei den von ihm ins Leben gerufenen Sessions im Hide Out am Rotkreuzplatz kennenlernte - eine große Show ab. Medicine Men hieß die erste Band, aus der erst die Gangsters of Love und dann die Wizards wurden.

Mit ihnen durfte Dr. Will die Bühne schon mit Jeff Beck oder den Neville Brothers teilen, wurde vom legendären Jools Holland in seine Show nach Amsterdam eingeladen und war gern gesehener Gast bei großen Festivals. Seit Jahren legt er überdies in schöner Regelmäßigkeit großartige Alben vor, die, von "Itching Again" und "Speak Of The Devil" bis zu "Dirt" und "Cuffs Off" nach und nach einen eigenen Stil entwickelten und verfeinerten: einen knallenden Retro-Blues mit hohem Rock-Anteil, aber auch Country- oder Jazz-Elementen. Für das letztgenannte Album mit dem grandiosen Gesangskollegen San2 als Gast bekam er vor zwei Jahren sogar den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. Immerhin scheint die rollende Neo-Soul-Welle also ein bisschen zu helfen.

Hoffentlich auch dem neuen Album "Addicted To Trouble" (mit einem entsprechend ironisch-dekadenten Cover), das nahtlos daran anschließt. Mit Wills rabenschwarzem Schamanengesang und Voodoo-Groove - speziell wenn er sich auch noch ans Schlagzeug setzt -, dem krachenden Bass des virtuosen gelernten Jazzers Juergen Reiter und den Saiten-Jagden von Sashmo Bibergeil und Uli Kuempfel an Gitarren, Banjos und Mandolinen. Und mit dem ganzen zwischen Vaudeville und Titty Twister changierendem wunderbaren Wahnsinn, der live so richtig mitreißt. Jetzt bei Tollwood.

Dr. Will & The Wizards: Addicted To Trouble; Solid Pack Records; Freitag, 23. Juni, 17.30 Uhr, Fassbar; Mittwoch, 28. Juni, 19 Uhr, Hacker-Brettl

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